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Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Titel: Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marissa Meyer
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Mädchen, das in diesem Becken geschlafen hatte, war jemand anderes als der Cyborg, der dort aufgewacht war.
    Und endlich verstand Cinder, warum sie sich an nichts erinnerte. Nicht weil die Chirurgen ihr Gehirn beschädigt hatten, als sie ihr das Kontrollfeld einsetzten, sondern weil sie gar nichts erlebt hatte.
    Und vor dem Koma? Konnte sie sich irgendetwas aus ihrer Kindheit ins Gedächtnis rufen? Plötzlich fiel ihr der wiederkehrende Traum ein – das Bett aus Kohlen, ihre brennende Haut – und ihr wurde klar, dass das eine Erinnerung und kein Albtraum war.
    »Schirm einschalten.«
    Auf Thornes Befehl schalteten sich die beiden Schirme über dem Operationstisch an – auf dem linken war ein holografischer Torso von den Schultern aufwärts zu sehen, der sich flimmernd um sich selbst drehte. Cinders Herz machte einen Satz, weil sie die Holografie für eine von sich hielt, bis sie auf den zweiten Schirm sah.
    Patientin: Michelle Benoit
    Operation: Rückenmarkkanal und Nervensystem
    Bioelektrisches Sicherheitssystem
    Prototyp 4.6
    Status: Abgeschlossen
    Cinder betrachtete die Holografie ganz genau. Die Schultern waren schmal und weiblich, aber oberhalb der Kinnlinie war nichts zu erkennen.
    »Was ist ein bioelektrisches Sicherheitssystem?«, fragte Thorne.
    Cinder deutete auf die Holografie, die sich gerade herumdrehte. Ein dunkler Fleck erschien am Schädelknochen über dem letzten Halswirbel. »Das da. Mir haben sie auch eins implantiert, damit ich meine lunarische Gabe nicht versehentlich einsetze. Wenn man es Erdenbürgern einsetzt, lassen sie sich nicht mehr manipulieren. Sollte Michelle Benoit etwas über Prinzessin Selene wissen, hat man sie vermutlich abgesichert für den Fall, dass sie Lunariern in die Hände fällt.«
    »Wenn wir die technischen Möglichkeiten haben, diesem lunarischen Wahnsinn etwas entgegenzusetzen, warum haben dann nicht alle so ein Schloss?«
    Eine merkwürdige Trauer überkam sie. Ihr Stiefvater, Linh Garan, hatte das bioelektrische Sicherheitssystem erfunden, aber kurz nachdem er einen Prototyp entwickelt hatte, war er an der Blauen Pest gestorben. Obwohl sie ihn eigentlich gar nicht kennengelernt hatte, empfand sie sehr stark, dass er viel zu früh gestorben war. Wie anders wäre alles gekommen, wenn er überlebt hätte – nicht nur für Pearl und Peony, sondern auch für sie selbst.
    Ihr schwirrte der Kopf, sie seufzte und sagte nur: »Das weiß ich auch nicht.«
    Thorne grummelte: »Jedenfalls ist dies der Beweis, dass die Prinzessin hier war, oder etwa nicht?«
    Als Cinder sich noch einmal im Raum umblickte, wurde ihre Aufmerksamkeit von der Werkbank in Anspruch genommen. Von den Werkzeugen, die sie zum Cyborg gemacht hatten. Entweder hatte Thorne sie nicht bemerkt oder er hatte nicht begriffen, welchem Zweck sie gedient hatten. Das Bekenntnis lag ihr schon auf der Zunge. Wenn sie ihn weiterhin am Hals hatte, musste sie ihm irgendwann eröffnen, mit wem er es zu tun hatte. Um die Gefahr abzuschätzen, in die sie ihn gebracht hatte.
    Aber bevor sie ihren Entschluss umsetzen konnte, sagte er: »Schirm, zeig Prinzessin Selene!«
    Cinder wirbelte herum, aber ihr blickte keine elf Jahre alte Version ihrer selbst entgegen. Was sie sah, war kaum als Mensch zu erkennen.
    Thorne stolperte rückwärts und hielt sich die Hand vor den Mund. »Ach du große Sch…«
    Cinder drehte sich der Magen um, bevor sie die Augen schloss und ihren Widerwillen bekämpfte. Dann schluckte sie und zwang sich, wieder hinzusehen.
    Das Foto zeigte ein Kind.
    Das, was von dem Kind noch übrig war.
    Vom Hals abwärts bis zum Stumpf seines linken Oberschenkels war es in Brandbinden gewickelt. Der rechte Arm und die Schulter lagen frei, dort hatte die Haut tiefe, blutrote Dellen und hellrosa schimmernde Flecken. Das Kind hatte keine Haare. Brandwunden liefen vom Hals die Wange hoch. Die linke Gesichtshälfte war geschwollen und entstellt, das Auge war nur noch ein Schlitz. Vom Ohrläppchen zum Mund lag Schorf auf einer genähten Fleischwunde.
    Zitternd strich Cinder sich über die Wange. Sie hatte dort keine Narbe, überhaupt keine Spuren solcher Verwundungen. Nur etwas Narbengewebe am Oberschenkel und am Handgelenk, wo die Prothesen angeschlossen waren.
    Wie hatten sie sie wieder zusammengeflickt? Wie war so etwas überhaupt möglich?
    Aber es war Thorne, der die wesentliche Frage stellte.
    »Wer tut einem Kind so etwas an?«
    Cinder bekam eine Gänsehaut. Sie konnte sich nicht an die Qualen dieser

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