Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)
»Hast du einen Universalschlüssel?«
Er warf ihr einen Blick zu. »Klar, warte mal, ich muss ihn hier irgendwo in meine Gefängnishose gesteckt haben!«
Wütend schwieg Cinder, denn ein Soldat schlich zwei Gänge weiter vorüber.
»Du bleibst hier«, flüsterte sie ihm zu. »Versuch einfach, so schnell wie möglich reinzukommen und loszufliegen.«
»Wohin willst du?«
Ohne zu antworten, glitt sie um das Schiff herum. Der Bauplan hatte sich schon über ihr Sichtfeld gelegt. Sie fand eine andere Einstiegsluke und stemmte sie so leise wie möglich auf. Dann kletterte sie vorsichtig, um keine Kabel zu lockern, in das Untergestell des Schiffes. Als sie die Luke mit einem leisen Klicken zuzog, war es vollkommen dunkel. Die nächste Tür war schwerer zu knacken, aber im Lichtstrahl der Taschenlampe konnte sie die Isolationsschicht mit dem Schraubenzieher herausziehen. Dahinter lag der Maschinenraum.
Der Strahl der Taschenlampe huschte über die gewaltigen Triebwerke. Auf der schematischen Darstellung des Raumschiffs über ihrem Sichtfeld war das Motherboard eingezeichnet, auf das sie jetzt zurobbte. Aus ihrer Hand zog sie das Universalkabel heraus und schloss es am Hauptterminal des Computers an.
Der Strahl der Taschenlampe wurde schwächer, als ihr Strom angezapft wurde. Ein blassgrüner Text lief über ihr Sichtfeld.
COMPUTERDIAGNOSE , MODELL 135v8.2
5 % … 12 % … 16 % …
10
Thorne zuckte zusammen, als es über ihm im schepperte.
Eine Männerstimme fragte: »Hast du das gehört?«
Thorne kauerte sich zwischen die Landestützen des Schiffs hinter eine Metallverstrebung. »Der Kapitän ist König«, flüsterte er, »der Kapitän ist König, der Kapi–«
Über ihm setzte ein tiefes Brummen ein und schwaches Abblendlicht schien aus dem Cockpit.
»Der Kapitän ist …?«
Noch bevor er den Satz beenden konnte, setzten sich die Triebwerke langsam in Gang. Die Luke öffnete sich und die Rampe fuhr aus. Mit klopfendem Herzen hechtete Thorne zur Seite, gerade bevor er von ihr erdrückt wurde.
»Da drüben!«
Thorne stand plötzlich im Kegel eines Suchscheinwerfers. Er schwang sich auf die Rampe und rief: »Albatros, Luke schließen!«
Das Schiff reagierte nicht.
Ein Schuss fiel, doch die Kugel prallte am Cockpit ab.
Thorne erreichte den Laderaum und duckte sich hinter die Plastikkisten. »Albatros, Luke schließen!«
»Ich versuche es doch schon!«
Er erstarrte und inspizierte die Rohre an der Decke. »Albatros?«
In der folgenden Stille setzte die Rampe auf dem Asphalt auf, schwere Stiefel näherten sich eilig dem Schiff und die Rampe hob sich quietschend. Eine Salve durchsiebte die Plastikkisten und traf die Wände. Thorne schützte seinen Kopf und wartete ab, bis die Luke geschlossen war, dann rannte er zum Cockpit.
Ein Vibrieren ging durch das Schiff, als die Luke ganz zugezogen wurde und der Kugelhagel auf den Schiffsrumpf trommelte.
Thorne kämpfte sich in der Notfallbeleuchtung durch die Plastikkisten zum Cockpit hindurch. Er stieß sich am Knie und fluchte laut, als er sich auf den Pilotensitz niederließ. Die Fenster waren verstaubt, alles, was er im Lagerhaus erkennen konnte, war das schwache Licht, das aus Alaks Büro drang, und die Suchscheinwerfer, die den Schiffsrumpf nach einer anderen Luke absuchten.
»Albatros, fertig zum Abheben.«
Auf der Instrumententafel leuchteten Schirme und Kontrollanzeigen auf – aber nur die wichtigsten.
Dieselbe sterile weibliche Stimme meldete sich wieder über die Lautsprecher. »Thorne, ich kann den Automatikstart nicht in Gang setzen. Du musst manuell starten.«
Er starrte die Messinstrumente an. »Seit wann spricht das Schiff mit mir?«
»Das bin ich, du Idiot!«
Er hielt sein Ohr dichter an den Lautsprecher. »Cinder?«
»Hör zu: Die Auto-Kontroll-Software hat einen Virus. Die Batterie ist auch mehr oder weniger leer, aber ich glaube, wir kriegen das hin, auch wenn du ohne Autosteuerung abheben musst.«
Die Worte der trockenen Computerstimme wurden von einer erneuten Kugelsalve unterstrichen, die die Luke des Schiffs trafen.
Thorne schluckte. »Ohne Autosteuerung? Bist du sicher?«
Eine Weile kam gar nichts, dann glaubte Thorne, einen schrillen Klang in der monotonen Verzerrung zu hören. »Du kannst doch fliegen, oder?«
»Hm.« Thorne musterte die Kontrollinstrumente vor sich. »Ja …?«
Er konzentrierte sich und drückte auf einen Knopf. Einen Augenblick später öffnete sich ein Schlitz an der Decke des Lagerhauses und
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