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Die Ludwig-Verschwörung

Die Ludwig-Verschwörung

Titel: Die Ludwig-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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spähte durch das Fenster, dann nahm er einen tiefen Zug von seinem krummen Zigarillo und nebelte mich mit Rauch ein. »Das vor der Tür?« Sein Kichern ging über in einen schweren Hustenanfall, der ihn am ganzen Leib schüttelte. Vermutlich hatte er beginnende Schwindsucht. »Die Mähre ist allerhöchstens noch gut für den Schinder«, krächzte er schließlich. »So kommen wir nicht ins Geschäft.«
    Widerwillig beschloss ich, ihn wenigstens in einen Teil meines Plans einzuweihen. Ich öffnete verstohlen mein Hemd und zeigte dem kranken Lumpen das goldene Amulett mit dem Konterfei Ludwigs, das um meinen Hals hing. Auf der Rückseite befanden sich ein weißer Schwan und das königliche Siegel. Ludwig selbst hatte es mir als Zeichen seines Vertrauens geschenkt. Nur wenige Auserwählte besaßen einen solchen Anhänger.
    »Also gut«, flüsterte ich. »Ich bin kein Kutscher, sondern im Auftrag des Königs unterwegs. Und ich brauche ein Pferd, und zwar ein schnelles. Später wird dich der König dafür mehr als reichlich entlohnen.«
    »Im Auftrag des Königs, hä?« Die Augen des Alten glitzerten, als er das goldene Amulett mit den Elfenbeinintarsien musterte. »Selbst, wenn’s stimmen sollte – der g’spinnerte König hat kein Geld mehr, das pfeifen sogar die Spatzen von den Dächern. Mit was soll er mich also bezahlen, der Herr Huber?«
    »Dein König hat Geld, glaub mir.« Ich versuchte eine wichtige Miene aufzusetzen. Doch in meinem Inneren brodelte es. Ich wusste, dass man sich an den Stammtischen bereits Witze über den verrückten Herrn Huber mit seiner leeren Kasse erzählte. Trotzdem empörte es mich immer wieder von neuem.
    »Ich mach dir einen anderen Vorschlag«, sagte jetzt der Kutscher und deutete auf das Amulett. »Du gibst mir den alten Gaul und den Klunker hier, und wir sind quitt. Der König kann gern bei mir vorbeikommen und sich bedanken.« Er reichte mir seine dreckige Pranke und grinste von einem Ohr zum anderen. In der anderen Hand hielt er plötzlich einen kleinen Revolver. »Du kannst mir das Amulett natürlich auch gleich so geben«, knurrte er und unterdrückte mühsam einen weiteren Hustenanfall. »Also, schlag schon ein, Stutzer. Bevor ich meine Großzügigkeit noch bereue.«
    Eine halbe Stunde später saß ich auf einem gesattelten Rappen, der wider Erwarten nicht das schlechteste Pferd war. Sein Fell war schwarz und glänzend, sein Schweif sauber und gekämmt, und er tänzelte, als wollte er mit mir bis nach Sevilla preschen.
    Der alte Droschkenfahrer hatte mir erzählt, er hätte das Pferd bei einem Rennen gewonnen, doch mir war klar, dass er das Blaue vom Himmel herunterlog. Vermutlich hatte der Schurke den Gaul irgendwo gestohlen und war froh, ihn auf diese Weise für einen guten Preis verkaufen zu können. Umso wichtiger war es, die Stadt so schnell wie möglich zu verlassen. Sonst wurde ich nicht nur als Agent des Königs, sondern zu allem Überfluss auch noch als Pferdedieb gesucht. Wenigstens hatte ich durch beharrliches Feilschen erreicht, dass mir der Alte auch noch seinen Revolver überließ. Ich hatte das dumpfe Gefühl, dass mir die kleine Waffe noch den einen oder anderen Dienst erweisen würde.
    Ich ließ die Zügel schießen, und der Rappe galoppierte pfeilschnell durch die engen Gassen der Au. Als ich mich noch einmal umdrehte, sah ich in der einbrechenden Dämmerung den Kutscher grinsend zum Abschied winken. Er hatte das Geschäft seines Lebens gemacht.
RLLKH, DIEO
    Schon nach kurzer Zeit hatte ich die stinkenden Vororte Münchens hinter mir gelassen. Ich hielt mich südwärts und ritt durch das waldige Isartal, den Fluss zu meiner Rechten, immer auf die Alpen zu. Mittlerweile war es dunkle Nacht geworden, so dass ich auf den mondhellen Landstraßen ganz allein unterwegs war. Das monotone Hufeschlagen ließ mich müde werden, immer wieder fielen mir die Augen zu. Ich bog in ein Wäldchen, um einige Stunden zu schlafen.
    Als der Morgen anbrach, war ich bereits kurz vor Kochel. Von hier war es nur noch ein halber Tagesritt nach Linderhof. Trotzdem beschloss ich, in dem kleinen Ort nahe der Alpen zu rasten. Mein Pferd und auch ich brauchten dringend eine Pause. Außerdem war ich mir sicher, dass von Strelitz die Straßen zum Schloss bewachen ließ. Wenn es mir gelingen sollte, zum König durchzudringen, dann eher im schützenden Dunkel der Nacht.
    Den ganzen Tag verbrachte ich dösend im flohverseuchten Bett eines kleinen Wirtshauses, immer wieder aufgeschreckt durch

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