Die Londoner Drakulia Vampire 01 - Luzifers Wüstling
Grund noch länger zu warten. Sein Blut geriet bei dem Gedanken in Wallung.
„Beißt auch sie Leute? Mit langen Zähnen und Klauen? Zerfetzt sie, wie eine Stoffpuppe?“ Tränen standen ihr in den Augen, und als sie eine Hand zum Mund hob, sah er, wie ihre Finger heftig zitterten. „Ich begreife solche abscheulichen Geschöpfe nicht, die sich an anderen Menschen bedienen und sie dann elend sterben lassen . Sie trinken ihr Blut . Sie nehmen .“
Voss rief sich ins Gedächtnis, dass sie nicht ahnen konnte, sich gerade selber mit einer dieser schrecklichen Kreaturen hier in einem Raum zu befinden – der nichts lieber wollte als genau das mit ihr zu tun ... unter anderem. Aber aus irgendeinem Grund trafen ihre Worte ihn wie ein Peitschenhieb. „Angelica“, setzte er an.
Sie wischte eine Träne weg und redete weiter. „Ich dachte, das wären alles nur Geschichten, eine Legende, die meine Großmutter uns erzählt. Aber sie sind echt . Und mein Bruder hat irgendwie mit ihnen zu tun. Er könnte in Gefahr sein. Er ist in Gefahr. Er hält sich versteckt. Da bin ich mir sicher.“
„Nach allem, was ich von Ihrem Bruder weiß, ist er durchaus in der Lage, auf sich aufzupassen“, sprach Voss zu ihr. „Sagten Sie nicht gerade, er sei nicht tot? Wissen Sie das genau?“
„Ich bin sicher, er ist nicht tot. Ich –“
Ein Klopfen an der Tür unterbrach sie, und Voss unterdrückte einen Fluch, als Angelica verstummte. Er ging zur Tür. Durch eine niedrige Öffnung unten an der Tür ließ sich ein Tablett mit Wein, Käse und Brot durchschieben – und wahrte so weiterhin die Anonymität der Zimmerinsassen.
„Ich kann nichts essen“, sagte Angelica und hielt sich die Hand vor ihren Bauch. „Ich weiß nicht, ob ich je wieder essen kann, mit all diesen Bildern vor Augen. Arme Ella.“ Sie sah jetzt sogar noch bleicher aus, und in den wenigen Sekunden gerade schienen ihre Augen tief in ihre Höhlen eingesunken zu sein. „Ich kann das von Chas nicht glauben.“
Voss setzte das Tablett auf dem Tisch ab und schenkte ein Glas Wein ein. „Vielleicht sind Sie durstig?“
„Was ist das?“, fragte sie und zeigte mit dem Finger auf sein Glas – offensichtlich hatte sie vergessen, dass Damen nicht mit dem Finger zeigten. „Whisky, Brandy? Noch etwas, das nur für Männer gedacht ist?“
Etwas von seinem Unbehagen verflog. „Wenn Sie davon kosten wollen, werde ich es niemandem verraten.“ Absolut niemandem.
„Es ist einiges in diesen letzten Tagen vorgefallen, von dem ich hoffe, Sie werden niemandem davon verraten.“ Angelica sagte dies, und der Blick, den sie ihm dabei zuwarf, war nicht der einer koketten Frau, die ihn herausforderte, sondern der einer Frau, die sich ihrer Lage sehr wohl bewusst war ... und es war beunruhigend.
Sie nahm das Glas und trank daraus und dann, wie zu erwarten war, fing sie an, heftig zu husten. Aber obwohl ihr die Augen tränten, nahm sie noch einen Schluck. Diesmal war sie etwas vorsichtiger, und das Gebräu floss ihr leichter hinunter. „Es schmeckt furchtbar.“
Voss lächelte. „Ich weiß. Der Wein ist auch nicht gerade von besserer Qualität, aber vielleicht mögen Sie den eher.“
„Es ist warm“, sagte sie und trank noch einmal. „Ich wollte sagen, mir wird warm. Es macht, dass mir warm wird.“
„Das ist nicht das einzige, was der Whisky macht, wenn Sie zu viel davon trinken“, bemerkte er zu ihr, obwohl ihm dabei der Schmerz jäh durch die Schulter zuckte. Lass sie doch trinken , sagte der Teufel zu ihm. Das macht sie dann gefügig . Er hielt es für besser, das Thema zu wechseln. „Sie waren gerade dabei, mir etwas zu erzählen, vorher? Oder haben Sie es sich anders überlegt?“
Sie sank auf den Stuhl mit seinem Mantel nieder, den Whisky immer noch in der Hand. Die Hälfte des großzügig eingeschenkten Glases war schon leer, und ihre Bewegungen waren spürbar lockerer. „Ich habe das noch nie einer anderen Person erzählt. Ich bin mir auch immer noch nicht sicher, ob ich es Ihnen erzählen will, Dewhurst.“
„Voss“, warf er ein. „Nennen Sie mich Voss.“
Angelica runzelte die Stirn, und er war sich nicht sicher, ob das an seinem Vorschlag lag oder daran, dass sie gerade noch einen Schluck genommen hatte. „Rubey redet Sie mit Ihrem Vornamen an. Das lässt eine sehr intime Beziehung vermuten.“
„Gerade eben habe ich Sie gebeten, mich ebenfalls mit meinem Vornamen
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