Die Lust des Bösen
Damals hielt ein Täter namens Carsten die Polizei in Atem. Er hatte seine kriminelle Karriere in aller Stille als Grabräuber auf dem jüdischen Friedhof im Herzen Berlins begonnen. Sein besonderes Interesse hatte der Haut der Leichen gegolten, die er ablöste, gerbte und sich überzog, wenn er nicht eine seiner Schneiderpuppen oder seine Möbelstücke damit schmückte. Wahrscheinlich hätte er sich weiterhin als Leichenschänder im Verborgenen halten können, wenn seine Fantasie ihn nicht dazu getrieben hätte, sich auch durch Mord Leichen zu beschaffen, um sie zu verarbeiten. Schließlich konnten ihm die Morde an zwei älteren Frauen nachgewiesen werden, obwohl ihm vermutlich viel mehr Frauen zum Opfer gefallen waren.
Oder Martin, der zwei Jahre lang mit seinem Wagen auf den Landstraßen rund um Berlin herumgefahren war und es sich zur Gewohnheit gemacht hatte, junge Anhalterinnen aufzugabeln. Besonders hübsche junge Studentinnen schienen es ihm angetan zu haben. Irgendwann nahm er dann zwei Freundinnen mit. Er fuhr mit ihnen in eine abgelegene Gegend, erstach die beiden jungen Frauen, brachte die Leichen dann ins Haus seiner Mutter, wo er Polaroids von ihnen machte, sie sezierte und mit verschiedenen Organen herumspielte. Anschließend packte er die Reste in Plastiktüten und vergrub die Leichen im Grunewald. Immer mehr Opfer in immer kürzeren Abständen hatte Martin gebraucht. Sein Zwang zum Töten war eskaliert. Schließlich war er wegen achtfachen Mordes angeklagt worden, und als man ihn fragte, was er für eine angemessene Strafe hielt, erwiderte er: »Tod durch Folter.«
Max kannte die Abgründe der menschlichen Seele, das Böse – und er fand von Zeit zu Zeit selbst Gefallen daran. Doch er wusste um diese Problematik, denn er war intelligent genug, um Dinge objektiv analysieren zu können. Er wusste, warum er so war und was ihn dazu gemacht hatte. Und manchmal, wenn er in den Spiegel sah, blickte der Abgrund zurück.
Jetzt aber öffnete er die schwere Eichentür, die zum SM-Stu dio der Agentur führte und sich im Keller der Villa befand. Dort gab es diverse SM-Möbel, einen Strafbock, ein Andreaskreuz und einen Gynäkologenstuhl, aber auch ein hartes Eisenbett, Stühle und einen Tisch. Darüber hinaus warteten in einem Schrank Peitschen, Gerten, Klemmen, Gewichte und Ketten und einiges mehr auf ihren Einsatz am lebenden Objekt. Einige Male hatte er hier unten schon seine dunklen Seiten ausgelebt.
In diesem Moment erblickte er sie: Sheyla, seine heutige Sklavin. Sie war so schön wie auf den Fotos. Ihr Gesicht sah er allerdings auch heute Abend nicht. Sie trug eine schwarze Ledermaske, die nur den Blick auf ihre Augen und ihren rot geschminkten Mund freigab.
So waren die ungeschriebenen Regeln. Nur mit einem Lederkorsett und mit Strapsen bekleidet, die am Korsett befestigt waren, saß sie auf einem Eisenbett in der Mitte des Raumes. Ihre Beine hatte sie weit auseinandergespreizt – wie auf dem Foto, das ihn so erregt hatte.
Er zog sich aus, legte sein Lederhalsband an und streifte die langen Lederhandschuhe, die er mitgebracht hatte, über. Dann befahl er ihr, sich auf den Rücken zu legen. Mit wenigen Handgriffen hatte er die ledernen Riemen zum Fixieren um einen ihrer Knöchel gebunden, dann war der andere dran. Als Nächstes band er ihre Handgelenke fest, sodass sie noch etwa dreißig Zentimeter Spielraum zwischen ihren Händen hatte.
»Ich möchte etwas unter deinen Körper legen, also nimm jetzt den Arsch hoch und dann den Rücken«, befahl er ihr.
Als er damit fertig war, waren ihre Knöchel ähnlich miteinander verbunden wie ihre Hände, nur mit mehr Spielraum.
Sheyla räkelte sich scheinbar lustvoll und geil. Immer wieder kam ein Stöhnen über ihre Lippen, das ihn anmachte.
Zuerst knotete er das Band, das er unter ihren Körper geschoben hatte, mittig zwischen ihre Armfessel, dann ging er an das Fußende des Bettes und zog mit dem Band unter ihr die Hände seitlich neben ihren Kopf.
Jetzt winkelte er ihre gespreizten Beine an und machte seinen letzten, festen Knoten an der Verbindung der Beinfessel. Sheylas Bewegungsfreiheit war jetzt erheblich eingeschränkt.
Er sprach nur das Nötigste mir ihr und genoss dieses Spiel um Macht und Ohnmacht, um Nähe und Distanz, um Hingeben und Annehmen umso mehr, je mehr sie ihre Lust herausließ und die Kontrolle über sich und ihren Körper zu verlieren schien.
Das war es doch, was er wollte: Sie zu etwas zu bringen, das sie sich nie hätte
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