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Die Ludwig-Verschwörung

Die Ludwig-Verschwörung

Titel: Die Ludwig-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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empfing sie im Thronsaal.
    Kerzengerade saß er auf einem schlichten Holzstuhl ohne Lehne; der Schemel befand sich exakt an der erhöhten Stelle der Apsis, an der dereinst der Thron Ludwigs hätte stehen sollen.
    Links und rechts des improvisierten Throns wachten als Paladine Gawain und Mordred, ihre automatischen Uzis wie fahnengeschmückte Lanzen vor sich haltend. Seine Majestät trug zur Audienz den Königsmantel aus weichem Hermelin, von dem das Blut des Professors durch chemische Reinigung entfernt worden war. In der Hand hielt er denselben Derringer, mit dem er Paul Liebermanns Hirn vor gut einer Woche über den Waldboden versprüht hatte. Zur Feier des Tages hatte der König ein wenig Wimperntusche und einen dezenten Lippenstift aufgetragen. Die Schminke harmonierte perfekt mit den kurzen grauen Haaren und dem ebenso grauen Hosenanzug.
    »Seien Sie willkommen in meinem Schloss, Herr Lukas«, sagte Luise Manstein. »Ich muss zugeben, dass Sie mir weitaus mehr Probleme bereitet haben als zunächst angenommen. In Ihren Adern fließt ein starkes Blut.«
    Wie versteinert blieb Steven in der Mitte des Thronsaals stehen und starrte die Konzernchefin an, die ihn von der marmornen Bühne der Apsis aus spöttisch musterte. Auch Sara und Albert Zöller waren zu keiner Bewegung fähig.
    »Aber … aber Sie sind …«, stammelte Steven.
    »Eine Frau. Ich weiß.« Luise Manstein nickte. »Sie haben schon einmal den Fehler gemacht, mich für einen Mann zu halten, erinnern Sie sich?« Ein Lächeln, schmal wie die Schneide eines Messers, erschien auf ihrem Gesicht. Steven fiel ihre erste Begegnung an der Venusgrotte ein. Was hatte die Konzernchefin damals noch gesagt?
    Mit diesem Vorurteil müssen Frauen in Führungspositionen immer rechnen …
    »Ich … ich verstehe nicht.« Steven stand mit hängenden Schultern und offenem Mund da und konnte sich keinen Reim machen auf das Bild, das sich ihm bot. Die Chefin eines deutschlandweit führenden IT-Unternehmens saß dort vor ihm, trug einen Königsmantel und hielt eine altertümliche Pistole in der Hand. Sie war ganz offensichtlich wahnsinnig.
    »Glauben Sie etwa im Ernst, Sie sind Ludwig II.?«, fragte Steven ratlos. »Ein König aus einem vergangenen Jahrhundert?«
    Tatsächlich hatte er davon gehört, dass es immer wieder Spinner gab, die sich für eine Reinkarnation Ludwigs hielten. Dass sogar eine erfolgreiche Konzernchefin von diesem Virus befallen sein konnte, machte ihn sprachlos. Er fluchte leise. Spätestens in dem Augenblick, als er das Firmenlogo der Sicherheitsfirma Camelot Security gesehen und die Verbindung zwischen dem toten Bernd Reiser aus seinem Antiquariat und Manstein Systems erkannte, hätte er ahnen können, dass die Konzernchefin in die Sache verwickelt war. Doch da war es natürlich ohnehin schon zu spät gewesen.
    »Sie enttäuschen mich schon wieder, Herr Lukas«, sagte Luise Manstein jetzt. »Natürlich bin ich nicht Ludwig II. Der König ist seit über hundert Jahren tot. Was ich will, ist nur das Buch.« Sie lächelte fein und deutete auf Stevens Rucksack. »Oder sagen wir lieber, das, was in dem Buch versteckt ist.«
    Mittlerweile hatte Steven seine anfängliche Verblüffung überwunden. In ihm wuchs ein unbändiger Zorn. »Sie haben diesen testosterongesteuerten Verrückten hinter uns hergeschickt? Sie haben uns in Linderhof und Herrenchiemsee ans Messer geliefert?« Angewidert deutete er auf Lancelot, der noch immer mit gezogener Waffe direkt hinter Sara stand. »Aber warum? Bei Ihrem vielen Geld hätten Sie das Scheiß-Tagebuch doch einfach kaufen können!«
    Luise Manstein beugte sich auf ihrem Holzschemel nach vorne. »Glauben Sie, ich hätte das nicht versucht? Als ich erfuhr, dass der Professor das Tagebuch in irgendeinem Nachlass entdeckt hatte, wollte ich es sofort haben. Ich habe ihm jeden Preis geboten. Doch der Hund blieb stur. Als ich ihn dann, nun … befragen wollte, war es zu spät. Er hatte Ihnen das Buch bereits vermacht.« Sie runzelte die Stirn. »Leider haben Sie, Herr Lukas, es vorgezogen, einfach abzutauchen. Nicht einmal die Polizei konnte Sie aufstöbern.«
    »Dann haben Sie den Bullen damals den Tipp gegeben und Onkel Pauls Kleidungsstücke im Antiquariat hinterlegt!«, rief nun Sara, während ihr Lancelot die Glock in den Rücken bohrte. »Ich habe mich immer gefragt, wer der Polizei von der Verbindung zwischen Steven und meinem Onkel erzählt hat.«
    Luise Manstein streichelte den Lauf ihres Derringers und spielte

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