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Die Macht der Angst (German Edition)

Die Macht der Angst (German Edition)

Titel: Die Macht der Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon McKenna
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sie nannte ihn Kev.«
    Das gab Sean den Rest. Obwohl er schon vorher überzeugt gewesen war, hatte er nun das Gefühl, in einen Abgrund zu stürzen, tiefer und immer tiefer. Liv schlug die Hände vor den Mund. Ihr Gesicht war leichenblass.
    Dieser Mistkerl. Also nannte er sich Kev. Er benutzte noch immer seinen eigenen Namen. Dann wusste er, wer er war. Woher er kam.
    Hatte er je an seine Brüder gedacht? Offensichtlich nicht. War ihm je in den Sinn gekommen, wie oft sie bestimmt an ihn dachten? Hatte sich sein Spatzenhirn gelegentlich mit dieser Frage befasst?
    Das war ein grausamer Schlag ins Gesicht. Zornig und verletzt über Kevs Verhalten zu sein, blinde Wut und Rachedurst zu empfinden, das war noch schlimmer, als ihn zu vermissen und um ihn zu trauern.
    Wie hatte er wirklich glauben können, gegen jeden Schmerz, den diese Suche ihm zufügen konnte, gewappnet zu sein? Es gab immer ein noch tieferes Loch, in das man stürzen konnte, immer noch schlimmere Seelenpein, die es zu erdulden galt. Langsam presste er den angehaltenen Atem zwischen den Zähnen heraus, dann zwang er Gleichgültigkeit in seine Stimme. »Hat er seinen Nachnamen erwähnt?«
    Jamal war der plötzliche Stimmungsumschwung nicht entgangen. Seine Augen waren geweitet, als er den Kopf schüttelte und zur Tür zurückwich.
    »Oder wo er wohnt?« Sean versuchte, seinen militärischen Befehlston abzuschwächen, doch es gelang ihm nicht. Der alte Griesgram Eamon sprach aus seinem Mund.
    Jamal antwortete mit einem weiteren schnellen, nervösen Kopfschütteln. Na toll. Eine Spur, die nirgendwohin führte, außer vielleicht in die Psychiatrie.
    »Jamal«, wandte Liv sich beschwichtigend an den Jungen. »Weißt du von anderen Personen, die diesen Kev kennen könnten?«
    »Sie meinen, außer Edie?«
    Liv lächelte ihn ermunternd an. »Genau. Denn Edie ist im Moment nicht hier, und wir wissen nicht, wo sie steckt. Also, gibt es da noch jemanden?«
    Jamal dachte nach. »Na ja, Valerie hat ihn kennengelernt, aber sie sitzt gerade im Kittchen. Fade hat ihrem abartigen Freier die Fresse poliert. Der Wichser hat sie beschissen und sie dann auch noch verprügelt! Aber Fade hat ihm mächtig in die Eier getreten!« Jamal imitierte eine Abfolge von Fausthieben und Tritten. »Wusch! Zack! Dieses verfluchte Schwein.«
    »Wie schrecklich für die arme Valerie«, sagte Liv mitfühlend. »Sonst noch jemand?«
    Jamals Miene hellte sich auf. »Vielleicht wissen die Leute von ANY PORT etwas! Das ist dieses Asyl, unten in der Stark Street. Fade hat ihnen eine Menge Kohle gegeben. Die können Ihnen vielleicht weiterhelfen. Er hat Valerie dort hingebracht, weil sie genäht werden musste.«
    Sean und Liv wechselten einen Blick. »Wo ist dieses Asyl genau?«, fragte er.
    »Ich werde Sie hinbringen«, erbot Jamal sich eifrig.
    Nachdem sie die Tür von Edie Parrishs verwüsteter Wohnung hinter sich geschlossen hatten, folgten sie Jamal, der wie ein Gummiball die Treppe hinunterhüpfte. Sean entriegelte den Wagen und beobachtete verdutzt, wie Jamal es sich bereits auf der Rückbank gemütlich machte, während er von realen Superhelden plapperte, die den bösen Jungs die Scheiße aus dem Leib prügelten. Sean glitt auf den Fahrersitz, dann stieg auch Liv ein. Sie sahen sich an.
    »Äh, Jamal«, setzte er an. »Bist du sicher, dass du im Auto von Fremden mitfahren solltest? Das ist nicht wirklich klug, wie dir bestimmt bewusst ist.«
    »Sie sind kein Fremder! Immerhin sind Sie Fades Bruder!«
    »Könntest du rasch nach oben laufen und deine Mutter um Erlaubnis fragen?«, schlug Liv vor. »Ich an ihrer Stelle würde Bescheid wissen wollen.«
    »Der ist das egal.« Jamals Lächeln wich einem Ausdruck von Niedergeschlagenheit. »Meine Mutter schläft. Sie arbeitet nachts.«
    »Ach so.« Sean trommelte mit den Fingern aufs Lenkrad. »Na schön. Wie steht’s mit deinem Vater?«
    Jamal rollte die Augen und zog die Tür zu. »Das soll wohl ein Witz sein.«
    Sean seufzte. »Dann schnall dich wenigstens an. Und schwöre mir bei den Seelen sämtlicher Superhelden aller Zeiten, dass du niemals wieder in ein fremdes Auto steigen wirst. Hast du verstanden? Versprichst du es?«
    »Klar, kein Problem«, antwortete Jamal.
    Sein lässiger Ton zog einen Vortrag von Sean und Liv über die Gefahren, die von Fremden ausgingen, nach sich, der die gesamte, nicht allzu lange Fahrt andauerte und den Jungen in eine schmollende Verteidigungshaltung drängte. Doch seine gute Laune kehrte schlagartig zurück,

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