Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)
Augen zusammen.
»Meinst du, es war schlau von dir, hierherzukommen, wo Jael dich nicht beschützen kann?«, fragte Wolf.
»Ich bin nicht auf Jaels Schutz angewiesen.«
»Seit wann das?«
Ran fletschte die Zähne und griff Wolf an, aber der tänzelte zur Seite und holte zu einem Kinnhaken aus. Ran fing den Schlag ab und nutzte Wolfs Schwung, um ihn herumzuschleudern und in den Schwitzkasten zu nehmen. Wolf packte Ran an der Schulter und warf ihn ein paar Meter über seinen Kopf nach hinten. Ran landete heftig nach Luft ringend auf dem Rücken, seine Füße klatschten laut ins Wasser.
In Windeseile war er wieder auf den Beinen.
Scarlets Pistolenhand tanzte zitternd zwischen den beiden hin und her. Ihr Puls galoppierte. Ran bebte vor unterdrückter Raserei, Wolf dagegen war starr wie Stein, kühl und berechnend.
»Ich finde schon, dass es Zeit ist, zurückzukehren, Bruder«, sagte Ran durch zusammengebissene Zähne.
Wolf schüttelte den Kopf, feuchte Haarsträhnen fielen ihm ins Gesicht. »Du warst mir noch nie ebenbürtig.«
»Du wirst schon merken, wie viel besser ich geworden bin, Alpha.«
Wolf schnaubte verächtlich. Scarlet ahnte, dass er Ran nie für einen ernst zu nehmenden Gegner halten würde. »Bist du uns deswegen gefolgt? Hast du eine Chance gewittert, dich hochzubeißen – wenn du mich irgendwo weit weg vom Rudel besiegst?«
»Ich hab dir eben gesagt, warum ich hier bin. Jael schickt nach dir. Der Auftrag wurde abgeblasen. Wenn er herausfindet, dass du dich gegen ihn auflehnst …«
Wolf stürzte sich auf Ran und stieß ihn rücklings in den Teich. Mit einem ekelerregenden Geräusch schlug Rans Kopf gegen einen Stein unter der Wasseroberfläche. Scarlet schrie auf, schoss zwischen die beiden und krallte ihre Nägel in Wolfs Arm.
»Hör sofort auf! Vielleicht weiß er etwas!«
Mit gebleckten Zähnen schlug Wolf Ran ins Gesicht.
» Wolf! Hör auf! Meine Großmutter! Er weiß etwas – Wolf, lass ihn los!«
Als er nicht von Ran abließ, feuerte Scarlet einen Warnschuss ab. Das Echo des Schusses hallte über die Lichtung, aber Wolf blieb unbeeindruckt. Ran hatte aufgehört, wie wild mit den Armen in der Luft zu rudern. Schlaff glitten seine Hände an Wolf herab und klatschten ins Wasser.
»Du bringst ihn um!«, kreischte sie. »Wolf! Wolf! «
Scarlet sah entsetzt, dass keine Bläschen mehr an die Wasseroberfläche stiegen, atmete aus und schoss erneut.
Wolf brüllte und kippte zur Seite. Er hielt seinen linken Oberarm umklammert, aus dem Blut sickerte. Aber es war wohl nur ein Streifschuss gewesen.
Er blitzte Scarlet an. »Hast du gerade auf mich geschossen?«
»Du hast mir ja keine Wahl gelassen.« Mit sausenden Ohren beugte sich Scarlet zu Ran hinunter, hievte ihn aus dem Wasser und legte ihn am Ufer ab. Er lag unnatürlich gekrümmt da, dann rollte er sich auf die Seite. Ein Auge war jetzt schon zugeschwollen, wässriges Blut tropfte ihm aus der Nase über das Kinn. Röchelnd und nach Atem ringend hustete er Wasser und Blut auf den Sand.
Scarlet hatte die Luft angehalten. Jetzt sah sie Wolf direkt an. Er hatte sich nicht gerührt, aber seine unbeherrschbare Wut war einer Art Bewunderung gewichen.
»Du hast mich zwar mit einer Waffe auf der Türschwelle empfangen«, sagte er, »trotzdem ist es gut zu wissen, dass du es genauso gemeint hast.«
Scarlet fuhr ihn an: »Jetzt mal im Ernst, was denkst du dir eigentlich dabei? Er kann uns doch helfen, meine Großmutter zu finden.«
Wolf sah sie mitfühlend mit seinem schiefen Grinsen an. »Er wird nichts sagen.«
»Woher willst du das wissen?«
»Ich weiß es eben.«
»Das ist keine Antwort auf meine Frage.«
»Pass auf deine Pistole auf!«
»Was …« Sie sah zu Ran hinab, der die Pistole am Griff zu sich heranzog. Scarlet bekam sie am Lauf zu fassen und entriss sie ihm.
Höhnisch zog er die blutverschmierten Mundwinkel hoch. »Früher oder später mache ich dich kalt, Bruder. Wenn Jael dich nicht zuerst erwischt.«
»Hör auf, ihn zu provozieren!«, schrie Scarlet. Sie wich ein paar Schritte zurück, sicherte die Waffe und steckte sie in den Bund ihrer Jeans. »Man kann nicht gerade sagen, dass du in der Position wärst, Drohungen auszustoßen.«
Ran sagte nichts mehr. Er lag mit geschlossenen Augen auf der Seite, Blut rann ihm die Wange hinab und er holte rasselnd Luft.
Angewidert drehte sie sich zu Wolf, der den Arm losgelassen hatte und überrascht das Blut auf seiner Handfläche anstarrte. Dann beugte er sich vornüber
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