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Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Titel: Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marissa Meyer
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hinunter. Die Kieselsteine bohrten sich in ihre Fußsohlen und die Locken flogen ihr ins Gesicht.
    »Wo ist er bloß hin?« Sie hielt inne und stopfte die Haare unter die Kapuze. Die Sonne stand schon etwas über dem Horizont, warf rotgoldenes Licht auf die Felder und schwankende Schatten auf den Kiesweg.
    »Vielleicht die Hühner füttern?« Wolf deutete auf einen Hahn, der um die Hausecke im Gemüsebeet verschwand.
    Ohne die spitzen kleinen Steine zu beachten, rannte Scarlet um die Ecke. Eichenblätter flatterten im Wind. Der Hangar, die Scheune und der Hühnerstall lagen still in der blassen Morgendämmerung. Keine Spur von ihrem Vater.
    »Wahrscheinlich sucht er etwas oder …« Scarlets Herz setzte einen Schlag aus. »Mein Schiff!«
    Sie rannte über den unkrautüberwucherten Weg und wäre um ein Haar gegen die Tür des Hangars geknallt. Ein Krachen ließ das Gebäude erzittern.
    »Papa!«
    Doch es war anders, als sie befürchtet hatte. Er saß nicht startbereit im Schiff, er stand auf der Werkbank und fegte alles, was in den Hängeschränken war, auf den Boden. Farbeimer, Verlängerungskabel, Bohrutensilien.
    Aus einer großen Werkzeugkiste rollten Schrauben und Bolzen über den Beton, vor zwei sperrangelweit geöffneten Metallcontainern lagen Air-Force-Uniformen und Overalls in wüstem Durcheinander, mittendrin ein Strohhut.
    »Was ist hier los?«, fuhr Scarlet ihn an. Ein großer Schraubenschlüssel verfehlte ihren Kopf nur knapp. Doch da kein Scheppern folgte, drehte sie sich um. Wolf hielt ihn in der Hand und machte große Augen. Scarlet wirbelte wieder herum. »Papa, was um …«
    »Hier ist was!«, rief er aufgeregt, als er eine weitere Schranktür aufgerissen hatte. Er kippte eine Blechbüchse um und beobachtete fasziniert, wie die verrosteten Nägel klirrend auf den Beton fielen.
    »Hör auf, Papa! Hier findest du bestimmt nichts!« Geschickt wich sie den herumfliegenden scharfkantigen Werkzeugen aus. »Hör auf damit!«
    »Aber irgendwo ist hier was, Scar!« Er klemmte sich ein Metallfass unter den Arm, sprang von der Arbeitsplatte und versuchte mit Gewalt, den Verschluss aus dem Deckel zu stemmen. Obwohl auch er barfuß war, achtete er nicht auf die rostigen Nägel und Schrauben. »Irgendwo ist hier was versteckt, was die haben wollen. Irgendwo muss hier irgendwas sein. Irgendwo … aber wo …?«
    Die Luft wurde von dem beißenden Geruch nach Motoröl erfüllt, als ihr Vater das Fass umstieß und sich das Schmierfett gurgelnd über dem Durcheinander auf dem Boden verteilte.
    Stechende Gase stiegen aus dem gelb glänzenden Schmieröl, das zäh schmatzend aus dem Fass über den Beton lief.
    »Papa, stell das sofort wieder hin!« Sie schnappte sich einen Hammer vom Boden und hielt ihn in die Höhe. »Ich schlag dir den Kopf ein, ich meine es ernst!«
    Endlich warf er ihr einen gehetzten Blick zu. Ihm stand der schiere Wahnsinn in den Augen. Das war nicht ihr Vater. Er war weder eitel noch charmant oder zügellos, Eigenschaften, die sie als Kind an ihm bewundert, als Jugendliche aber verachtet hatte. Dieser Mann hier war gebrochen.
    Aus dem Ölstrom wurde ein Rinnsal.
    »Papa. Stell das Fass hin. Sofort.«
    Seine Lippen bebten, als er zu dem kleinen Frachtschiff sah, das nur eine Armeslänge von ihm entfernt stand. »Sie hat das Fliegen geliebt«, murmelte er. »Und ihre Schiffe.«
    »Papa! Papa! «
    Ihr Vater schleuderte das Fass gegen die Heckscheibe. Haarrisse breiteten sich wie Spinnweben über das Glas aus.
    »Finger weg von meinem Schiff!« Scarlet ließ den Hammer fallen und stolperte über die Werkzeuge und den Müll auf ihn zu.
    Als er das zweite Mal ausholte, zersplitterte das Glas. Trotz all der Scherben kroch er hinein.
    »Jetzt ist Schluss!« Scarlet fasste ihn um die Taille und zerrte ihn aus dem Schiff. »Finger weg von meinem Schiff!«
    Er wehrte sich, hieb auf ihre Hände ein und rammte ihr das Knie in die Seite. Sie fielen hintenüber auf den Boden. Scarlet ratschte sich den Oberschenkel an einem Kanister auf, aber sie hatte nur noch ihr Ziel im Sinn: ihren Vater in den Griff zu bekommen, und wenn er noch so wild mit den Armen ruderte. Seine Hände waren blutverschmiert und eine tiefe Schnittwunde in seiner Seite lief dunkelrot an.
    »Lass mich sofort los, Scar!«
    Er brüllte laut auf, als er von hinten hochgehoben wurde. Instinktiv klammerte Scarlet sich an ihn, bis ihr klar wurde, dass es Wolf war, der ihren Vater von ihr herunterzerrte. Sie ließ ihn keuchend los und rieb sich

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