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Die Lutherverschwörung

Die Lutherverschwörung

Titel: Die Lutherverschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Born
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etwas gesagt.«
    »Ich hatte gehofft, dass du es von selbst merkst; dass du dir Ähnliches wünschst.« Hanna stand auf. »Jetzt habe ich es dir gesagt. Denk darüber nach!«
    »Hanna!«
    Sie drehte sich um.
    »Mit dir … Das ist anders als mit Anna. Du bist für mich mehr wie eine … Seelenverwandte.«
    Hanna sagte nichts, drehte sich hastig um, stieß gegen eine der Mägde, entschuldigte sich und war so schnell aus der Küche verschwunden, dass er sie nicht aufhalten konnte.
    Jost fühlte sich plötzlich ganz schlecht. Er stand auf, ging zum Tisch und nahm einen der Teller, auf dem mittlerweile außer dem Schinken weitere Wurstscheiben lagen. Er griff nach zwei Brotscheiben und legte sie darauf. »Ich gehe zu Luther«, sagte er. »Mehr als rausschmeißen kann er mich nicht.«
    Jost ging mit dem Teller die Treppe hinauf und klopfte gegen die Tür zur Kammer: Luther schimpfte, man solle ihn in Ruhe lassen.
    »Ich bin es, Jost.«
    Also gut, er solle hereinkommen.
    Jost öffnete die Tür und betrat die Kammer. Auf dem Tisch brannte eine Kerze, Luther saß auf dem Bett, die Ellbogen auf die Oberschenkel gestützt und das Gesicht in den Händen vergraben. Er hob den Kopf und runzelte die Stirn, als er den Teller sah. »Fängst du auch noch damit an? Ich kann nichts essen.«
    Jost stellte den Teller auf den Tisch. »Dies ist der falsche Zeitpunkt zum Fasten«, sagte er. »Du hast einen harten Tag hinter dir und wirst morgen all deine Kräfte benötigen.«
    »Kräfte? Wovon redest du?«
    Jost war entsetzt über die Müdigkeit in Luthers trüben Augen und darüber, wie monoton seine sonst lebhafte Stimme klang. Er zog einen Stuhl herbei und setzte sich ihm gegenüber.
    »Ich bin dankbar, dass du mir die vielen Leute vom Hals hältst«, murmelte Luther. Obwohl er nahe bei ihm saß, hatte Jost Mühe, ihn zu verstehen.
    »Was ist geschehen?«, fragte Jost. »Warum der Aufschub? Ist das eine juristische Sache? War das mit Hieronymus Schürf so abgesprochen?«
    Luther schüttelte den Kopf. »Gar nichts war abgesprochen, nein, das hat mit Schürf nichts zu tun, ich kann es dir selbst nicht recht erklären. Die Situation war völlig anders als erwartet. Ich hatte mit der Möglichkeit gerechnet, Argumente auszutauschen und ausführlich Stellung zu nehmen, ähnlich wie bei einer Disputation. Aber darum ging es überhaupt nicht. Man hat mich den weiten Weg nach Worms machen lassen, nur um ein einziges Wort zu sagen. Willst du deine Schriften widerrufen: ja oder nein? Ich fühlte mich wie vor den Kopf gestoßen. Darauf war ich nicht vorbereitet.«
    »Was wirst du morgen tun?«
    »So einfach sollen sie es nicht haben. Ich werde eine kleine Rede vorbereiten, und dafür brauche ich die Bedenkzeit.«
    Jost nahm den Teller vom Tisch und hielt ihn Luther hin. »Dann iss endlich etwas, damit dir gute Gedanken kommen.«
    Zu Josts Überraschung nahm Luther den Teller entgegen und stellte ihn auf seine Oberschenkel. Er griff nach einem Stück Schinken. Vielleicht war er einfach zu müde, um noch länger zu widersprechen. Zunächst aß er zögerlich, aber dann putzte er mit einem wahren Heißhunger den ganzen Teller leer.
    Jost habe ihm einen Gefallen getan, sagte er schließlich, er fühle sich schlagartig besser. »Meine Mutlosigkeit ist wie weggeblasen. Was so ein wenig Brot und Wurst bewirken können. Man sollte diesen einfachen Dingen einen Altar errichten!«
    Jost lachte. »Weißt du, dass das schon immer mein großer Traum war: einen Altar stiften.«
    »Meinst du das im Scherz?«
    »Nein, das ist mein völliger Ernst. Natürlich besitze ich das Geld nicht, aber falls ein Wunder geschehen sollte und ich es eines Tages zu Reichtum bringe, dann würde ich einen Altar stiften. Er würde sicher mehr als tausend Gulden kosten, denn ich weiß von einem Altar in Nürnberg, der mir gefiel, dass er eintausendvierhundert Gulden kostete. Ich hätte auch schon einen Namen.«
    »Wie soll er heißen?«, fragte Luther.
    »Der Kains-Altar. Das Gemälde würde aus drei Teilen bestehen: auf dem linken Flügel die Geschichte von Kain und Abel, wie sie Gott ihre Opfer darbringen; im Mittelteil der Brudermord; rechts Kains Flucht, das Zeichen auf seiner Stirn, die Nachkommen. Das zentrale Stück aber ist der Brudermord. Ich habe nicht nur einmal getötet, sondern vielmals . Um die Wahrheit zu sagen, so weiß ich nicht genau, wie viele Menschen ich getötet habe. Sicher, es ist mein Beruf, man kämpft immer im Auftrag eines anderen, Söldner lassen sich nicht

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