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Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Titel: Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marissa Meyer
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des geheimen Verlieses an einen Operationssaal erinnerte, so musste Cinder bei der anderen mit den Schraubenziehern, Sicherungen und Lötlampen an ihre Kellerwerkstatt in Adris Hochhaus denken. Hier lagen achtlos beiseitegelegte Ersatzteile von Androiden und Computerchips auf dem Boden herum. Und eine unfertige Cyborg-Hand mit drei Fingern.
    Cinder fröstelte in der Kälte. Hier roch es nach einem sterilen Krankenhauszimmer und nach einer feuchten unterirdischen Höhle zugleich.
    Thorne schlich näher an das Becken heran. Es war leer, nur der undeutliche Umriss eines Kinderkörpers hatte sich in die klebrige Auskleidung unter der Glashaube eingedrückt. »Was ist das?«
    Cinder wollte gerade wieder den Saum ihres Handschuhs herunterziehen, als ihr einfiel, dass sie keinen mehr trug.
    »Ein Komakasten«, flüsterte sie, als dürfte sie die Geister unbekannter Chirurgen nicht stören. »Damit kann man jemanden über lange Zeit in der Bewusstlosigkeit halten.«
    »Sind die nicht illegal? Verstoßen die nicht gegen die Überbevölkerungsgesetze oder so?«
    Cinder nickte. Sie trat an das Becken heran, drückte die Finger gegen das Glas und versuchte sich daran zu erinnern, wie es gewesen war, hier aufzuwachen. Vergeblich. Nur verworrene Erinnerungen an den Hangar und den Hof tauchten auf, aber keine an dieses Verlies. Sie war erst unterwegs zu vollem Bewusstsein gelangt, erst als sie auf dem Weg nach Neu-Peking war, um ein neues Leben als verängstigte, verwirrte Waise zu beginnen – und als Cyborg.
    Die Umrisse des Kindes in der Auskleidung kamen ihr zu klein vor, als dass sie je die ihren hätten sein können; aber sie wusste es. Das linke Bein war allem Anschein nach schwerer als das rechte gewesen. Sie fragte sich, wie lange sie dort wohl ohne ihr linkes Bein gelegen hatte.
    »Und welchem Zweck dient dieses Ding hier unten?«
    »Ich glaube, sie haben eine Prinzessin darin versteckt.«

32
    Cinder stand wie angewurzelt da, während sie den unterirdischen Raum in sich aufnahm. Hier also musste sie mit elf Jahren auf dem Operationstisch gelegen haben, während unbekannte Chirurgen ihren Körper auseinanderschnitten und ihn mit Stahlgliedmaßen wieder zusammenflickten. Ihr Gehirn verkabelten, Optobionik hinter die Netzhaut setzten, synthetisches Gewebe ins Herz pflanzten, Rückenwirbel austauschten und Narbengewebe durch Haut ersetzten.
    Wie lange hatten sie dafür gebraucht? Wie lange hatte sie bewusstlos in diesem dunklen Verlies geschlafen?
    Levana hatte sie zu töten versucht, als sie drei Jahre alt war.
    Die Operation war beendet, als sie elf Jahre alt war.
    Acht Jahre . Acht Jahre hatte sie in diesem Becken geschlafen und geträumt, war sie hier gewachsen.
    War weder tot noch lebendig gewesen.
    Sie spähte auf den Abdruck ihres Kopfes unter dem Glasdeckel. Hunderte winziger Kabel mit Neurotransmittern quollen aus den Wänden hervor. An einer Seite befand sich ein kleiner Netscreen. Nein, kein Netscreen. In diesem Raum gab es keinen Netzzugang. Nichts, was Königin Levana irgendeinen Hinweis geben konnte.
    »Ich verstehe es nicht«, sagte Thorne, während er das Operationsbesteck betrachtete. »Was haben sie hier unten wohl mit ihr gemacht?«
    Sie warf dem Kapitän einen Blick zu, aber er hatte keinen Verdacht geschöpft, er fragte nur aus Neugierde.
    »Na ja«, begann sie, »als Erstes haben sie sie programmiert und ihr einen ID -Chip eingesetzt.«
    Thorne fuchtelte mit einem Skalpell vor ihr herum. »Scharf geschlossen. Klar, dass sie keinen hatte, als sie auf die Erde kam.« Er deutete auf den Tank. »Und was ist damit?«
    Cinder hielt sich am Becken fest. Sie hatte angefangen zu zittern. »Ihre Verbrennungen müssen sehr ernst, ja sogar lebensbedrohlich gewesen sein. Bestimmt war die oberste Priorität, sie am Leben zu halten, und natürlich durfte sie nicht entdeckt werden. Der Komakasten löste diese beiden Probleme auf einen Schlag.« Sie pochte auf die Glasabdeckung. »Mit den Neurotransmittern haben sie ihr Gehirn stimuliert, während sie schlief. Da sie keine Erfahrungen machen oder wie ein normales Kind leben konnte, mussten sie etwas für sie erfinden. Imitiertes Lernen, nachgeahmte Erfahrungen.«
    Sie biss sich auf die Unterlippe und verkniff sich eine Bemerkung über den Netlink, den sie ins Gehirn der Prinzessin implantiert hatten und der ihr beim Lernen half, als sie schließlich wach war.
    Es war leicht, über die Prinzessin wie über eine andere zu sprechen. So empfand Cinder es auch. Das

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