Die Luna-Chroniken, Band 1: Wie Monde so silbern (German Edition)
erwähnt. Aber ich bin ja auch nur eine Mechanikerin.«
Der Aufzug hielt an. Kai bedeutete ihr, als Erste auszusteigen, und lief dann bis zum Labor neben ihr her. Sie hielt den Blick auf den weißen Boden gesenkt.
»Eure Hoheit?«, sagte eine junge Frau, deren schwarzes Haar zu einem strengen Zopf geflochten war. Sie sah Prinz Kai anteilnehmend an. »Es tut mir so leid.«
Cinder blickte Kai an, der der Frau im Gehen zunickte. »Danke, Fateen.«
Cinder runzelte die Stirn.
Kaum ein Dutzend Schritte später wurden sie von einem Mann aufgehalten, der ein paar Glasröhrchen trug. »Mein Beileid, Eure Hoheit.«
Cinder fröstelte und blieb stehen.
Kai sah sich nach ihr um. »Du hast wohl heute Morgen noch nicht ins Netz gesehen.«
Einen Herzschlag später griff Cinder auf ihren Netlink zu, und die Seiten wurden vor ihren Augen aufgerufen. Die Nachrichtenseite des Asiatischen Staatenbundes, ein halbes Dutzend Bilder von Kaiser Rikan, zwei Bilder von Kai – dem Prinzregenten.
Sie schlug die Hand vor den Mund.
Kai schien kurz überrascht, dann senkte er den Kopf. Die schwarzen Stirnfransen fielen ihm in die Augen. »Gut geraten.«
»Es tut mir so leid. Das habe ich nicht gewusst.«
Er steckte die Hände in die Taschen und sah den Flur entlang. Erst jetzt fiel Cinder auf, dass seine Augen leicht gerötet waren.
»Und dabei ist der Tod meines Vaters noch nicht einmal das Schlimmste.«
»Eure Hoheit?« Noch immer suchte ihr Netlink nach Informationen, aber nichts schien furchtbarer, als dass Kaiser Rikan gestern Nacht verstorben war. Sonst gab es nur noch eine andere beachtenswerte Meldung, nämlich dass Prinz Kais Krönung für den Abend des Friedensfestes angesetzt war und unmittelbar vor dem Ball stattfinden sollte.
Ihre Blicke trafen sich, und er schien überrascht, als hätte er vergessen, mit wem er sprach. Dann sagte er: »Du kannst mich Kai nennen.«
Sie blinzelte. »Wie bitte?«
»Kein Eure Hoheit mehr. Das höre ich schon mehr als genug von … all den anderen. Nenn mich einfach Kai.«
»Nein. Das wäre nicht …«
»Willst du etwa erst einen königlichen Befehl?« Er deutete ein Lächeln an.
Cinder hob die Schultern bis zu den Ohren und war plötzlich verlegen. »In Ordnung.«
»Danke.« Er deutete mit dem Kopf den Flur hinunter. »Also, lass uns gehen.«
Sie hatte fast vergessen, dass sie im Forschungstrakt waren, umgeben von Leuten, die sie alle höflich ignorierten. Sie liefen weiter den Gang hinunter und Cinder fragte sich, ob sie etwas Unangebrachtes gesagt hatte. Sie fühlte sich unbehaglich neben dem Prinzen, der plötzlich einfach nur noch Kai war. Es fühlte sich nicht richtig an.
»Was war denn mit dem Androiden los?«
Sie kratzte an einem Ölfleck auf ihrem Handschuh herum. »Oh, tut mir leid. Sie ist noch nicht fertig. Ich bin dran, ehrlich.«
»Nein, ich meinte den Medidroiden. Den du für Dr. Erland repariert hast.«
»Ach so, ja. Äh. Es war … Er hatte … einen … Kurzschluss. Zwischen seinem Optosensor und … dem Steuerelement.« Kai hob eine Augenbraue, und sie war sich nicht sicher, ob sie ihn überzeugt hatte. Sie räusperte sich. »Du, äh, hast vorhin gesagt, es gebe noch eine schlimmere Nachricht?«
Kai antwortete so lange nicht, dass es peinlich wurde, und sie zuckte die Achseln. »Schon gut. Ich will nicht neugierig sein.«
»Nein, ist völlig in Ordnung. Du würdest es sowieso bald erfahren.« Er senkte die Stimme und neigte den Kopf zu ihr. »Die Königin von Luna hat uns heute Morgen darüber informiert, dass sie auf einer diplomatischen Mission in den Staatenbund kommt. Angeblich.«
Cinder wäre fast über die eigenen Füße gestolpert, aber Kai lief weiter. Sie eilte ihm nach. »Die Königin von Luna kommt hierher? Das ist nicht dein Ernst.«
»Doch, leider. Die Androiden des Palastes haben den Vormittag damit verbracht, alle reflektierenden Oberflächen im Gästeflügel zu entfernen. Es ist wirklich albern – als hätten wir nichts Besseres zu tun.«
»Reflektierende Oberflächen? Ich habe das immer für ein Gerücht gehalten.«
»Anscheinend nicht. Es hat irgendwas mit ihrem Zauber zu tun …« Er gestikulierte wild mit dem Zeigefinger. »Ach, egal.«
»Wann kommt sie?«
»Heute.«
Cinder drehte sich der Magen um. Die Königin von Luna kam nach Neu-Peking? Kalt kroch es ihr die Arme hoch.
»Ich werde es in einer halben Stunde bekannt geben.«
»Aber warum kommt sie ausgerechnet jetzt, wo wir trauern?«
Er lächelte grimmig. »Sie
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