Die Luna-Chroniken, Band 1: Wie Monde so silbern (German Edition)
hatte noch nie gehört, dass ein Chip für direkte Kommunikation irgendwelche Schäden angerichtet hatte, selbst bei uralter Technologie nicht. Das half ihr alles nicht, das Problem zu lösen.
»Scheint niemand zu Hause zu sein«, sagte Iko, die hinter sie gerollt war. Ihr Ventilator blies Cinder warme Luft in den Nacken. »Oh, verflixt, Adri schickt mir eine Tele. Sie muss aus dem Bad gekommen sein.«
Cinder drehte sich um. »Danke für deine Hilfe. Vergiss nicht, die Perlenkette abzunehmen, bevor du ihr unter die Augen trittst.«
Iko beugte sich hinab und drückte ihr kühles Gesicht gegen Cinders Stirn. Bestimmt hatte Iko sie mit Lippenstift beschmiert. Cinder lachte.
»Du wirst schon noch herausfinden, was mit der Androidin Seiner Hoheit nicht stimmt. Da bin ich mir ganz sicher.«
»Danke.«
Cinder wischte sich die klammen Handflächen an der Hose ab und hörte, wie Ikos Laufflächen sich langsam entfernten. Über den Bildschirm lief noch immer dieselbe Nachricht. Wer auch immer auf der anderen Seite des Links sein mochte, er schien nicht antworten zu wollen.
Plötzlich klickte es ein paarmal, dann rauschte es vielversprechend. Cinder drehte sich um.
Das Steuerelement der Androidin leuchtete auf, als das System seine Routinediagnose durchlief. Sie funktionierte wieder.
Cinder stand auf und machte einen Schritt auf sie zu. Eine ruhige weibliche Stimme war plötzlich aus den Lautsprechern der Androidin zu hören, die mitten im Redefluss abrupt unterbrochen worden sein musste.
»… wartet, dass ein Lunarier namens Logan Tanner, ein Arzt zur Zeit von Königin Channary, Prinzessin Selene ungefähr vier Monate nach ihrem angeblichen Tod auf die Erde gebracht hat.«
Cinder erstarrte. Prinzessin Selene?
»Bedauerlicherweise wurde Tanner am 8. Mai 125 D.Z. im Gefängnis von Neu-Peking inhaftiert, wo er am 17. Januar 126 D.Z. Selbstmord durch Bioelektrik begangen hat. Auch wenn einige Quellen darauf hinweisen, dass Prinzessin Selene bereits Jahre vor Tanners Inhaftierung einem anderen Beschützer übergeben wurde, war ich noch nicht in der Lage, die Identität dieser Person festzustellen. Eine Verdächtige ist eine ehemalige Militärpilotin der Europäischen Föderation, Staffelkommandantin Michelle Benoit, die …«
»Stopp«, sagte Cinder. »Sei still.«
Die Stimme verstummte. Der Kopf der Androidin drehte sich um 180 Grad. Ihr Sensor leuchtete strahlend blau, als sie Cinder scannte, und der Ventilator im Gehäuse sprang an.
»Wer sind Sie?«, fragte die Androidin. »Mein GPS zeigt an, dass wir uns im 76. Viertel von Neu-Peking befinden. Ich erinnere mich aber nicht daran, den Palast verlassen zu haben.«
Cinder drehte den Stuhl um und setzte sich breitbeinig darauf, die Arme um die Rückenlehne geschlungen. »Willkommen im königlichen Mechanikerbetrieb von Neu-Peking. Prinz Kai hat mich engagiert, um dich zu reparieren.«
Das Summen im Gehäuse der Androidin wurde immer leiser, bis man es selbst in dem stillen Raum kaum noch hören konnte.
Ihr runder Kopf rotierte, um die unbekannte Umgebung zu scannen, dann nahm sie Cinder ins Visier.
»Mein Kalender informiert mich, dass ich seit zwölf Tagen und fünfzehn Stunden ohne Bewusstsein bin. Habe ich einen Systemzusammenbruch erlitten?«
»Nicht direkt«, antwortete Cinder und warf einen Blick über die Schulter auf den Netscreen. Noch immer lief derselbe Text über den Bildschirm, ohne dass eine Verbindung aufgebaut wurde. »Es sieht so aus, als hätte dir jemand einen Telechip installiert, der nicht zu deiner Programmierung passt.«
»Ich werde mit vorinstallierten Video- und Tele-Kapazitäten ausgeliefert. Ein neuer Telechip ist unnötig.«
»Dieser war für eine direkte Verbindung gedacht.« Cinder stützte ihr Kinn mit der Handfläche ab. »Könnte das Prinz Kai gewesen sein? Vielleicht wollte er mit dir in Verbindung treten, ohne das Netz zu nutzen?«
»Mir war nicht bewusst, dass es einen direkten Telechip in meiner Programmierung gab.«
Cinder kaute auf ihrer Unterlippe. Ganz offensichtlich war der Telechip verantwortlich für den plötzlichen Ausfall der Androidin, aber warum? Und wenn Kai ihn nicht installiert hatte, wer sollte es sonst gewesen sein?
»Eben, als du aufgewacht bist«, sagte sie, »hast du von … von der Erbin von Lunas Krone gesprochen.«
»Diese Informationen waren streng vertraulich. Sie hätten sie nicht hören dürfen.«
»Ich weiß. Aber wahrscheinlich hast du sie gerade an jemanden weitergegeben, als du
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