Die Luft, die du atmest
Masken, ordentlich ineinandergestapelt. An der Stecktafel hing eine Schutzbrille. Die würde sie auch brauchen. Als sie danach griff, stieß sie an eine Zange, und sie fiel polternd zu Boden.
Hinter sich hörte sie ein verstohlenes Geräusch. Es war noch jemand hier. Rasch drehte sie sich um. Da stand Barney auf seiner Decke in der Ecke. Er bleckte die Zähne. Sein Nackenfell war gesträubt. Er knurrte, und in der kleinen Garage tönte es hohl und bedrohlich.
‹Was macht Barney draußen vor dem Haus?›, hatte Peter gefragt, als er in die Küche kam. Er hatte phantasiert. Der Hund war nicht draußen gewesen, sondern in der Garage, wie schon die ganze Nacht.
Sie schaute ihn an. Er sah gar nicht mehr aus wie der freundliche, hechelnde Hund an Finns Leine. Er hatte etwas Wolfshaftes bekommen. Ann senkte den Blick, eilte zur Tür, riss sie auf und knallte sie schnell hinter sich zu. Sie rechnete halb damit, dass er sich dagegenwerfen würde, doch alles blieb still.
Vielleicht war Barney auch krank. Er hatte zwei Nächte bei Peter im Auto geschlafen. Konnten Hunde die Vogelgrippe bekommen? Warum hatte sie Peter nicht danach gefragt? Sie betete, dass er durch das offene Garagentor weglaufen würde. Wenn nicht, gewährte er ihnen wenigstens Schutz vor Ratten.
In der Küche stellte sie den Karton auf die Theke und entnahmeine Maske. Sie streifte sie über und drückte sich den schmalen Metallrand an die Nase. Sie schien gut zu passen, aber das musste sie genau wissen. Deshalb holte sie eine blassgelbe Schachtel aus dem Gewürzschrank, in dem nur noch die Sachen standen, die sie nicht mitnehmen wollten. Sie riss ein Tütchen Süßstoff auf und entleerte es in ein Glas Wasser. Im Hauswirtschaftsraum hatte sie eine Sprühflasche. Sie goss die süße Lösung hinein, schraubte den Deckel zu und entließ einen Spritzer in die Luft. Sie atmete tief ein.
In ihrem Mund kam nicht der geringste Geschmack von Süße an. Die Maske saß richtig. Es war unmöglich festzustellen, wann eine Maske nichts mehr aufnehmen konnte. Sie würde daran denken müssen, sie regelmäßig zu wechseln. Mit etwas Vorsicht konnte sie vermutlich mit einer pro Tag auskommen.
Sie brauchte genug für acht Tage.
Auf ein Tablett packte sie Ibuprofentabletten, Nasenspray und ein Fläschchen mit Kochsalzlösung. Zitternd füllte sie ein Glas mit Apfelsaft und legte eine Handvoll Kräcker auf einen Teller. Peter hatte seine Portion gestern Abend nicht aufgegessen. Sie hatte geglaubt, die Soße sei ihm zu salzig gewesen. Jetzt kannte sie den Grund. Appetitlosigkeit war das erste Symptom.
Sie schaute aus dem Fenster. Die Mädchen waren immer noch draußen im Garten zugange. Sie spielten mit Jacob, und er krabbelte fröhlich sabbernd umher.
Unter dem Waschbecken oben im Bad fand sie eine alte Duschhaube. Eine Wegwerfhaube von irgendeinem Hotelaufenthalt. Sie zog ein Hemd von Peter über und knöpfte es hinten zu wie einen Kittel, nahm den Eimer mit dem Putzmittel in eine Hand, klemmte sich eine Schachtel Papiertücher unter den Arm und ging mit dem Tablett nach oben.
Aus dem Gästezimmer drang ihr ein eiskalter Luftschwallentgegen. Sie fand die Fenster weit geöffnet. Die Vorhänge bauschten sich im kalten Wind.
Peter lag im Bett, unter einem Berg von Federdecken. Er wandte ihr das Gesicht zu. «Nicht reinkommen.»
Er brachte nur noch ein Krächzen hervor. Seine Augen waren vom Fieber glasig und die Wangen hochrot. Sie ging ans Fenster und stieß mit dem Fuß gegen ein Kissen, das auf dem Boden lag. Sie bückte sich, um es aufzuheben.
«Lass es liegen. Ich habe es über die Lüftung gelegt. Lass die Fenster so.»
Die Heizung, natürlich. Er versuchte zu verhindern, dass das Virus durch das Haus zirkulierte. Im Augenblick lief die Heizung nicht, deshalb würden sich die Viren nicht rasch durch die Lüftungsrohre verbreiten, aber trotzdem. Jede Luftbewegung fuhr auch durch die Rohre und schickte die Viren mit. Sie trat an sein Bett. «Ich hole dir noch ein paar Decken.» In ihrem Zimmer lagen noch welche im Schrank. Sie würde ihm die leichtesten, wärmsten bringen, keine, die nach Kaminrauch rochen.
Er wandte sich ab und hustete, wartete, bis er wieder ruhig atmete. «Ich war gestern schon ansteckend.»
«Ich weiß.» Sie versuchte, tröstend zu klingen und sich den Schrecken nicht anmerken zu lassen, der sie überfiel, obwohl sie es ja eigentlich schon wusste. Sie sah ihn an. «Wie, Peter, wie konnte das passieren?»
«Es muss mutiert sein.» Unter
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