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Die Lust des Bösen

Die Lust des Bösen

Titel: Die Lust des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Negra
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einer Zahnarztpraxis. Nur dass in der Mitte des gefliesten Raumes kein Zahnarztstuhl, sondern ein Sektionstisch stand. Am Fußende des Tisches gab es ein Waschbecken und darüber einen Organschneidetisch, und daneben war eine Art OP-Lampe angebracht, an der ein Mikroskop befestigt war. Auch ein kleiner Beistelltisch war vorhanden, auf dem man Instrumente ablegen konnte. An der Decke direkt über dem Sektionstisch war eine Ablufthaube befestigt, die die gesundheitsschädlichen Gerüche absaugen sollte. Alle Instrumente und Geräte waren aus Edelstahl gefertigt.
    Jetzt dürfte es nicht mehr lange dauern, bis Hannah aus der Narkose erwachen würde.
    Wenger legte sein Opfer auf den Sektionstisch ab, entkleidete, fesselte und knebelte es, damit sie nicht hysterisch schreien konnte, diese Schlampe. Dann holte er seine Videokamera und noch einiges anderes Equipment aus seinem Rucksack – darunter Nadeln, kleine Metallringe, ein OP-Messer, ein Skalpell, Stahlseile, zwei Gläser, die etwas größer waren als Einweckgläser, sowie eine sogenannte medizinische »Oszillationssäge«. Dieses Gerät war einer Kreissäge sehr ähnlich, in der Funktionsweise aber ein wenig anders: Sie drehte sich nicht, sondern schwang mit hoher Geschwindigkeit hin und her.
    Nur langsam kam die Studentin wieder zu sich. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie realisierte, was geschehen war und wo sie sich befand. Aber als sie dann erkannte, in welcher aussichtslosen Lage sie war, schrie sie aus aller Kraft. Ein verzweifelter Schrei, panisch und von einer Energie durchdrungen, die nur ein Mensch in absoluter Todesangst aufbringen kann. Aber jeder Laut wurde erstickt durch den Knebel, den ihr Peiniger ihr in weiser Voraussicht angelegt hatte.
    »Schrei nur!«, forderte er sie fast provokativ auf. »Ob jemand dir Antwort gibt? An wen willst du dich wenden? Vielmehr bringt Unmut den Toren um, und Eifer tötet den Unerfahrenen.«
    Wenger hasste die Bibel, dennoch drängte sich ihm diese Stelle aus Hiob 5, 1-2 unweigerlich auf.
    »Na, mein Engel, gefällt dir, was du siehst? Schau dich nur noch einmal um, denn das wird das Letzte sein, das du von dieser Welt zu sehen bekommst. Es werden deine letzten Minuten sein, die du hier mit mir verbringst. Und ich verspreche dir schon jetzt, es wird etwas ganz Besonderes werden. Nur leider wirst du dieses Event nicht überleben.«
    Hannah bewegte sich. Sie wollte sich befreien, wollte weg, aber es waren nicht mehr als die verzweifelten Versuche einer Todgeweihten.
    »Ich empfehle dir, dich zu entspannen«, erklärte Wenger eiskalt, »dann wird alles leichter für dich. Dann kannst du dich auch ganz auf die Inszenierung konzentrieren, die ich mir extra für dich ausgedacht habe und in der du die Hauptrolle spielen wirst. Ich hoffe, du weißt das zu würdigen und bist nicht undankbar.«
    Dann lachte er. Es war ein abschätziges, sadistisches Kichern, wie es nur ein krankes Wesen hervorbringen konnte. Er hatte einen kalten Ausdruck in seinen Augen, der signalisierte, dass er zu keinen Verhandlungen bereit war und sich durch nichts von seinem Vorhaben abbringen lassen würde.
    Hannah nahm all das wahr. Oh mein Gott, flehte sie in Gedanken, warum und womit habe ich das verdient? Warum gerade ich? Wofür soll ich sterben? Ich habe doch noch so viel vor. Wenn ich jetzt schon gehen muss, wie wenig erfüllt war dann mein Leben. Und dann auch noch als sinnloses Opfer eines Sadisten und seiner kranken Fantasien.
    Aber was sie in diesem Augenblick am meisten quälte, war die Angst vor dem Martyrium und den Schmerzen, die sie erwarteten. Wenn er sie doch jetzt gleich ermorden würde, kurz und schmerzlos! Am liebsten wollte sie ihn anflehen, es zu tun, jetzt sofort!
    Die gesamte Zeit über hatte er jede ihrer Bewegungen genüsslich beobachtet. Ihren verzweifelten Kampf mit sich selbst. Als ob er Gedanken lesen könnte, kam er ganz nah zu ihr und hauchte: »Ich weiß, was du jetzt denkst. Soll er mich doch gleich umbringen, ganz schnell. Dann muss ich nicht leiden. Aber genau diese Leiden sind es, für die du auserwählt bist.«
    »Staub muss ich essen wie Brot«, murmelte er Psalm 102 vor sich hin, während er geschäftig umherlief, »und meinen Trank mit Tränen mischen vor deinem Ingrimm und Zorn; denn du hast mich aufgehoben und niedergeworfen. Meine Tage sind wie der ausgedehnte Abendschatten, und ich muss wie Gras verdorren.«
    Er rieb sich die Hände. Es konnte beginnen. Hannah zitterte.
    »Ich werde dir jetzt eine kleine

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