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Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Titel: Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marissa Meyer
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gilt doch nicht für das Aufspringen auf einen vorbeirasenden Zug!«
    Er grinste sie nur spöttisch an und Scarlet wandte sich ab. Vielleicht wollte sie auch gar nichts über seinen Plan wissen, Hauptsache, er hatte einen. Ein Strauch, der noch Blüten trug, raschelte und Scarlets Herz machte einen Satz. Ein harmloser Baummarder schnellte heraus und verschwand im Wald.
    Sie ärgerte sich über ihre Anspannung. »Und«, fragte sie, als Wolf wieder einen Blick über die Schulter warf, »wer würde denn gewinnen – du oder ein Wolfsrudel?«
    Er runzelte die Stirn und sah sie ernst an. »Hängt davon ab, wie groß das Rudel ist«, sagte er langsam, als versuchte er ihre Frage zu ergründen.
    »Keine Ahnung. Wie viele sind es denn normalerweise? Sechs?«
    »Mit sechs könnte ich es aufnehmen«, antwortete er. »Mehr würde knapp.«
    Scarlet grinste ihn an. »Über mangelndes Selbstbewusstsein kannst du jedenfalls nicht klagen.«
    »Wie meinst du das?«
    »Ach, egal.« Sie trat einen Stein aus dem Weg. »Und wie sieht’s mit einem … Löwen aus?«
    »Eine Katze? Willst du mich beleidigen?«
    Sie lachte, und es kam ihr selbst überraschend laut vor. »Wie steht’s mit einem Bären?«
    »Warum? Siehst du hier irgendwo einen?«
    »Im Moment grad nicht, aber ich will mich schon mal darauf vorbereiten, falls ich dich retten muss.«
    Das Lächeln, auf das sie schon gewartet hatte, erhellte seine Miene, seine weißen Zähne blitzten im letzten Sonnenlicht. »Schwer zu sagen. Ich habe noch nie gegen einen Bären kämpfen müssen.« Er deutete mit dem Kopf Richtung Osten. »Da drüben ist ein See, vielleicht hundert Meter entfernt. Wir sollten unsere Wasserflasche auffüllen.«
    »Warte mal.«
    Wolf hielt inne und sah sie an.
    Scarlet ging neugierig auf ihn zu. »Mach das noch mal.«
    Er wich einen halben Schritt zurück und sah sie nervös an.
    »Was denn?«
    »Lächeln.«
    Er tat das Gegenteil, zog den Kopf ein, biss die Zähne aufeinander und hielt den Mund fest geschlossen.
    Scarlet zögerte kurz, dann streckte sie die Hand nach ihm aus. Er erschrak, hielt aber still, als sie sein Kinn umfasste und vorsichtig seine Lippen auseinanderschob. Er atmete zischend ein. Seine Schneidezähne waren von blitzenden, scharfen, langen Reißzähnen flankiert.    
    Viel zu langsam wurde ihr klar, dass er Zähne wie ein Wolf hatte.
    Er wandte sich zähneknirschend ab, jeder Muskel war angespannt.
    »Implantate?«
    Er kratzte sich im Nacken und wich ihrem Blick aus.
    »Dieser Wolfsorden nimmt seinen Namen ja ziemlich ernst.«
    Fast hätte sie sein Gesicht noch einmal zu sich gedreht, aber dann vergrub sie die Hand lieber in der Hosentasche. Ihr Puls raste. »Sollte ich sonst noch etwas über irgendwelche Besonderheiten wissen? Hast du vielleicht auch eine Rute?«
    Er drehte sich gekränkt nach ihr um. Doch sie grinste nur.
    »War nur ein Witz«, sagte sie entschuldigend. »Das sind doch nur deine Zähne und sie sind noch nicht einmal in deine Kopfhaut implantiert wie bei dem Typen, gegen den du gekämpft hast.«
    Seine Verlegenheit verflog und er zog die Mundwinkel nach oben, aber ein richtiges Lächeln war es nicht.
    Mit den Zehen stupste sie gegen seinen Fuß. »Na gut, wenn das ein Lächeln sein soll … Du hast in der Nähe einen Fluss gehört?«
    Offensichtlich war er froh, dass die Unterhaltung eine Wende nahm, und trat einen Schritt zurück. »Nein, einen See«, sagte er, »ich kann ihn riechen.«
    Scarlet kniff die Augen zusammen und suchte den Wald ab, aber da waren nur Bäume, nichts als Bäume. » Klar kannst du ihn riechen«, sagte sie und folgte ihm durch das Gebüsch.
    Aber er hatte Recht, auch wenn es eher ein Teich war, der von einem Bach mit frischem Wasser gespeist wurde. Eine Birkengruppe ließ ihre Zweige ins Wasser hängen und am Ufer ging das Gras in Felsgestein über, das unter der Wasseroberfläche verschwand.
    Scarlet schob die Ärmel hoch, spritzte sich Wasser ins Gesicht und trank gierig mit großen Schlucken. Sie konnte kaum genug bekommen. Wolf strich sich mit nassen Fingern durch die Haare, bis sie wieder in alle Richtungen vom Kopf abstanden.
    Erfrischt hockte Scarlet sich hin und warf einen Seitenblick auf Wolf. »Nicht zu glauben.«
    Er sah sie an.
    »Deine Hände zucken ja gar nicht«, sagte sie mit einem Blick auf seine Hand, die locker auf seinem Knie ruhte. »Vielleicht tut dir der Wald gut.«
    Wolf schien darüber nachzudenken, füllte die Wasserflasche und steckte sie in die Tasche zurück.

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