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Die Lüge

Die Lüge

Titel: Die Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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keineswegs verarbeitet, und die neuen Eindrücke türmten sich bereits darüber auf. Drei fremde Männer, recht jung noch und so unangemessen bekleidet mit ihren Anzügen. Sie sahen aus, als gehörten sie in eine Bank, aber nicht auf Baustellen oder in fremde Häuser. Und sie benahmen sich, als sei die letzte halbe Stunde ein Ausflug in ihrer Kindheit gewesen, pures Abenteuer, eine willkommene Abwechslung nach langweiligen Bürostunden.
    Einer drückte sie in einen Sessel in Hardenbergs Wohnzimmer und zog ein Handy aus der Hosentasche. Helga Barthel lag in Griffnähe auf der Couch, ohne Brille, ohne sichtbare Verletzungen, völlig reglos mit blassblauem Gesicht. Philipp Hardenberg kniete auf dem spiegelblanken Parkett zwischen Tisch und Couch. Sein Kopf ruhte auf Helgas Brust. Er rührte sich nicht. Hin und wieder wurde sein gepresster Atem von einem Stöhnen oder Schluchzen durchbrochen.
    Der Mann mit dem Handy erstattete Bericht. Es sei ganz einfach gewesen. Sie hatten wohl mit erheblich mehr Schwierigkeiten gerechnet. Dass Zurkeulen mit ihr an die Tür käme.Dann wäre es kompliziert geworden. Unter welchem glaubwürdigen Vorwand hätten sie ihn gehen lassen sollen, nach drei nächtlichen Überfällen mit mehreren Verletzten? So musste Zurkeulen annehmen, Philipp Hardenberg habe seine letzten Kräfte mobilisiert und für Nadia Trenkler den Retter gespielt.
    Irgendwann schrie sie nach Michael und konnte erst damit aufhören, als der Mann ihr sein Handy überließ. Aber statt Michael hörte sie Wolfgang Blasting. «Beruhige dich, Nadia. Doc geht es gut. Er ist nicht mal ernsthaft verletzt.»
    «Ich will mit ihm sprechen. Ich will sofort mit ihm sprechen!»
    «Er ist nicht hier, Nadia. Er bringt Frau Gerling nach Hause. Jetzt gib mir Schneider wieder.»
    Schneider war der, der sie ins Haus gezogen hatte. Er nahm ihr das Handy ab und sprach weiter mit Wolfgang Blasting. Dass es Frau Barthel sehr schlecht ginge, ein akutes Herzproblem, sagte er. Sie habe ein Medikament eingenommen, jetzt schliefe sie – oder sei bewusstlos, sie brauche dringend einen Arzt.
    Wolfgang Blastings Antwort gefiel ihm nicht, er protestierte: «Das schafft Frau Trenkler nicht, sie kann sich doch selbst kaum noch auf den Beinen halten. Und Hardenberg braucht auch Hilfe. Er hat ein paar gebrochene Rippen.» Wieder horchte er, betrachtete sie mit verlegenem Grinsen. Schließlich hielt er ihr erneut sein Handy hin. «Er will nochmal mit Ihnen reden.»
    «Hör zu, Nadia», sagte Wolfgang Blasting. «Die Männer werden dir helfen, Frau Barthel und Hardenberg ins Auto zu schaffen.»
    «Sind das Polizisten?»
    «Es sind Leute aus meiner Abteilung. Du fährst die beiden ins nächste Krankenhaus.»
    «Warum haben sie Zurkeulen laufen lassen?»
    «Muss ich dir das wirklich erklären, Nadia? Jetzt tu, was ich dir sage. Hardenberg soll den Ärzten erzählen, sie seien bei einem Abendspaziergang überfallen worden. Etwas in der Art. Ihm wird schon was einfallen.»
    «Ich will hier raus.»
    «Nadia!» Wolfgang Blasting wurde massiv. «Reiß dich zusammen, verdammt! Du hattest bis jetzt so gute Nerven. Das war ein starkes Stück, Michael dieses Spielzeug in die Finger zu drücken. Ihn hat fast der Schlag getroffen, als er merkte, was er in der Hand hielt. Aber ihr wart großartig, beide. Den Rest schaffst du auch noch. Gib mir Schneider wieder.»
    Schneider schlug vor, er könne Hardenberg und Frau Barthel ins nächste Krankenhaus schaffen. Damit war Wolfgang Blasting nicht einverstanden. Schneider fügte sich, beendete das Gespräch und erklärte seinen Kollegen, der Chef brauche sie, um aufzuräumen. Dann wandte er sich an sie und wiederholte mit Schmeicheleien und einem dicken Lob für ihre eisernen Nerven den Befehl, den Wolfgang Blasting erteilt hatte.
    «Ich begleite Sie bis zur Klinik. Bleiben Sie hinter mir. Wenn es ein Problem gibt, geben Sie mir ein Zeichen mit der Lichthupe.»
    Helga rührte sich auch nicht, als zwei Männer sie von der Couch hoben und zur Garage trugen. Hardenberg kam mit Schneiders Hilfe auf die Beine, streifte sie mit einem hasserfüllten Blick und ließ sich ins Freie führen. Die beiden Männer betteten Helga vorsichtig auf die Rückbank des dunkelblauen Mercedes. Schneider half Hardenberg auf den Beifahrersitz, drückte ihr den Zündschlüssel in die Hand und ging selbst zu Helgas grünem Golf. Seine Kollegen verschwanden auf der Baustelle gegenüber. Dort stand ihr Fahrzeug.
    Als sie sich hinter das Steuer setzte, sagte

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