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Die Macht der Angst (German Edition)

Die Macht der Angst (German Edition)

Titel: Die Macht der Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon McKenna
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erhob sich.
    Desmond legte ihm die Hand auf die Schulter. »Charles? Ist alles in Ordnung?«
    »Ja. Mir geht es …
gut
.« Parrish schüttelte Desmonds Hand ab und straffte die Schultern. »Es wird mir schwerfallen, die wunderbaren … Menschen in diesem außergewöhnlichen Unternehmen zu verlassen. Wir sind aneinander gewachsen, haben vieles gemeinsam bewirkt. Aber ich … ich, ah …« Er verstummte und presste eine Hand an die Kehle, als versuchte er krampfhaft zu schlucken.
    »Was ist denn, Charles«, erkundigte sich Desmond. »Fehlt dir etwas?«
    Die Finger um die Kehle gekrampft, rang ihr Vater nach Luft.
    »Ach du liebes bisschen«, murmelte Evelyn. »Was um alles in der Welt hat das zu bedeuten?«
    Marta schoss von ihrem Stuhl und schlug die Hand vor den Mund. »Charles?«
    Edie wollte ebenfalls aufspringen, aber Tanya und Evelyn zerrten sie wieder nach unten. Sie hatte ihren Vater noch nie so verändert gesehen. Er gönnte sich bei gesellschaftlichen Anlässen nie mehr als ein Glas Wein, sich seines Herzens, seiner Arterien, seines Taillenumfangs und nun auch noch seiner dreißig Jahre jüngeren Freundin stets bewusst. Und natürlich seines immensen Kontrollwahns.
    Er gab ein ersticktes Geräusch von sich und kippte nach hinten. Des fing ihn mit einem alarmierten Ausruf auf und bettete ihn vorsichtig auf den Boden.
    Er nahm ihm das Mikrofon aus der Hand. »Ist zufällig ein Arzt anwesend?«, rief er. »Falls ja, kommen Sie bitte sofort hier herauf!«
    Im Saal brach hektisches Gewusel aus, alarmierte Rufe ertönten, Sicherheitsleute und in Smokings gewandete Ärzte, die eigentlich Gäste der Veranstaltung waren, schwärmten auf das Podium. Auch Marta stürzte sich ins Getümmel. Ronnie brach in Tränen aus, dann stolperte sie hinter ihr her.
    Edie reckte sich auf die Zehenspitzen, um über fremde Schultern hinwegzuspähen. Sie war wie erstarrt. Irgendetwas entging ihr, und sie konnte sich nicht rühren, ehe sie nicht wusste, was es war. Es war wichtig. Und greifbar.
    Zum Beispiel ihre Chance, den Tumult zur Flucht zu nutzen? Bevor sich die Schlinge um ihren Hals zuziehen konnte?
    Renn! Das ist die Gelegenheit.
    Stopp. Ihre Augen fixierten das Weinglas ihres Vaters. Das Kerzenlicht reflektierte sich weich in dem Kelch. Es befand sich noch immer ein Fingerbreit des blutroten Burgunders darin. Der asiatische Kellner fasste nach dem Glas.
    Edies Hand schoss vor und schloss sich um den Stiel. Der Kellner legte seine um den Kelch. Wein spritzte auf beide Hände.
    »Verzeihung?« Der Mann bedachte sie mit einem Lächeln, das ausdrückte:
Was bilden Sie sich eigentlich ein, Lady?
»Dürfte ich das bitte mitnehmen?«
    »Nein, schon gut«, antwortete Edie. »Ich möchte es behalten.«
    Er schien verwirrt. »Aber ich werde Ihnen ein frisches –«
    »Nein, ich behalte es«, wiederholte sie. »Machen Sie sich keine Mühe. Lassen Sie es einfach hier.«
    »Edie! Was ist denn bloß in dich gefahren?«, zischte Evelyn.
    Ihr Blick mit dem des Kellners verkeilt, zog Edie weiter an dem Glas.
    Da ließ er los. Wein schwappte in einem langen, verhängnisvollen Bogen heraus und ergoss sich über Tanyas blaues Chiffonkleid. Sie kreischte.
    »Ich behalte es.« Edie tunkte ihre Damastserviette in das Glas und ließ sie etwas von dem Burgunder aufsaugen. »Der Wein muss analysiert werden.«
    »Du bist diejenige, die analysiert werden muss, Edith! Lass das Glas stehen, damit wir zu deinem Vater gehen können!«, giftete Evelyn. »Oder sollen die Leute denken, Marta wäre die Einzige, die sich um ihn sorgt?«
    Wen kümmert es schon, was die Leute denken?
Mit den Jahren hatte Edie die nötige Einsicht entwickelt, diesen Gedanken nicht laut auszusprechen. Sie schob das Glas mitsamt der weingetränkten Serviette in ihre Handtasche und verstaute diese unter dem Tisch, bevor sie ihrer Tante hinterhereilte.
    Bis es ihnen endlich gelungen war, sich durch die Menge zu zwängen, lag ihr Vater bereits auf einer Krankentrage. Er war bewusstlos und hatte eine Sauerstoffmaske über dem Gesicht. Mit königlicher Würde harrte Marta neben ihm aus. Sie informierte Evelyn und Edie, dass sie Charles im Krankenwagen in die Klinik begleiten würde, da nur eine Person mitfahren könne. Die anderen sollten zusehen, wie sie selbst dorthin gelangten, so sie denn Wert darauf legten.
    Tante Evelyn schäumte vor Wut über ihre Anmaßung, aber Edie hatte nicht die Zeit für verletzte Gefühle. Sie nahm Ronnie bei der Hand und lief zurück zum Tisch, um ihre

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