Die Ludwig-Verschwörung
zornig zu funkeln. Wild entschlossen näherte sie sich der Kamera.
Sara zeigte ihm den Mittelfinger, zog einen Kaugummi aus ihrem Mund und klebte ihn über die Linse. Sofort wurde der Monitor schwarz.
Was zum Teufel …
Kurze Zeit später war auch auf dem anderen Schlafzimmer-Bildschirm nichts mehr zu sehen. Knurrend stand Lancelot von dem gemütlichen Ledersessel auf und entsicherte die gut geölte Glock 17. Er hatte lang genug Spaß gehabt.
Jetzt ging es ans Aufräumen.
Sara drückte den letzten Rest Kaugummi auf das zweite Mikrofon und wandte sich wütend zu ihren beiden Begleitern um.
»Ich weiß nicht, was hier gespielt wird«, flüsterte sie. »Aber irgendjemand scheint uns zu beobachten. Wahrscheinlich hat dieser Jemand durch die Mikrofone auch alles mitgehört.«
»Vielleicht einer der Sicherheitsleute?«, schlug Albert Zöller vor. »Oder die Konzernchefin persönlich? Könnte doch sein, dass Frau Manstein nur die Anlage überprüft und sich einen kleinen Scherz mit uns erlaubt. Immerhin ist sie vorher in den Technikraum gegangen.«
»In diesem Fall wird sie ziemlich sauer darüber sein, dass du ihre schönen Kameras und Mikrofone mit Kaugummi zugeklebt hast«, sagte Steven. »Aber das passt ja hervorragend zu der pubertären Praktikantin Peggy aus Massachussets.«
»Sehr lustig.« Sara rollte genervt die Augen. »Gebt doch einfach zu, dass auch ihr euch vor Angst fast in die Hosen gemacht habt. Und es ist immer noch nicht gesagt, dass …« Plötzlich hielt sie inne.
»Was ist?«, fragte Steven verdutzt.
»Das Bild«, sagte Sara langsam und zeigte auf das Wandgemälde mit der weißen Frau. »Du hast vorhin vor lauter Aufregung das Bild hier angefasst.«
»Ja, und?«
»Frau Manstein sagte, sie hätte die Alarmanlage eingeschaltet. Aber es gab keinen Alarm, obwohl du mehrmals auf das Gemälde getippt hast. Also hat jemand die Anlage ausgemacht.« Sie sah vorsichtig zu dem Durchgang, der hinüber in die künstliche Grotte führte. »Jemand, der ganz offensichtlich bei seiner Arbeit nicht gestört werden will.«
»Sara, werd jetzt bitte nicht paranoid!«, erwiderte Steven skeptisch. »Um die Alarmanlage auszuschalten, müsste dieser Unbekannte in die Burg eingedrungen sein. Du hast doch selbst gesehen, wie kompliziert das ist. Nummerncode, Fingerabdruck, Gesichtserkennung … Wer sollte so was können?«
»Ich weiß nicht«, murmelte Sara und sah sich suchend im Raum um. »Aber irgendwer muss hier ja auch saubermachen, es gibt Reinigungspersonal, Touristenführer, Wachleute …« Plötzlich verstummte sie und bückte sich. Steven blinzelte und versuchte, dort unten Genaueres zu erkennen.
Neben dem Ofen mit den beiden Figuren von Tristan und Isolde befand sich auf Kniehöhe ein kleines elektronisches Verteilerkästchen, das ebenso schwarz war wie die Kameras. Darauf prangte ein Aufkleber, der ein Firmenlogo mit einer Schrift zeigte. Überrascht schrie Sara auf.
Jetzt hatte sich auch Steven niedergekniet, um den Aufkleber näher in Augenschein zu nehmen.
»Camelot Security«, las er leise vor.
Doch es war nicht die Schrift, die ihm die Farbe aus dem Gesicht weichen ließ. Es war das Firmenlogo darunter.
Es zeigte einen goldenen Schwan mit ausgebreiteten Flügeln. Darunter befand sich eine weitere Aufschrift in winziger, altmodischer Schrift, die Teil des Logos war.
Tmeicos Ettal.
Steven brauchte eine Weile, bis ihm einfiel, wo er dieses Logo samt Schrift schon einmal gesehen hatte. Die späte Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag in die Magengrube: Es war der gleiche Spruch wie auf dem Amulett des toten Bernd Reiser, des Schlägers im Keller seines Münchner Antiquariats. Steven spürte, wie sein Herz schneller schlug, ganz plötzlich fügte sich alles zusammen. War das möglich?
Camelot Security … Es geht darum, das Neue und Alte miteinander zu verbinden …
Der Antiquar stöhnte leise auf. Er wollte es nicht glauben, doch je länger er darüber nachdachte, umso klarer wurde alles. Auch wenn es keinen eindeutigen Sinn ergab, war es dennoch logisch. Noch bevor er den Faden bis zu seinem schrecklichen Ende weiterspinnen konnte, schreckte ihn ein Geräusch auf.
»Zeit zu gehen«, sagte Lancelot, der mit entsicherter schallgedämpfter Pistole plötzlich in der Tür des Schlafzimmers stand. Sein gesundes Auge blinzelte spöttisch, während er eine kleine Verbeugung andeutete.
»Gestatten?«, brummte er im tiefsten Bass. »Seine Majestät erwartet euch zur Audienz.«
31
D er König
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