Die Lüge im Bett
räumt er die Süßigkeiten von den Kopfkissen weg und zieht die Bettdecke zurück.
Mach mich doch an, denkt Nina, mach mich doch an! Wo ist nur meine Sternschnuppe?
»Schläfst du lieber links oder rechts?«
»In der Mitte«, rutscht es ihr heraus.
»Ich auch«, nickt er grinsend. »Du wirst es schon noch merken, Gabriel muß mich immer zurückschieben, sonst würde ich ihn nachts wahrscheinlich zerdrücken!«
Zerdrück mich ruhig, denkt Nina.
»Ich fang einfach mal an der Telefonseite an, okay?«
Ich auch, denkt Nina und geht ins Bad. Sie hat nicht die Geduld, lange zu duschen, sie hat Angst, er könnte einfach einschlafen.
Also schminkt sie sich nur hastig ab, duscht kurz, putzt sich in Windeseile die Zähne und huscht im Body wieder ins Zimmer. Er telefoniert. Deshalb also die Telefonseite. Gabriel!
»Sag ihm einen Gruß«, flötet Nina, und gib ihm Gift von mir, fügt sie im stillen hinzu.
»Einen besonders lieben Gruß zurück, und du sollst aufpassen, daß du heute nacht nicht zerquetscht wirst!«
Ha, ha!
Sie lächelt ihn pflichtschuldig an und schlüpft neben ihn unter die Bettdecke. Egal, so oder so werden sie sich heute nacht in der Mitte treffen. Wenn nicht Nic auf sie rollt, wird sie eben auf ihn rollen. Im Schlaf ist alles möglich!
Nic legt auf, schüttelt sein Kopfkissen zurecht und rutscht zu ihr. »Schlaf gut«, flüstert er und drückt ihr einen Kuß auf die Wange. Dann bleibt er dicht bei ihr liegen, dreht sich auf die Seite und schläft mit dem Rücken zu ihr unversehens ein.
Nina ist hellwach. Sie spürt seine Wirbelsäule an ihrem Arm, sein Po drückt sich gegen ihr Becken, getrennt nur durch zwei dünne Fetzen Stoff. Die Beine hat er in Embryostellung angezogen. Sie liegt regungslos, in unbequemer Haltung und spürt, wie ihr der Schweiß ausbricht. Es ist unerträglich heiß unter der Decke, aber sie wagt es nicht, sich zu bewegen. Sie würde den Zauber zerstören, sie weiß es, er würde sich ans andere Ende des Betts wegdrehen, und sie würde sich verraten, wenn sie direkt hinterherrutschen würde. Nur ihre schwesterliche Rolle erlaubt diese intime Nähe. Sie ist sich dessen bewußt, hält still, zügelt den Drang, ihn zu streicheln, schwitzt und träumt vor sich hin.
Der erleuchtete kleine Zeiger des Radioweckers rückt auf drei, dann auf vier. Es ist die unbequemste Nacht ihres Lebens, und noch nie hat sie so gelitten. Sie stellt sich vor, morgen mit ihm aufzuwachen, ein Frühstück ans Bett serviert zu bekommen, sich danach selig vor Glück zu lieben und irgendwann danach ein gemeinsames Leben zu führen. Sie sieht sich zusammen mit ihm arbeiten, in fernen Ländern Filme drehen, sieht ihre Namen gemeinsam auf dem Abspann neuer Kassenschlager, ein Duo, ein Team, prädestiniert, die Welt zu erobern, berühmt zu werden.
Irgendwann schläft sie ein. Als sie aufwacht, liegt sie in seinem Arm. Wie das passiert ist, weiß sie nicht, aber jetzt traut sie sich überhaupt nicht mehr, sich zu rühren, geschweige denn nach der Uhr zu schauen. Er atmet tief und gleichmäßig, gleich an ihrem Ohr, sie liegt mit ihrem Kopf in der kleinen Mulde zwischen Schlüsselbein und Schulter, sein Arm hält sie fest.
Es muß frühmorgens sein, draußen ist es noch still, und auch auf dem Gang rührt sich nichts. Sie wartet eine Weile, dann schlingt sie ihr Bein um ihn. Sollte er jetzt aufwachen, dann schließt sie einfach die Augen. Er brummelt ein bißchen, schläft aber weiter. Nina liegt nun Körper an Körper mit ihm. Sie spürt seine Morgenerektion, die nicht ihr gilt, wahrscheinlich überhaupt niemandem, aber sie genießt das Gefühl seiner Begierde an ihrem Bauch und träumt sich den Rest zurecht. So liegen sie eng umschlungen, bis er sich nach einiger Zeit löst, sich umdreht und auf dem Bauch weiterschläft.
Nina findet es zwar schade, aber zumindest in Gedanken hat sie ihn gehabt. Sie kuschelt sich vorsichtig an seine Seite und schläft noch mal zufrieden ein.
Sie frühstücken nicht im Bett, sondern ausgiebig im Frühstücksraum. Nic ist völlig entspannt, scheint alle Zeit dieser Welt zu haben, obwohl bereits um dreizehn Uhr sein Rückflug geht.
»Jetzt erzähl mal, was machst du denn so in Köln, wenn du nicht gerade Brasilienbeiträge schneidest?«
»Mein Gott!« Nina schlägt sich leicht auf den Mund.
»Weißt du, was wir total vergessen haben?«
Er köpft sein Ei mit einem gezielten Schlag, schaut auf:
»Vergessen? Was?«
»Unser Film lief doch gestern! Du meine Güte,
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