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Die Luft, die du atmest

Die Luft, die du atmest

Titel: Die Luft, die du atmest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Buckley
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ausgespuckt. Was immer der Junge ausgehustet hatte, konnte nicht in seine Atemwege gelangt sein. Aber das würden sie erst später mit Sicherheit wissen.
    Wenn es doch nur schon so weit wäre.
    Von der Straße ertönte ein wütender Schrei. Peter stand auf. Noch mehr Schreie und ein hohes Winseln wie von einem Tier in Not. Er lief auf die Einfahrt hinaus. Auf der Straße stand ein Mann und stemmte die Hände in die Hüften.
    «Was ist passiert?»
    Der Mann drehte sich um. Es war Stan Fox, der Autohändler mit dem perfekt gemähten Rasen und den sauber zugebundenen Mülltüten. «Der verdammte Hund hat meine Sachen geklaut. Ich bin vor die Tür gegangen, um was zu holen, und habe ihn erwischt.»
    Barney? Der Mann hatte wahrscheinlich etwas nach ihm geworfen oder ihn vielleicht sogar getreten. «Wo ist er hin?»
    Stan deutete mit dem Daumen auf Finns Haus. Barney war nach Hause gelaufen. «Verfluchter Hund. Verfluchte Hundebesitzer.»
    Das kleine Haus stand am Ende der Straße, hinter Bergen aus schmelzendem Schnee. Die Vorhänge waren zugezogen. Aus dem Schornstein stieg kein Rauch auf. Von Barney war nichts mehr zu sehen. Aber wahrscheinlich lag er dort irgendwo und leckte sich die Wunden. Hunde zogen sich meistens allein zurück, wenn sie verletzt waren. Aber wo war er? Ein Blickauf die handtuchschmale Terrasse und die dürren Azaleen vor dem Haus sagte Peter, dass der Hund nicht dort war.
    Vielleicht irgendwo hinten.
    Die Pforte stand auf. Peter trat in den kleinen ummauerten Garten. Ein nierenförmiger Swimmingpool war für den Winter mit einer Plane zugedeckt, ebenso ein großer Grill und ordentlich gestapelte Gartenstühle. Das Haus hatte nach hinten große Panoramafenster. Hübsch. Wer hätte das gedacht?
    Eine Fliege summte. Er schlug geistesabwesend nach ihr, während sein Blick zum Gartenschuppen in der Ecke und den Feuerbüschen mit ihrem Netz aus kahlen Ästen wanderte. Durch die Zweige hindurch konnte er die Ziegelmauer sehen. Auch hier war der Hund nicht. Peter durchschritt den Garten und blieb schließlich neben einem Liegestuhl unter einem der Fenster stehen. Er bückte sich. «Barney?»
    Leises Hecheln.
    Peter wischte wieder eine Fliege weg. Dann nahm er den Stuhl und setzte ihn ein paar Meter weiter wieder ab. Der Hund lag dicht an die Hauswand gepresst auf dem Boden. Ohne den Kopf zu heben, beobachtete er Peter mit großen Augen.
    «Keine Angst, Barney.» Peter streckte die Hand aus, damit der Hund daran schnüffeln konnte.
    Der Schwanz schlug auf den Terrassenboden.
    Ohne ihm näher zu kommen, suchte Peter den Körper des Hundes ab. Die Augen wirkten klar. Das war ein gutes Zeichen. Sein Fell war zerzaust und steif vor Dreck. Die Rippen standen hervor, und der Bauch war eingefallen. Das arme Tier war nur noch Haut und Knochen. Aber es waren kein Ausschlag und keine Entzündung zu sehen. Doch, dort an den Hinterbeinen war eine dunkle Kruste. Altes Blut.
    «Was hast du da?» Peter bewegte sich, um besser sehen zu können.
    Barney beäugte ihn misstrauisch.
    An einem Bein klaffte eine fünf Zentimeter lange Wunde. Die beiden Seiten waren geschwollen und dunkelrot. Die Wunde war nicht frisch, eher ein oder zwei Tage alt. Und sie hatte schon zu eitern begonnen.
    «Da habe ich dich wohl gerade rechtzeitig gefunden.» Er sah Barney an. «Was hast du getan, dich irgendwo eingeklemmt? Oder dich mit einem Waschbär eingelassen?»
    Der Hund hatte den Kopf wieder abgelegt. Seine Erschöpfung war stärker als die Angst. Bestimmt würde er den Müsliriegel nehmen, den Peter noch immer in der Hand hatte.
    «So, mein Lieber. Dann will ich mal deine Wunde versorgen.»
    Peter stand auf und blickte durch die Scheibe in das Wohnzimmer des Hauses. Ein grünes Sofa und ein passender Sessel, ein Orientteppich mit Fransen. Eine hübsche Junggeselleneinrichtung. Auf der Scheibe kroch ein kleines schwarzes Insekt – eine Fliege. Erst jetzt stutzte er. Mitten im Winter? Doch dann fiel es ihm wieder ein. Finn hatte geheizt. Mit seinem Generator. Drinnen würden andere Temperaturen herrschen.
    Das Insekt summte los und flog auf den Fußboden zu, wo es seinem Blick entschwand. Peter sah genauer hin.
    Hinter dem Sessel auf dem Teppich lag ein rotschwarz karierter Pantoffel, und über der Ferse hing ein blauer Hosenaufschlag. Als Peter sich bückte, erkannte er den Rest. Der Aufschlag gehörte zu einem Schlafanzug. Der Pantoffel passte zum Morgenmantel. Darunter breitete sich eine braune Masse aus, von weißen Würmern

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