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Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Titel: Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marissa Meyer
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Güterwagen, der mit Kisten vollgestellt war. Durch einen Schlitz in der Tür fiel Mondlicht hinein. Wolf war auf einen Stapel Plastikkisten geklettert und schuf oben Platz für sie beide.
    Scarlet stieg schweigend zu ihm hoch. Ihr fiel einfach nichts ein, was nicht aufgesetzt geklungen hätte. So zog sie einen Kamm aus der Tasche und glättete die Knoten in ihren zerzausten Haaren. Irgendwann hörte Wolf auf, die Kisten umzustellen, und setzte sich neben sie. Im Schneidersitz, die Hände im Schoß, vornübergebeugt. Ohne sie zu berühren.
    Scarlet warf ihm einen Blick zu. Am liebsten hätte sie ihm den Kopf auf die Schulter gelegt. Doch stattdessen zeichnete sie mit dem Finger das Tattoo an seinem Unterarm nach, das sie im Halbdunkel gerade noch erkennen konnte. Er rührte sich nicht.
    »Hat Ran die Wahrheit gesagt? Wollen sie dich wirklich umbringen, weil du sie verlassen hast?«
    »Ach was«, sagte er. »Um mich brauchst du dir keine Sorgen zu machen.«
    Mit der Fingerspitze folgte sie einer langen Narbe an seinem Arm, die von einer tiefen Schnittwunde stammen musste.
    »Woher hast du das?«, fragte sie. »Von einem Kampf?«
    Fast unmerklich beugte er sich zu ihr. »Das war reine Dummheit.«
    Sie kaute auf der Unterlippe, rückte näher an ihn heran und berührte eine verblasste Narbe an seiner Schläfe. »Und diese hier?«
    Er zwang sich, sie anzusehen. »Das war wirklich knapp«, sagte er nur.
    Scarlet summte vor sich hin, dann strich sie ihm nachdenklich mit dem Fingerknöchel über eine winzige Narbe auf der Oberlippe. »Und was ist mit …?«
    Er umschloss ihre Hand und hielt sie fest, nicht so, dass es ihr wehtat, aber unmissverständlich. »Bitte hör damit auf«, sagte er. Aber er sah auf ihre Lippen.
    Scarlet befeuchtete sie instinktiv. Er verschlang sie mit seinen Blicken. »Was ist los?«, fragte sie.
    Ein Herzschlag.
    »Wolf?«
    Er hielt ihre Hand fest.
    Scarlet strich mit dem Daumen über seinen Handrücken.
    Er holte tief Luft.
    Sie streichelte seinen verletzten Arm bis zu dem Verband, auf dem das Blut wieder getrocknet war. Er saß vollkommen regungslos an der Wand, jeder Muskel angespannt. Nur die Finger, mit denen er ihre Hand umklammerte, zuckten. »Ich habe … ich habe mich an sie gewöhnt«, sagte er mit stockender Stimme.
    »Wie meinst du das?«
    Er schluckte. Keine Erklärung.
    Sie beugte sich vor und streichelte sein Kinn, die hervorstehenden Wangenknochen. Seine Haare fühlten sich genauso wild und weich an, wie sie aussahen. Schließlich gab er den Widerstand auf und schien ihre Berührungen zu genießen.
    »Sie stammen alle aus Kämpfen«, murmelte er. »Aus irgendwelchen unsinnigen Kämpfen. Allesamt.« Er sah noch immer auf ihre Lippen.
    Sie zögerte. Als er sich nicht rührte, beugte sie sich vor und küsste ihn zärtlich. Nur einmal.
    Dann setzte sie sich auf. Seine Anspannung löste sich, er wurde weich und seufzte schicksalsergeben. Er zog sie an sich heran und schloss sie fest in seine Arme. Scarlet keuchte, als Wolf die Hand in ihren Locken vergrub und sie endlich küsste.

Drittes Buch
    »Großmutter, was hast du so große Zähne?«

24
    »Du bist unsichtbar.« Cinder sprach die Worte langsam aus. Bittend, fast flehend. »Du bist unsichtbar, Albatros, du bist unsichtbar. Tarn dich … verschwinde einfach … es gibt dich gar nicht … niemand kann dich sehen …«
    Sie saß im Dunklen auf ihrer Schlafkoje und stellte sich das Schiff um sie herum vor. Die Stahlwände, den rotierenden Motor, die Schrauben und Schweißnähte, den Hauptrechner, das bruchsichere Glas der Cockpitfenster, die geschlossene Rampe zum Frachtraum, das Deck mit den Beischiffen unter sich.
    Dann stellte sie sich vor, dass es unsichtbar war.
    Dass es von den Radarschirmen unentdeckt blieb.
    Sich trotz der Wachsamkeit der Satellitenstationen in nichts auflöste.
    Anmutig tänzelnd all den anderen Raumschiffen im dichten Verkehr des Sonnensystems auswich. Ohne Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, weil es gar nicht zu existieren schien.
    Ihre Wirbel kribbelten, erst oben im Nacken, dann bis hinunter zum Steiß. Wärme floss ihr in jeden Muskel und jedes Gelenk bis in die Finger- und Zehenspitzen.
    Sie atmete aus, lockerte die Muskeln und fiel erneut in ihren Sprechgesang. »Du bist unsichtbar, Albatros. Albatros, tarn dich. Verschwinde.«
    »Und? Klappt es?«
    Sie riss die Augen auf. In der Dunkelheit konnte sie nur die stecknadelkopfgroßen Sterne vor dem Fenster sehen. Sie befanden sich jetzt auf der von

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