Die Lust des Bösen
hatten hin und wieder Kontakt, wenn wir eines unserer Incentives organisierten, mit denen wir unsere Angestellten motivieren und belohnen.«
»Sie meinen, die Lustreisen, von denen wir in den letzten Wochen immer wieder in der Presse lesen durften?«
»Wenn Sie so wollen«, räumte Korder ein. Hofmann musste aufpassen, dass er sich nicht gleich übergab. Sein Gegenüber war ein selbstverliebter, überheblicher, aalglatter Macho. Nein, sogar noch weniger als das: eine leere Hülle, nichts als Fassade, und keine Gefühlsregung drang nach außen.
»Bitte sagen Sie mir genauer, wann Sie zuletzt mit Hannah Hausmann zu tun hatten.«
»Hannah Hausmann? Ja, der Name sagt mir etwas. Vermutlich eines der Mädchen.«
»Hier ist ein Foto, falls Sie vergessen haben, wie die junge Frau aussah.« Die Sie gevögelt haben – wollte er ergänzen, behielt es dann aber doch für sich.
Korder warf einen verächtlichen, flüchtigen Blick darauf. »Die Damen, müssen Sie wissen, trugen bei unseren Incentives immer rote und gelbe Bändchen am Handgelenk. Es gab auch wenige mit weißen Stoffstreifen, die jedoch den Vorständen vorbehalten waren – sowie den Besten der Besten, den sogenannten Top Ten. Die Aufgabe der zahlreichen Frauen an diesen geselligen Abenden bestand nicht darin, den Mitarbeitern Drinks an den Pool zu bringen, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
Hofmann nickte und kämpfte weiter gegen seine Übelkeit.
»Etwa fünfzehn Frauen waren an dem Abend, von dem Sie sprechen, dabei. Ich kann mich also unmöglich an jede einzelne von ihnen erinnern. Die farbigen Bändchen an den Handgelenken haben zur Unterscheidung zwischen Hostessen und – nun ja, jenen Damen gegolten, von denen Sie sprechen.«
»Sie meinen, den Prostituierten?«
Der Manager nickte und hielt dem durchdringenden Blick des Kommissars stand. Keine Regung war in diesem maskenhaften Gesicht zu erkennen. Manchmal schien es, als ob seine Mundwinkel zuckten. Sein Oberkörper blieb ruhig, nahezu unbewegt, nur seine Füße wippten und verrieten seine Nervosität.
»Der Alkohol floss reichlich«, fuhr Korder fort, »und die Gäste konnten sich zudem mit den Damen auf mit creme farbenen Voilestoffen verhängte Himmelbetten zurückziehen. Dazu gab es auch Live-Darbietungen.«
»Gehen ich recht in der Annahme, dass Sie von Live-Pornos sprechen?«
Der Manager machte eine gönnerhafte Handbewegung.
»Aber wie gesagt, ich kann Ihnen beim besten Willen nicht sagen, wer von unseren Gästen mit der besagten Dame in welchem der Himmelbetten verschwunden ist.«
»Wenn Sie es mir nicht sagen können, muss ich Sie bitten, mir eine Liste mit den Gästen zu erstellen, die an jenem Abend auf ihrem Incentive anwesend waren. Dann werde ich wohl alle einzeln befragen müssen«, entgegnete Hofmann kühl und gelassen.
»Nein, das können Sie nicht! Was glauben Sie eigentlich, wer wir sind? Die Anka ist ein international renommiertes Unternehmen; wir können uns nicht noch mehr schlechte PR leisten.«
»Daran hätten Sie denken sollen, bevor Sie Ihre Incentives organisiert haben!« Der Kommissar stand auf. Ihm reichte es. »Dann werde ich in ein paar Stunden mit einigen Kollegen aus dem Wirtschaftsdezernat und einem Durchsuchungsbeschluss wiederkommen.«
»Gut, Herr Hofmann«, lenkte der Manager unvermittelt ein, »ich sehe, Sie sind wirklich hartnäckig. An jenem Abend, aber es muss unter uns bleiben, hatte ich Kontakt mit der fraglichen Dame.«
»Sie meinen«, präzisierte Hofmann, der stehen geblieben war, »Sie hatten Sex mit ihr?«
»Nun, es ist zu einem gewissen körperlichen Kontakt gekommen. Bitte ersparen Sie mir weitere Peinlichkeiten und Details.«
E s regnete in Strömen, als Hofmann am nächsten Tag die Escort-Agentur Lovebird betrat – eine alte, renommierte Agentur im Herzen von Berlin-Charlottenburg. Sie lag in einem prachtvollen Altbau aus der Gründerzeit mit weißer Fassade, Stuckdecken und einer wunderschönen Eingangstür aus Holz mit Intarsien wie Engeln und Tiergestalten.
Er ging über den vertrauten roten Teppich hinauf in den ersten Stock. Wie oft er schon hier gewesen war, wusste er nicht mehr. Als er klingelte, wurde er von einer freundlichen Dame mittleren Alters, die er bisher hier noch nie gesehen hatte, empfangen.
»Frau Dr. Veith wird gleich Zeit für Sie haben. Bitte nehmen Sie Platz. Darf ich Ihnen einen Kaffee oder einen Tee bringen?«
»Einen grünen Tee bitte«, antwortete er.
Kaffee vertrug er einfach nicht, da rebellierte
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