Die Lust des Bösen
Gegenwart, Zukunft – alles verband sich zu einer zeitlosen Einheit des Lebens, absolut ohne Fehler, ohne Wertung, das Einzige, das sie spürte, war: »Das ist mein Leben, so, wie es war, und ich akzeptiere es genau so.«
Sie hatte das Gefühl, wieder Luft zu bekommen.
Der Trucker, den sie überholt hatte, war in die Eisen seines Peterbilt 388 gestiegen. Und diese zwanzig Tonnen zu bändigen, wollte wahrhaft etwas heißen. Er rannte zu der Motorradfahrerin, die bewusstlos am Straßenrand lag.
»Hallo, können Sie mich hören?«, drang von weit her eine Stimme zu ihr.
Aber Lea reagierte nicht.
Lukas war ein Trucker, wie er im Buche steht: mit Truckercape und coolem Burton-Patch auf der Front, einem Vollbart, der leicht ungepflegt wirkte, schwarzem T-Shirt, Jeans mit gelben Hosenträgern, die seinen Bierbauch zusammenzuschnüren schienen, von großer, kräftiger Statur und mit breiten Schultern, sodass es für ihn ein Kinderspiel war, Lea zu befreien.
Er versuchte es noch einmal, sie anzusprechen. Aber als sie nicht reagierte, war ihm klar, dass jetzt schnelles Handeln gefordert war. Gott sei Dank lag sein letzter Erste-Hilfe-Kurs noch nicht so lange zurück.
Die junge Frau war mit ihrer Maschine nach rechts unter die Leitplanke gerutscht, wo sie mit der Harley eingeklemmt wurde. Er musste sie unbedingt da rausholen, um den Druck von ihrer linken Seite zu nehmen.
Er wählte die Nummer des Notarztes und begann das schwere Bike hervorzuziehen, das über ihr lag. Ganz schön widerspenstig, das blöde Ding. Irgendwo schien es sich verhakt zu haben. Wenig später hatte er es geschafft. Vorsichtig und langsam zog er die junge Frau unter der Leitplanke heraus.
So weit, so gut! Jetzt sollte er sie schnell vom Helm befreien, damit sie nicht erstickte. Dabei musste er behutsam vorgehen, denn er durfte nicht riskieren, ihre Halswirbelsäule zu verletzen.
Er öffnete ihr Visier, dann den Kinnriemen und zog ihren Kopf leicht und vorsichtig hervor. Dann beugte er ihn sachte nach hinten und brachte sie in die stabile Seitenlage.
»Meine Kleine, keine Angst, das kriegen wir schon wieder hin«, raunte er ihr zu.
Noch immer war sie bewusstlos. Inzwischen waren Krankenwagen, Notarzt, Rettungssanitäter und die Polizei eingetroffen.
Während die Sanitäter die Verletzte vorsichtig auf eine Bahre hoben, ließ sich der Notarzt von Lukas den Unfallhergang schildern.
»Nun, die kleine Bikerbraut hier hat mich überholt, und statt dann kurz vor dieser heftigen Kurve abzubremsen, ist sie immer schneller geworden – wie ein Kamikaze, der sich in den Tod stürzen will. Dann schleuderte sie und ist hier gelandet.
Ich hoffe nicht«, versuchte er einen kleinen Scherz, »dass sie mein Schild auf der Rückseite meines Wagens aus der Fassung gebracht hat.« Da stand nämlich: »Wenn Sie diesen Truck als schmutzig empfinden, dann versuchen Sie besser nicht die Gedanken des Fahrers zu lesen.«
Aber der missbilligende Blick des Notarztes machte ihm klar, dass er wohl etwas danebengegriffen hatte.
Als der Arzt sich verabschieden wollte, ließ sich der Trucker nicht so einfach abschütteln. Er wollte mitfahren und wissen, ob die Kleine durchkam.
Auch wenn der Mediziner ihn zunächst etwas abschätzig anschaute – vermutlich, weil er einen ungepflegten Eindruck machte mit seinem Bart, der so aussah, als ob noch etwas von dem Mett, das er so gerne aß, an ihm klebte –, willigte er schließlich ein.
»Kommen Sie, bevor ich es mir noch anders überlege!«
Beim Einsteigen sah Lukas eine Karte oder vielmehr einen Ausweis im Gras liegen. »Lea Lands«, las er, »Profilerin, LKA.« Er steckte den Ausweis ein.
Schnell ging es mit dem Notarztwagen, Blaulicht und Martinshorn in Richtung Berliner Charité, wo sie schon von einem Ärzteteam erwartet wurden.
Lukas lieferte den gefunden Ausweis bei der diensthabenden Schwester ab.
»LKA!« Das hätte er der kleinen Bikerbraut gar nicht zugetraut.
Eine Schwester nahm seine Personalien auf.
»Herr …?«
»Packer«, ergänzte er.
Sie wollte sich gerade abwenden, als er sich nach ihrem Namen erkundigte.
»Amelie«, meinte sie kurz und bündig und verschwand.
Eigentlich keine wirklich heiße Braut, diese Schwester – aber etwas an ihr zog ihn dennoch an. Vielleicht waren es ihre vollen blonden Haare, ihre runden Hüften oder ihre ausgeprägter, voluminöser Hintern, die einen besonderen Reiz auf ihn ausübten. Auf jeden Fall würde er sie gern mal mit in seinen Laster nehmen, überlegte er
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