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Die Macht der Angst (German Edition)

Die Macht der Angst (German Edition)

Titel: Die Macht der Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon McKenna
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gutem Beispiel vorangegangen ist«, plapperte Des munter vom Podium. »Und er hat die Latte hoch gelegt. Nicht nur in Bezug auf seine innovativen Geschäftspraktiken, seine grundsolide Arbeitsethik und seinen gesunden Menschenverstand, sondern auch, weil er so verflucht elegant ist. Eben ein Mann von Weltklasse. Begrüßen Sie mit mir Charles Parrish!«
    Desmond Marr legte das Mikrofon zur Seite und applaudierte enthusiastisch.
    Edies Vater verrieb die Weinspritzer auf seinem Smoking, dann musterte er sie mit einem Blick, der sie innerlich vor Kälte erstarren ließ. Sie biss sich auf die bebende Unterlippe. Was war bloß über sie gekommen? Und sie hatte geglaubt, zuvor in einer Hundehütte angekettet zu sein.
    Edie starrte hinauf in Desmonds grinsendes Gesicht. Sie hatte ihn nie leiden können, obwohl sie ihn seit einer Ewigkeit kannte. Sie waren zusammen auf der Oase gewesen, allerdings hatte er zu der coolen Gang gehört, war einer von Dr. Os Lieblingen gewesen. Sie war damals vierzehn, eine graue Maus, eine Außenseiterin. Die sich verzweifelt an jeden anderen Ort gewünscht hatte.
    Seit sie sich erinnern konnte, war Des Marr als der perfekte Nachkomme angepriesen worden. Gut aussehend, athletisch, gesellschaftlich gewandt. Raymond, der Helix zusammen mit Charles Parrish gegründet hatte, konnte sich glücklich schätzen. Mit dreiunddreißig stand Des im Begriff, Raymonds Platz zu übernehmen und ein Firmenimperium zu leiten, das Milliarden wert war. Nein, er hechtete nicht in aller Öffentlichkeit auf Tische, verschüttete Wein und stieß düstere Prophezeiungen aus.
    Man konnte Des keine Schuld daran geben, dass er Edie seit Jahrzehnten in einem schlechten Licht dastehen ließ. Trotzdem mochte sie ihn nicht, und sie konnte ihre Abneigung sogar begründen. Es hatte damit zu tun, wie er die Leute ständig mit Namen ansprach. Er hatte zu viele Personalmanagement-Seminare besucht. Sie bekam davon Gänsehaut.
    Edie spürte Evelyns und Tanyas Blicke auf sich und lenkte ihre Aufmerksamkeit zurück auf die Gegenwart. Man erwartete von ihr, ihren Vater zu beklatschen, aber sie war völlig in ihrer Gedankenwelt verloren gewesen.
    Sie applaudierte, bis ihre Hände brannten, und lächelte, bis ihr das Gesicht wehtat. Ihr Vater hatte den Saal bereits halb durchquert, als er plötzlich langsamer wurde und schließlich ganz stehen blieb. Er schwankte leicht, und auf seiner Stirn glänzte ein dünner Schweißfilm.
    Der Beifall flaute ab, wartete auf das nächste Stichwort.
    Desmond schnappte sich das Mikrofon und wandte sich wieder ans Publikum. »Jetzt kommt das, worauf wir alle gewartet haben … ein paar geistreiche und weise Worte von unserem Ehrengast! Komm herauf, Charles! Wir warten auf dich!«
    Der Applaus schwoll wieder an. Charles klammerte sich an einer Stuhllehne fest, als traute er sich nicht, sie loszulassen. Furcht wallte in Edies Brust auf. Sie sprang auf die Füße.
    Der böse Blick ihres Vaters veranlasste sie, sich augenblicklich wieder hinzusetzen. Ronnie fasste nach ihrer Hand und drückte sie. Ihre Augen waren groß und besorgt.
    Seine Rage über seine impulsive Tochter schien ihm den nötigen Fokus zu geben. Er begann, sich seinen Weg zwischen den Tischen hindurch zu bahnen. Des klatschte munter weiter, aber ihr Vater brauchte so lange bis zum Podium, dass der allgemeine Applaus ein weiteres Mal abflaute und von Getuschel ersetzt wurde.
    Edie verspürte ein Prickeln im Nacken und drehte sich um. Der Blick des asiatischen Kellners glitt so schnell zur Seite, dass sich unmöglich bestimmen ließ, ob er sie tatsächlich angestarrt hatte. Sein blauschwarzer Pferdeschwanz schimmerte im Licht der Kronleuchter, als er sich entfernte. Doch die Wahrnehmung dauerte an; es kam Edie vor, als brannten seine Augen Löcher in ihre Haut. Sein Interesse fühlte sich nicht freundlich an.
    »… geehrt, hier zu sein, alte und auch neue Freunde zu begrüßen.« Ihr Vater krampfte die Hände um das Rednerpult, seine Lippen bewegten sich tonlos. Ihr weltmännischer, sprachgewandter Vater, der nie um Worte verlegen war. »Äh … vielen Dank für deine freundlichen Worte, Desmond. Sie … sie bedeuten mir umso mehr, als ich dich schon kenne, seit du ein rebellischer Teenager warst.«
    Höfliches Gelächter schallte durch den Saal. Charles Parrish wischte sich über die Stirn. »Ich hatte das Privileg, dich … aufwachsen und zu einem Mann heranreifen zu sehen.« Er sackte über dem Mikrofon zusammen. Spekulatives Gemurmel

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