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Die Lüge

Die Lüge

Titel: Die Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Sprachkurs noch nicht gebracht. Und mehr war nicht drin, solange Michael sich in ihrer Nähe aufhielt. Dabei wäre es so wichtig gewesen.
    Innerhalb der nächsten Tage erneut in irgendein Fahrzeug zu steigen, allein die Vorstellung drehte ihr den Magen noch einmal um. Nicht mal an einen Mietwagen konnte sie denken,ohne zu würgen. Die Fahrt, eher die Fahrweise des agilen Franzosen verschlimmerte ihren Zustand wieder.
    Dann endlich waren sie am Ziel – in einer Straße, die nicht viel anders aussah als die, in der sie die letzten Jahre verbracht hatte. Zwei dicht beparkte Straßenränder, dahinter die tristen Fassaden mehrstöckiger Wohnhäuser. Dass die Universität einem Gastdozenten kein Luxusquartier für einen Kurzaufenthalt zur Verfügung stellte, war nahe liegend. Aber aus welchem Grund Phil und Pamela sich in Paris aufhielten, wusste sie noch nicht, fühlte sich zurückgeschafft in die Kettlerstraße.
    Der Nieselregen fiel nun etwas dichter. Michael verlangte, sie solle dem Fahrer erklären, dass sie eventuell sofort weitermüssten. Dann stieg er aus und ging zu einem Hauseingang. Schon nach wenigen Sekunden kam er zurück, entlohnte den Fahrer – aus ihrer Handtasche   –, nahm am Heck die beiden Koffer in Empfang und befahl ihr, sitzen zu bleiben, bis er sie holte.
    Der Fahrer drehte sich zu ihr um und fragte etwas. Sie wollte sich nicht auf einen Dialog mit ihm einlassen und kam mit Mühe ebenfalls ins Freie. Michael hatte den Hauseingang erreicht. Dass sie ihm folgte, bemerkte er nicht. Sie quetschte sich zwischen zwei geparkten Autos durch. Er drückte die Haustür auf, spähte in einen dunklen Hausflur. Aus einer der oberen Etagen drang Freudengeheul herunter. Michael ließ beide Koffer fallen und schloss den heranstürmenden Mann in die Arme. Während die beiden sich gegenseitig auf Schultern und Rücken klopften, als wollten sie nie wieder damit aufhören, lehnte sie sich gegen die Hauswand, spürte noch, dass ihr die Knie nachgaben, sah auch noch die ersten dunklen Flecken der beginnenden Ohnmacht. Dann war es vorbei mit der Übelkeit und dem entsetzlichen Schwindel.
    Das Aufwachen war fast wie auf Lilos Party, ein schreiendbuntes Bild an der Wand, ein fremdes Frauengesicht. Sie lag auf einer Couch, die Frau hielt ihr eine Tasse an die Lippen und flößte ihr etwas ein. Es war nur Wasser. Sie trank ein paar Schluck. «Are you feeling better?», fragte Pamela – wer sonst?!
    Sie deutete ein Nicken an und wollte sich aufrichten. Pamela drückte sie zurück auf das Kissen. «No, stay in bed.» Dann rief Pamela in Richtung der Tür: «Mike!»
    Das Zimmer war noch winziger als ihr halbes Schlafzimmer in der Kettlerstraße. Von der Decke baumelte eine nackte Glühbirne, vor dem Fenster gab es keine Gardinen. Außer der Couch stand noch ein schmaler Schrank darin. Als Michael hereinkam, war der Raum fast überfüllt. Er war wütend. «Ich hatte dir doch gesagt, du sollst sitzen bleiben! Hast du dich verletzt?»
    Nur ein Kratzer an der Stirn. Ihre Kleidung war nass und verschmutzt, weil sie in eine Pfütze gefallen war.
    «Wir sollten einen Arzt rufen», meinte er, hatte Nadia wohl noch nie in einem solch erbärmlichen Zustand erlebt – mit Ausnahme der Zeit, als sie an der Flasche hing. Aber jetzt hatte sie keinen Tropfen Alkohol im Leib, war weiß wie die Wand, zitterte und schaffte mit klappernden Zähnen kaum einen verständlichen Satz. «Es ist nur der Kreislauf.»
    «Unsinn! Du hattest noch nie Probleme mit dem Kreislauf.»
    Hinter ihm tauchte Phil auf. Er war kleiner als Michael, reckte sich auf Zehenspitzen, zwinkerte ihr über Michaels Schulter zu und gab irgendwelche Zeichen, deren Bedeutung Nadia vielleicht erkannt hätte. «Hello, my dear. What’s the matter?»
    Michael erklärte ihm etwas. Sie verstand kein Wort. Er sprach zu schnell. Phil nickte und verschwand wieder. Pamela schaute mitfühlend auf sie hinunter und sagte ebenfalls einigeSätze. Der Einfachheit halber nickte sie. Und Pamela machte sich daran, ihr die nassen Sachen auszuziehen, holte einen alten Bademantel, half ihr hinein, führte sie in ein kleines Bad und blieb bei ihr.
    Zusammen mit dem heißen Wasser der Dusche flossen ein paar Tränen. Paris! Und die ersten Schritte in ein neues Leben endeten in einer Pfütze. Es war wie ein böses Omen. Pamela sagte wieder etwas. Unter der Dusche konnte sie so tun, als habe sie nichts gehört. Aber sie konnte nicht ewig unter der Dusche stehen bleiben.
    Michael und Phil saßen in

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