Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)
und es würde sie nicht überraschen, wenn Levanas Vasallen sie auch durch ihn aufgespürt hätten.
»Was bin ich blöd«, murmelte sie. Den Chip auch nur anzusehen, versetzte ihr einen Stich. Sie gab sich alle Mühe, das zu ignorieren, hauchte einen Kuss darauf und warf ihn aufs Feld hinaus. Er blitzte im Mondschein auf, dann hatte ihn die Dunkelheit verschluckt.
»Okay, jetzt kannst du die Türen schließen.«
Die Türen klickten. Cinder hechtete ins Beischiff und zerrte die Batterie heraus.
Im Maschinenraum glühte die rote Notbeleuchtung. Bis sie in die hinterste Ecke gerobbt war und die alte Batterie abgeklemmt hatte, waren auf ihrem Retina-Display bereits die Baupläne des Schiffs erschienen.
Als sie die alte Batterie abklemmte, wurde es im Schiff finster.
Sie fluchte.
»Cinder!«, schrie Thorne entnervt irgendwo über ihrem Kopf.
Schwer atmend schaltete sie die Taschenlampe ein und riss die Plastikverpackung der Batterie auf. Ohne Kühlsystem wurde es im Maschinenraum augenblicklich stickig.
Sie schloss die Batterie an den Hauptstromkreis an und schraubte sie wieder in die Wandhalterung. Wie war sie früher bloß ohne eingebauten Schraubenzieher klargekommen? Der Bauplan zoomte sich automatisch heran, als sie die heiklen Zusatzanschlüsse für Steuerung und Überwachung verband.
Sie schluckte und gab den Code für den Neustart in die Zentraleinheit ein. Der Motor begann zu summen und schnurrte bald wie eine zufriedene Katze. Erst glommen die roten Notbeleuchtungen auf, dann schaltete sich das helle Licht dazu.
»Iko?«
»Was war denn los?«, fragte Iko noch einmal ungeduldig. »Warum erzählt mir hier denn keiner was?«
Cinder atmete langsam aus und rutschte auf dem Bauch zur Tür. Als sie sich an den Sprossen der Leiter zum Hauptdeck hochzog, rief sie: »Bereit zum Starten.«
Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, heulten die Triebwerke auf und das Schiff hob schwankend ab. Cinder klammerte sich an die Leiter, als die Albatros schlingernd in die Weite des Himmels schoss, fort von Michelle Benoits zerstörter Heimatstadt.
Als sie die Erdumlaufbahn erreicht hatten, kletterte Cinder zu Thorne, der in seinem Sitz zusammengesackt war und die Arme hängen ließ.
»Wir sollten unsere Wunden versorgen«, sagte sie, als sie den dunklen Blutfleck auf seinem Arm sah.
Thorne nickte, ohne sie anzusehen. »Allerdings. Nicht dass ich mich noch bei ihm anstecke, was auch immer er gehabt hat.«
Das rechte Bein wankte unter Cinders Gewicht, aber sie hangelte sich zur Erste-Hilfe-Station und war froh, dass sie die Tür schon freigeräumt hatte. Hier gab es genug Verbandszeug, Salben und Desinfektionsmittel.
»Wirklich ein gelungener Start«, meinte sie, als sie wieder im Cockpit ankam. »Kapitän.«
Er schmollte. Cinder schlitzte seinen blutverklebten Ärmel mit ihrem integrierten Messer auf.
»Tut es sehr weh?«, fragte sie, als sie seine Bisswunde untersuchte.
»So wie wenn man von einem wilden Hund gebissen wird.«
»Ist dir schwindelig? Bist du irgendwie benommen? Du hast ziemlich viel Blut verloren.«
»Mir geht es gut«, sagte er säuerlich. »Aber das mit meiner Jacke regt mich auf.«
»Hätte schlimmer kommen können.« Sie riss ein langes Stück Klebeband ab. »Ich hätte dich so wie die Soldatin als menschlichen Schild nutzen können.« Sie brachte das nur mit Mühe hervor. Ihre staubtrockenen Augen schmerzten, als sie Thorne den Verband um den Arm legte.
»Was ist eigentlich passiert?«
Sie starrte auf die Schnittwunde in ihrer Handfläche. »Ich weiß es nicht«, sagte sie und befestigte den Verband mit einem Klebestreifen.
»Cinder.«
»Ich wollte das nicht.« Sie sank auf ihren Sitz. Der ausdruckslose Blick der Frau fiel ihr wieder ein – in dem Moment, in dem sie sich zwischen Cinder und diesen Irren geworfen hatte – und ihr wurde übel. »Ich hatte panische Angst. Und plötzlich schirmte sie mich ab. So schnell konnte ich gar nicht denken … Ich habe nicht versucht, sie zu manipulieren … Es ist einfach passiert.« Sie stand wieder auf und stampfte in den Frachtraum – sie brauchte Raum. Um zu atmen, sich zu bewegen, um nachzudenken. »Genau darüber rege ich mich so auf! Diese Gabe macht aus mir ein Ungeheuer! Ich bin wie diese grässlichen Männer. Wie Levana.«
Sie rieb sich die Schläfen. Das nächste Bekenntnis brannte ihr auf der Zunge.
Vielleicht hing es nicht nur damit zusammen, dass sie lunarisch war. Vielleicht lag es ihr im Blut … und sie war wie ihre
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