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Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Titel: Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marissa Meyer
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den Grundriss des Opernhauses zu erschließen. Aber sie konnte sich nicht darauf konzentrieren, denn gleich würde sie ihre Großmutter sehen. Endlich.
    Der Gedanke, dass Grand-mère Michelle schon fast drei Wochen in der Gewalt dieser Ungeheuer war, jagte ihr einen Schauer über den Rücken.
    Der Soldat führte sie zwei Treppen zu den Rängen hinauf, vorbei an geschlossenen Türen zu ihrer Linken, und bog in einen weiteren Flur ein. Schließlich öffnete er eine Tür.
    Sie traten in eine Loge mit einer ausgezeichneten Sicht auf die Bühne, in der zwei Reihen mit jeweils vier roten Samtstühlen standen.
    Ihre Großmutter saß allein in der ersten Reihe. Ihr dicker grauer Zopf baumelte über die Sessellehne. Die Tränen, gegen die Scarlet so lange angekämpft hatte, ließen sich nicht mehr aufhalten.
    »Grand-mère!«
    Ihre Großmutter zuckte zusammen, doch Scarlet stolperte schon auf sie zu, fiel vor ihr auf die Knie, legte den Kopf in den Schoß ihrer Grand-mère und weinte hemmungslos. Aus der lehmverkrusteten Jeans, die Großmutter zur Gartenarbeit trug, strömte der vertraute Geruch nach Erde und Heu.
    »Scarlet! Was machst du hier?«, rief ihre Großmutter und streichelte ihr den Rücken. Es klang streng, wenn auch nicht unfreundlich. »Hör auf zu weinen. Du machst dich lächerlich.« Sie hob Scarlets Gesicht von ihrem Schoß. »Na komm, jetzt beruhig dich doch. Ich will wissen, was du hier zu suchen hast.«
    Scarlet fiel auf die Fersen zurück und starrte ihre Großmutter an, obwohl sie vor Müdigkeit kaum etwas sehen konnte. Michelles blutunterlaufene Augen verrieten ihre Erschöpfung, und wenn sie das Kinn noch so energisch vorreckte. Auch ihre Großmutter war kurz vorm Weinen, hielt ihre Tränen aber zurück. Scarlet nahm sie bei den Händen, die ganz weich waren. Reichten drei Wochen aus, um die Schwielen jahrelanger Landarbeit verschwinden zu lassen?
    »Ich bin gekommen, um dich hier rauszuholen«, sagte sie. »Nachdem Papa mir erzählt hat, was sie mit dir machen, musste ich dich finden. Bist du verletzt?«
    »Nein, mir geht es gut. Wirklich.« Sie rieb mit dem Daumen über Scarlets Fingerknöchel. »Aber ich freue mich überhaupt nicht, dass du hier bist. Du hättest nicht kommen dürfen. Diese Männer … sie … Es ist viel zu gefährlich.«
    »Ich hole uns beide hier raus, ich verspreche es dir. Ich hab dich so vermisst!« Schluchzend legte sie die Stirn auf die Hände ihrer Großmutter, ohne auf die heißen Tränen zu achten, die ihr über die Wangen liefen.
    Ihre Großmutter strich Scarlet die ungekämmten Locken aus der Stirn. »Ich wusste ja, dass du mich finden würdest. Komm, setz dich neben mich.«
    Scarlet wischte die Tränen weg. Auf dem roten Samtstuhl neben ihnen stand ein Tablett mit einer Tasse Tee, einem halben Baguette und einer kleinen Schale roter Weintrauben. Sie hatte es nicht angerührt und hielt es dem Soldaten an der Tür hin. Er verzog zwar das Gesicht, nahm das Tablett aber trotzdem entgegen und ging damit hinaus. Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss. Scarlets Herz schlug höher – sie hatte keinen Schlüssel im Schloss gehört. Sie waren allein.
    »Setz dich, Scarlet. Ich hab dich auch schrecklich vermisst, auch wenn ich dir böse bin. Du hättest nicht kommen dürfen, es ist viel zu gefährlich … aber jetzt, wo du hier bist … Ach, mein Liebling, du bist erschöpft.«
    »Großmutter, bewachen sie dich denn gar nicht? Haben sie gar keine Angst, dass du fliehen könntest?«
    Ihre Miene wurde weich und sie klopfte auf den gepolsterten Sitz neben sich. »Natürlich bewachen sie mich. Wir sind nie richtig allein.«
    Scarlet musterte die Trennwand zur benachbarten Loge, an der rote Tapete in Fetzen herabhing. Vielleicht hörte ihnen jemand von dort aus zu. Und wenn die Soldaten, die sie im Parkett gesehen hatte, nur halb so scharfe Sinne hatten wie Wolf, dann müssten sie sie auch von unten hören können. Sie bekämpfte den Drang, etwas Obszönes in den Theatersaal zu schreien, und nahm die Hände ihrer Großmutter wieder in die ihren. Sie waren weich geworden, aber auch kalt wie der Tod.
    »Dir geht es wirklich gut? Sie haben dir wirklich nichts getan?«
    Sie lächelte schwach. »Nein, sie haben mir nichts getan. Jedenfalls noch nicht. Aber ich weiß natürlich nicht, was sie vorhaben, und nach all dem, was sie Luc angetan haben, fürchte ich das Schlimmste. Und jetzt haben sie dich auch noch da hineingezogen. Ich hatte panische Angst, dass sie dich schnappen würden,

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