Die Lucifer-Connection (German Edition)
abgeschlossen. Deshalb bin ich trotz meiner beträchtlichen Fähigkeiten nie bis ans Ende des Pfades gelangt … Ich beherrsche alle hundertsechs Techniken und die Kali gewidmeten Kampftänze.“
„Wenn Kali im Spiel ist, dürften Sie keine Probleme haben.“
„Was wissen Sie schon? Es gibt Hinweise, dass Kalarippayat aus Vajramushti – der Diamantenfaust – entwickelt wurde, das von Bodhidharma in den Shaolin-Klöstern eingeführt wurde.“
„Das ist mir alles zu hoch. Für dieses Thema tauge ich nichts.“
„Woran glauben Sie?“
„An den anthropologischen Pessimismus.“
„Natürlich.“
War das wirklich Tank, mit dem er hier sprach? Derselbe Mann, der eiskalt eine Bekannte von Gill getötet hatte, bevor er ihn an Männer ausgeliefert hatte, die ihn umgebracht hätten, wenn ihn Alexa nicht gerettet hätte? Irgendwas hatte sich grundlegend geändert. Gill witterte eine Chance. Ein Profikiller wie Tank laberte nicht mit seinen Opfern herum. Entweder erledigte er sie sofort, oder er lieferte sie so schnell wie möglich beim Auftraggeber ab.
„Mein Hund ist tot.“
„Ihr kleiner Chihuahua? Den haben Sie doch bei Ihren Aufträgen nie dabei.“
„Man hat ihn mit meiner Freundin und meiner Wohnung in die Luft gejagt.“
„Wer?“
„Ein dummer Ex-Abteilungsleiter der Firma, der sich meiner Loyalität nicht sicher war und mich treffen wollte. Was ihm gelungen ist. Er hat mich bis ins Mark getroffen.“
„Wir reden von einem toten Mann, oder?“
„Von mehreren.“
„Das hat Ihnen die Firma verziehen?“
„Er hat nicht nur meine Mitte gesprengt, sondern stand auch der Karriere seines Nachfolgers im Weg.“
Gill musste grinsen. Er befand sich in einer der absurdesten Situationen seines Lebens. Gefesselt in einem Wiener Keller, in der Gewalt des vielleicht gefährlichsten Hitman der Welt.
„Haben Sie den Glauben an den Kapitalismus verloren?“
„Alles ist endlich, nur das Wachstum nicht? Es gibt keinen Konkurrenzkapitalismus. Die Welt gehört Kleptokraten, die durch mittelalterliches Erbrecht legitimiert sind. Ihre Gier ist unerträglich geworden. Die Banker und die, denen die Banken gehören, haben mehr zerstört als Timur Lenk oder Adolf Hitler. Ich habe mein Leben lang die Interessen von Leuten vertreten, die das Gemeinwohl vernichten. Es gibt keinen Weg zurück. Die einzige Konsequenz ist die Apokalypse.“
„Tank, lesen Sie jetzt auch noch die vatikanischen Apokryphen?“
„Westliche Vorstellungen basieren auf dem abstoßenden Irrglauben, dass Schmerz der Preis für alles Gute sei. Die Natur wird sich die Säugetiere vom Hals schaffen.“
„Sind Sie etwa Mitglied einer Endzeitsekte geworden?“
„Sie haben keine Angst vor dem Tod.“ Es war keine Frage. Gill überlegte ernsthaft. „Nein … ich glaube nicht.“
„Wollen Sie sterben?“
„Nein.“
„Aber Sie wollen auch nicht um jeden Preis überleben.“
„Nein. Nicht um jeden Preis.“
„Zum Beispiel?“
„Das Rauchen aufgeben. Oder für den Rest des Lebens deutschen Pop-Bands mit kuhäugigen Sängerinnen zuhören. Zeuge von Bundestagsdebatten sein müssen. Nein – nicht um jeden Preis.“
Tank sah ihn kalt an. „Mit Sprüchen versucht man etwas zu verbergen.“
„Ich habe keine Angst vor dem Tod. Ich habe Angst davor, qualvoll zu verrecken.“
„Ich habe meine Hits immer schnell und sauber erledigt.“
„Sie wissen genau, was Zaran mit mir anstellen wird, wenn Sie mich ausliefern.“
„Ich möchte es mir nicht mal vorstellen.“
„Worauf beruht seine Macht?“
„Er lässt wichtige Leute an seinen Spielen teilnehmen. Wirklich wichtige Leute. Nicht nur EU-Funktionäre wie bei Nihoul. Es gibt sowas wie eine Internationale der Satanisten. Die finden Sie auf höchster Ebene.“
„Und wieso Sie? Haben Sie den Auftrag von der Firma?“
„Ich habe den Auftrag, auf ihn aufzupassen – von sehr weit oben. Man kann ihn nicht abschreiben. Er hat dafür gesorgt, dass es sonst Kollateralschäden gibt. Warum nennt sich ein Debilenklub wohl Skull & Bones?“
„Die Beteiligung an meiner Ermordung wird sich nicht positiv auf Ihr ohnehin schon gebeuteltes Karma auswirken.“ Gill bewegte seine schmerzenden Handgelenke.
„Ich glaube nicht länger, dass diese Welt noch zu retten ist. Sie wird von der Gier umgebracht. In den siebziger Jahren hat keiner darüber nachgedacht, was mit den Drogengeldern passiert. Nur ein paar Leute haben darauf hingewiesen, dass die Drogenbosse, wenn sie erstmal alles haben, was
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