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Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Titel: Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marissa Meyer
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»Kann schon sein«, sagte er. »Gibt es noch was zu essen?«
    »Nein. Woher sollte ich auch wissen, dass wir unsere Vorräte wirklich brauchen würden?« Scarlet lachte. »Komm, wir gucken mal, ob wir wilde Beeren finden.«
    Sie wollte gerade aufstehen, da hörte sie auf der anderen Seite des Teichs Geschnatter. Ein paar Enten watschelten in den Teich hinein, paddelten herum und tauchten die Schnäbel ins Wasser.
    Scarlet biss sich auf die Unterlippe. »Oder … meinst du, du kannst eine von denen fangen?«
    Mit einem übermütigen Lächeln beobachtete er die Enten.
    Geschickt wie ein Raubtier pirschte er sich an die ahnungslosen Vögel heran. Gut möglich, dass Scarlet beeindruckt war, aber das war kein Vergleich zu der Ehrfurcht, die seinem Gesicht abzulesen war, als er ihr beim Rupfen des Geflügels zusah. Wie eine geübte Köchin punktierte sie danach die Haut, damit das Fett beim Braten abtropfen konnte.
    Das Schwierigste war, ein Feuer in Gang zu bringen, aber über den Portscreen brachte sie in Erfahrung, wie man das Pulver aus einer Patrone dazu einsetzen konnte. Bald sah Scarlet den grauen Rauchschwaden über dem kleinen Feuer hinterher, die zu den Kronen der Bäume aufstiegen.
    Wolf behielt den Wald im Blick, streckte die langen Beine vor sich aus, grub die Hacken in die Erde und fragte sie: »Seit wann lebst du auf dem Hof?«
    Scarlet stützte die Ellenbogen auf die Knie und starrte ungeduldig auf die Fleischstücke. »Seit ich elf bin.«
    »Und warum bist du weg aus Paris?«
    Sie musterte ihn, aber er starrte weiter auf die ruhige Wasseroberfläche. Dann sagte sie: »Mir ging es dort nicht gut. Nachdem meine Mutter weg war, hat sich mein Vater lieber in Bars rumgetrieben, als sich um mich zu kümmern. Und deswegen bin ich bei Grand-mère gelandet.«
    »Und warst du da glücklicher?«
    Sie zuckte die Achseln. »Ich brauchte Zeit, um mich umzustellen. Ich war ein verwöhntes Kind, das plötzlich im Morgengrauen aufstehen musste und Pflichten zu erfüllen hatte. Natürlich habe ich mich dagegen gewehrt. Aber es war anders … Als ich noch bei meinem Vater gelebt habe, hatte ich Anfälle und bin dauernd ausgerastet. Ich hab Sachen kaputt gemacht, mir irgendwelche Geschichten ausgedacht und alles Mögliche angestellt, nur um seine Aufmerksamkeit zu bekommen. Damit er sich um mich kümmerte. Das habe ich bei Grand-mère nie getan. In warmen Nächten saßen wir im Garten und haben uns unterhalten und sie hat mir zugehört. Sie ist auf mich eingegangen.« Ihre Augen umwölkten sich, als sie in die Glut starrte. »Jedes zweite Mal endeten unsere Unterhaltungen im Streit, weil wir beide immer auf unserer Meinung beharren und viel zu starrköpfig sind, um je zuzugeben, dass wir uns getäuscht haben könnten. Und wenn wir uns dann angebrüllt haben oder das Türenknallen losging, lachte meine Großmutter plötzlich irgendwann laut los. Und sagte, ich sei genau wie sie.« Scarlet schluckte und legte die Arme um die Knie. »Sie hat mir vorausgesagt, dass mein Leben alles andere als einfach werden würde, weil ich genauso eigensinnig bin wie sie.« Scarlet rieb sich die Augen, bevor ihr die Tränen die Wangen herabrollen konnten.
    Wolf wartete, bis sie sich etwas beruhigt hatte, dann fragte er: »Wart ihr beide denn immer allein?«
    Sie nickte, und als sie sicher war, nicht mehr weinen zu müssen, zog sie die Nase hoch und drehte die Ententeile um. Die Flügel waren schon leicht angekokelt. »Ja, wir waren immer zu zweit. Grand-mère hat nie geheiratet. Wer auch immer mein Großvater sein mag, er ist schon lange von der Bildfläche verschwunden. Sie hat nie über ihn gesprochen.«
    »Hast du keine Geschwister? Oder … adoptierte Geschwister? Gab es in eurer Familie kein Mündel?«
    »Mündel?« Scarlet wischte sich mit dem Ärmel die Nase ab und schielte ihn an. »Nein, da waren immer nur Großmutter und ich.« Sie legte noch einen dicken Ast aufs Feuer. »Was ist mit dir? Hast du Geschwister?«
    Wolf ließ Sand zwischen den Fingern hindurchrieseln. »Bloß einen jüngeren Bruder.«
    Über dem Knistern des Feuers konnte Scarlet ihn nur mit Mühe verstehen, aber sie spürte, wie schwer diese vier Worte auf ihm lasteten. Bloß einen jüngeren Bruder . Wolfs Gesichtsausdruck verriet weder Zuneigung noch Kälte. Eigentlich kam er ihr wie ein Typ vor, der seinen jüngeren Bruder beschützen würde, aber im Moment sah es gar nicht danach aus.
    »Wo ist er jetzt?«, fragte sie. »Lebt er noch bei euren Eltern?«
    Wolf

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