Die Luna-Chroniken, Band 1: Wie Monde so silbern (German Edition)
sich mit der süßen Unschuld eines Kindes. Das verunsicherte Kai. Weder verbeugte sie sich, noch nickte sie. Sie hielt ihm die Hand hin.
Kai zögerte und starrte auf ihre blasse, durchscheinende Haut. Er fragte sich, ob die bloße Berührung einen Mann um den Verstand bringen konnte.
Er nahm all seinen Mut zusammen, griff nach der Hand und blies einen schnellen Kuss gegen ihre Finger. Nichts passierte.
»Eure Hoheit«, sagte sie mit trällernder Stimme, die Kai das Blut in den Adern gefrieren ließ. »Es ist mir eine große Ehre, so willkommen geheißen zu werden. Darf ich Euch noch einmal mein aufrichtiges Beileid zum Verlust Eures Vaters, des großen Kaisers Rikan, aussprechen?«
Kai wusste, dass ihr der Tod seines Vaters gar nichts bedeutete, doch weder ihr Gesichtsausdruck noch ihr Ton ließen darauf schließen.
»Danke«, gab er zurück. »Ich hoffe, während Eures Besuches wird alles Euren Erwartungen entsprechen.«
»Ich freue mich auf die berühmte Gastfreundschaft des Asiatischen Staatenbundes.«
Sybil trat vor, den Blick respektvoll vor Königin Levana niedergeschlagen. »Ich habe Eure Gemächer persönlich überprüft, meine Königin. Sie entsprechen nicht den unsrigen auf Luna, aber ich glaube dennoch, dass sie annehmbar sind.«
Levana gab nicht zu erkennen, ob sie ihrer Thaumaturgin zugehört hatte. Doch ihr Blick hatte sich verändert, er war jetzt freundlich, und auf einmal war die Welt eine andere. Kai spürte, wie er den Boden unter den Füßen verlor. Wie die Luft aus der Erdatmosphäre gesogen und die Sonne schwarz wurde. Die himmlische Königin war die einzige Lichtquelle der Galaxie.
In seinen brennenden Augen standen Tränen.
Er liebte sie. Er brauchte sie. Er würde alles tun, um ihr zu gefallen.
Er rammte sich die Fingernägel in die Handflächen und hätte fast aufgeheult vor Schmerzen, aber es funktionierte. Die Macht der Königin war gebrochen. Zurück blieb nur eine schöne Frau – seine verzweifelte Verehrung war gebannt.
Ihm war klar, dass sie sich ihrer Wirkung auf ihn bewusst sein musste. Sein Atem ging noch immer stoßweise. Er wollte Kälte und Hochmut in ihren schwarzen Augen entdecken, aber da war nichts. Überhaupt nichts.
»Wenn Ihr mir folgen wollt«, sagte er heiser, »so werde ich Euch in Eure Räumlichkeiten geleiten.«
»Das wird nicht notwendig sein«, sagte Sybil. »Ich kenne mich im Gästeflügel bereits aus und kann Ihre Majestät selbst führen. Wir hätten gerne einen Moment für ein Gespräch unter vier Augen.«
»Natürlich«, sagte Kai in der Hoffnung, dass man ihm die Erleichterung nicht ansah.
Sybil ging voraus, der Zweite Thaumaturg und die beiden Leibwächter marschierten hinterher. Sie schenkten Kai und Torin im Vorübergehen keine Beachtung, aber Kai zweifelte nicht daran, dass sie ihm den Hals umdrehen würden, wenn er auch nur eine einzige verdächtige Bewegung machte.
Als sie gegangen waren, ging sein Atem stoßweise. »Haben Sie das gespürt?«, fragte er fast flüsternd.
»Selbstverständlich«, sagte Torin. Er sah am Raumschiff vorbei in die Ferne, vielleicht zum Mars. »Ihr habt ihr gut widerstanden, Hoheit. Ich weiß, wie schwer das war.«
Kai strich sich das Haar aus der Stirn und sehnte sich nach einer Brise, aber nichts regte sich. »So schwer war es auch wieder nicht. Nur einen Moment lang.«
Torin sah ihm in die Augen. Es war eines der seltenen Male, in denen Kai wahre Anteilnahme in seinem Blick bemerkte. »Es wird schwerer werden.«
Drittes Buch
Es hilft dir alles nichts: Du kommst nicht mit, denn du hast keine Kleider und kannst nicht tanzen; wir müssten uns deiner schämen.
21
Cinder sackte an ihrer Werkbank zusammen, froh, aus der stickigen Wohnung raus zu sein. Die Klimaanlage war mal wieder kaputt und es stand in den Sternen, wann sie repariert werden würde, aber am schlimmsten war die unerträgliche Spannung zwischen Adri und ihr. Sie schlichen auf Zehenspitzen umeinander herum, seit Cinder vor zwei Tagen aus dem Labor nach Hause gekommen war, und Adri versuchte, Cinder ihre Überlegenheit zu demonstrieren, indem sie ihr auftrug, den Hauptrechner der Wohnung zu defragmentieren und ein Update der gesamten Software durchzuführen, auch von den Programmen, die sie nicht mehr benutzten. Gleichzeitig drückte sie sich in ihrer Nähe herum, als sei sie fast ein wenig beschämt darüber, was sie Cinder angetan hatte.
Aber wahrscheinlich bildete sich Cinder das nur ein.
Wenigstens war Pearl den ganzen Tag draußen
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