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Die Lust des Bösen

Die Lust des Bösen

Titel: Die Lust des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Negra
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Gesichtsausdruck sah.
    Aber er hatte keine Lust auf lange, ermüdende Diskussionen, schloss die Tür zu seinem Appartement auf, ging wortlos in sein Bett und schlief ein.
    Vanessa zog sich langsam aus und legte sich neben ihn.
    Sie genoss ihren vermeintlichen Sieg. Lange schon hatte sie davon geträumt, wieder mit ihm im Bett zu liegen. Zärtlich streichelte sie über seine feinen Brusthaare.
    »Siehst du«, flüsterte sie, »ich habe dir doch gesagt, dass ich das Beste bin, was dir je passiert ist.«
    Vielleicht würde ja wieder alles so wie früher werden. Sie verdrängte den Gedanken, dass er sie damals verlassen hatte, verdrängte die Krisen und die nächtelangen Diskussionen, die sie miteinander geführt hatten. Sie verdrängte auch, dass sie damals eine Affäre mit einem seiner besten Freunde begonnen hatte.
    Einige Stunden hatte er tief und fest geschlafen, als es plötzlich klingelte. Wie in Trance stand er auf und öffnete die Tür. Es war Lea.
    »Was machst du hier?«, fragte er noch sichtlich verschlafen und benebelt.
    »Du hast eine Fahne«, stellte sie angewidert fest. »Darf ich reinkommen?«
    »Nein!«, meinte er, eine Spur zu barsch.
    »Ich meine …«, begann sie – und dann sah sie die junge, exotische Schönheit, die schlaftrunken und halbnackt im Flur herumlief. »Ach, so ist das!«, murmelte Lea enttäuscht vor sich hin und wandte sich ab.
    Jack begann zu stottern, was eine für ihn ungewohnte Reaktion war. Er sprach den dümmsten Satz, den Männer in solchen Situation sagen können:
    »Es ist nicht so, wie es aussieht.«
    »Nein, es ist viel schlimmer!«, schrie Lea ihm wütend entgegen.
    »Warte«, rief er, aber sie war schon im Aufzug. Die Tür hatte sich hinter ihr geschlossen.
    Tief durchatmen, dachte sie. Beruhige dich.
    Ihr Herz raste, und ihr Puls war wohl gerade auf hundertachtzig. Ihre Gedanken fuhren Achterbahn. Warum nur war sie so naiv gewesen zu glauben, dass er etwas für sie empfand? Wie gern hätte sie sich entschuldigt für ihre falsche Verdächtigung, ihren Irrtum eingestanden und ihm gesagt, dass ihr leid tat. Und nun das? Wie konnte er ihr das nur antun? Bedeutete sie ihm so wenig?
    Ja, sie hatten bisher nur wenig Gelegenheit gehabt, sich wirk lich kennenzulernen. Dennoch hatte sie die ganze Zeit geglaubt, dass Jack anders sei als die anderen Männer. Sie hatte gehofft, dass mehr aus ihnen beiden werden würde und dass sie mehr verband als nur toller, aufregender Sex. Nur mit großer Mühe konnte sie ihre Tränen zurückhalten. Erst schluchzte sie, dann brach es aus ihr heraus. Lea weinte hemmungslos.
    »Taxi«, rief sie mit tränenerstickter Stimme, als sie endlich draußen auf der Straße angekommen war, und winkte eines der vorbeifahrenden Fahrzeuge heran. Der kühle Wind tat ihr gut. Er trocknete ihre Tränen und erfrischte ihren Kopf, in dem es dröhnte, hämmerte und pochte, gerade so, als säße in ihm ein ganzes Orchester. Dann wurde ihr übel, sie würgte, aber sie riss sich zusammen, um sich nicht im Taxi zu übergeben.
    Wie in einem Film kam sie sich vor – als ob sie das alles nur als Zuschauer gesehen und erlebt hätte, schön bequem zurückgelehnt mit einer Tüte Popcorn. Aber jetzt war sie selbst die Protagonistin in diesem Film. Und leider war er noch nicht vorbei. Sie war mittendrin. Kein Vorhang, den sie schließen, kein Schalter, den sie drücken konnte.
    Mit jedem Meter, den sich das Taxi weiter vom Potsdamer Platz entfernte, entfernte sie sich ein Stück weiter von ihren Träumen.

    Unzählige Male hatte Jack seit jenem Abend auf Leas Anruf beantworter und ihre Mailbox gesprochen, jedoch ohne Erfolg. Zu spät hatte er begriffen, was sie ihm bedeutete. Jetzt wusste er, dass es mehr war, was er für diese Frau empfand – mehr als nur Leidenschaft oder sexuelle Begierde. Er wollte sich entschuldigen, wollte ihr sagen, was er fühlte. Auch die falschen Verdächtigungen hatte er ihr längst vergeben. Aber sie rief ihn einfach nicht zurück. Und dann, eines Abends, nahm er allen Mut zusammengenommen und stand vor ihrer Tür.
    »Bitte, Lea, wir müssen reden.«
    »Nein«, wehrte sie ab, »das müssen wir nicht.«
    Schließlich hatte sie gesehen, was sie sehen musste. Sie war wütend.
    In diesem Augenblick hätte sie ihm am liebsten all ihre Verärgerung, den Schmerz und den Kummer, den sie in den letzten Nächten verspürt hatte, an den Kopf geworfen. Wie gerne hät te sie ihre Eifersucht und ihre Enttäuschung einfach nur rausgelassen. Mit größtem

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