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Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Titel: Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marissa Meyer
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beugte sich vor und drehte eine Keule um. »Nein. Wir haben schon lange keinen Kontakt mehr zu unseren Eltern.«
    Scarlet schürte das Feuer. »Das ist bei mir auch so.«
    »Ich habe meine Eltern geliebt«, sagte er mit der Zärtlichkeit, die gefehlt hatte, als er seinen Bruder erwähnte.
    »Oh«, sagte sie wie vor den Kopf gestoßen, »sind sie tot?«
    Sie erschrak sofort über ihre Grobheit und wünschte sich, sie hätte dieses eine Mal den Mund gehalten. Wolf wirkte aber nicht verletzt, sondern eher so, als hätte er sich damit abgefunden, und spielte mit den Steinen am Teich. »Ich weiß es nicht. Es gibt klare Regeln, wenn man ins Rudel aufgenommen wird. Eine lautet, dass man alle Brücken hinter sich abbricht, auch die zu seiner Familie. Vor allem die.«
    Sie schüttelte erstaunt den Kopf. »Aber wenn es dir zu Hause gut gegangen ist, warum hast du dich denn der Gang angeschlossen?«
    »Man hat mich nicht gefragt.« Er kratzte sich hinter dem Ohr. »Meinen Bruder auch nicht, als er an der Reihe war. Das war, ein paar Jahre nachdem sie mich geholt haben, aber ihm hat es im Gegensatz zu mir nichts ausgemacht …« Er brach ab und schleuderte einen Stein über die Wasseroberfläche. »Es ist kompliziert. Und jetzt spielt es sowieso keine Rolle mehr.«
    Sie runzelte die Stirn. Ihr war unbegreiflich, warum man nicht selbst bestimmen sollte, ob man die Familie verlassen und ein Leben als Mitglied dieser brutalen Gang führen wollte – aber bevor sie weiter in ihn dringen konnte, sprang Wolf auf und wirbelte zu den Gleisen herum.
    Als Scarlet sich umdrehte, rutschte ihr das Herz in die Hose.
    Der Mann aus dem Speisewagen schlich auf leisen Sohlen wie eine Katze aus dem Halbdunkel des Dickichts. Er lächelte, aber es war nicht mehr dieses halb foppende, halb flirtende Grinsen von vorhin.
    Sie brauchte einen Moment, bevor ihr sein Name einfiel. Ran.
    Er warf den Kopf in den Nacken und sog hungrig den Geruch der Ente über dem Feuer ein.
    »Wunderbar«, sagte er. »Sieht ja ganz so aus, als wäre ich pünktlich zum Abendessen gekommen.«

21
    »Hoffentlich störe ich nicht«, sagte Ran aus dem Halbdunkel des Unterholzes. »Aber der Geruch war so verlockend, da konnte ich nicht vorbeigehen.« Beim Sprechen funkelte er Wolf so dunkel an, dass Scarlet ganz anders wurde. Sie tastete vorsichtig nach der Pistole.
    »Verständlich«, antwortete Wolf nach einer langen Pause mit deutlich hörbar drohendem Unterton. »Wir haben mehr als genug.«
    »Danke, mein Freund.«
    Der Mann trat um das Feuer und ging so dicht an Scarlet vorbei, dass sie zurückweichen musste, damit er ihren Ellenbogen nicht streifte. Ihr stellten sich die Härchen an den Unterarmen auf.
    Ran streckte sich betont lässig am Feuer aus und benahm sich, als wäre er hier an seinem Privatstrand. Wolf setzte sich zwischen Scarlet und ihn. Nicht lässig.
    »Wolf, das ist Ran«, sagte Scarlet rot vor Verlegenheit. »Ich habe ihn im Zug kennengelernt.« Sie wünschte sich, sie könnte etwas gleichgültiger wirken, und wendete die Fleischstücke über dem Feuer. Wolf schirmte sie mit seinem Körper vor Ran ab, obwohl er deswegen viel zu nah am Feuer sitzen musste.
    »Wir hatten eine reizende Unterhaltung im Speisewagen«, sagte Ran. »Worüber eigentlich noch mal …? Ach ja, jetzt fällt es mir wieder ein: Selbstgerechte Pseudo-Wölfe .«
    »Ein Thema, das mich schon immer fasziniert hat«, sagte Scarlet mit verhaltener Wut und nahm die beiden Keulen und die Flügel vom Feuer. »Die sind gar.«
    Sie nahm sich eine Keule und reichte Wolf auch eine. Ran bekam die knochigen Flügel. Er beschwerte sich nicht. Scarlet verzog angeekelt das Gesicht, als er den ersten auseinanderriss und das Gelenk laut knackte.
    »Bon appétit«, sagte Ran mit vollem Mund und rupfte das Fleisch mit seinen schaurig scharfen Fingernägeln von den Knochen, dass ihm das Fett die Unterarme hinabrann.
    Scarlet nagte lustlos an der Keule, während die beiden anderen sich wie wilde Tiere über das Fleisch hermachten, ohne sich aus den Augen zu lassen. Sie beugte sich vor. »Und du, Ran, wie bist du aus dem Zug gekommen?«
    Er warf den abgefressenen Entenflügel in den Tümpel hinter sich. »Dasselbe könnte ich euch fragen.«
    »Wir sind runtergesprungen«, sagte sie scheinbar ungerührt.
    »Riskant«, meinte Ran mit hämischem Grinsen.
    Wolfs Nackenhaare stellten sich auf. Aus seiner eben noch so entspannten und freundlichen Miene war eine Maske kaum verhohlener Wut geworden, die Scarlet von

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