Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Titel: Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marissa Meyer
Vom Netzwerk:
Tante Levana … oder wie ihre Mutter, die auch keinen Deut besser gewesen war.
    »Vielleicht war es ja auch nur Zufall«, sagte Thorne. »Du lernst es doch gerade erst.«
    »Zufall!« Sie drehte sich wütend um. »Ich habe eine Frau getötet!«
    Thorne hob einen Finger. »Nein. Dieser Blutsauger, dieser heulende Wolfsmann hat sie getötet. Cinder, du hattest Angst. Du wusstest doch gar nicht, was du getan hast.«
    »Er hat sich auf mich gestürzt und ich habe sie benutzt.«
    »Und meinst du, er hätte uns alle in Frieden ziehen lassen, wenn er mit dir fertig gewesen wäre?«
    Cinder biss die Zähne aufeinander.
    »Irgendwie hab ich den Eindruck, du meinst, es wäre alles deine Schuld. Das ist doch kompletter Unsinn!«
    Cinder runzelte die Stirn und sah diesen Irren wieder vor sich mit seinen gespensterhaften eisblauen Augen und dem kranken Grinsen.
    »Sie haben Michelle Benoit.« Sie schauderte. »Und das ist meine Schuld. Weil sie nach mir suchen.«
    »Jetzt komme ich gar nicht mehr mit.«
    »Der Verrückte wusste, dass wir ihretwegen nach Rieux gekommen sind, aber er hat gesagt, sie hätten sie schon. Er hat von der ›alten Dame‹ gesprochen. Aber sie waren nur meinetwegen hinter ihr her.«
    Thorne schlug die Hände vors Gesicht. »Cinder, was ist das jetzt wieder für eine Wahnidee? Michelle Benoit hat Prinzessin Selene versteckt. Wenn sie sie aufgespürt haben, dann deswegen. Das hat doch nichts mit dir zu tun.«
    Cinder zitterte am ganzen Körper. »Vielleicht lebt sie ja noch. Wir müssen sie finden.«
    »Da ihr mir nichts erzählt«, mischte sich Iko mürrisch ein, »muss ich mir ja wohl oder übel alles selbst zusammenreimen. Wurdet ihr zufälligerweise von Männern angegriffen, die so aggressiv waren wie halb verhungerte wilde Tiere?«
    Thorne und Cinder wechselten einen Blick. Im Frachtraum war es bei Ikos Beschwerde unnatürlich warm geworden.
    »Kann man so sagen«, meinte Thorne schließlich.
    »Denn das läuft auf allen Kanälen«, fügte Iko hinzu. »Das passiert nicht nur in Frankreich, sondern überall auf der Welt, in allen Ländern der Union. Ein Generalangriff auf die Erde!«

38
    Im Keller des Theaters hallte das Geheul von den Wänden. Scarlet saß in der dunklen Zellenecke auf ihrer Pritsche, hielt den Atem an und lauschte. Die lang gezogenen Klagelaute klangen gedämpft und entfernt aus den Straßen zu ihr herab. Doch wenn sie sogar bis in ihr Verlies drangen, mussten sie sehr laut sein.
    Und sie schienen aus vielen Kehlen zu kommen. Tiere, die sich in der Nacht suchten, unheimlich und schauerlich.
    In der Stadt sollte es keine wilden Tiere geben.
    Scarlet raffte sich auf und kroch auf die vergitterte Tür zu. Von der Treppe, die zur Bühne führte, fiel etwas Licht in den Flur, aber so wenig, dass sie kaum die Gitterstäbe erkennen konnte. Sie sah in den Korridor hinaus. Keine Bewegung. Kein Geräusch. Nur eine Notleuchte, die den Weg zum Ausgang wies und wahrscheinlich schon hundert Jahre kaputt war.
    In der anderen Richtung war es auch dunkel.
    Sie hatte das bedrückende Gefühl, hier ganz allein in der Falle zu sitzen. In diesem unterirdischen Gefängnis sterben zu müssen.
    Noch ein Heulen, diesmal näher, aber immer noch gedämpft.
    Scarlet befeuchtete die Lippen. »Hallo?«, rief sie mutlos. Doch als keine Reaktion kam, versuchte sie es noch einmal, diesmal lauter. »Ist da jemand?«
    Sie schloss die Augen, um besser lauschen zu können. Keine Schritte.
    »Ich habe Hunger.«
    Nichts.
    »Ich muss zur Toilette.«
    Niemand.
    »Ich haue jetzt ab.«
    Stille. Sie war allein.
    Sie rüttelte an den Eisenstäben und fragte sich, ob das vielleicht eine Falle war. Vielleicht wollten sie sie nur in Sicherheit wiegen, um herauszufinden, was sie tun würde. Und wenn sie zu fliehen versuchte, müsste sie dafür büßen.
    War es möglich – war es vielleicht doch möglich –, dass Wolf ihr hatte helfen wollen?
    Wenn er nicht gewesen wäre, wäre sie jetzt auch nicht in dieser entsetzlichen Lage. Wenn er ihr die Wahrheit gesagt und ihr erklärt hätte, was hier gespielt wurde, hätte sie sich einen anderen Plan ausgedacht, um ihre Großmutter zu befreien, und sich nicht wie ein Lamm zur Schlachtbank führen lassen.
    Ihre Finger schmerzten, so fest klammerte sie sich an die Gitterstäbe.
    Und dann hörte sie aus der Tiefe des Kellers ihren Namen.
    Schwach und tastend wie im Fieberwahn. »Scarlet?«
    Ihr zog sich der Magen zusammen, als sie das Gesicht zwischen die kalten Stäbe presste.

Weitere Kostenlose Bücher