Die Macht der Angst (German Edition)
Blick erkannt hatte.
Fehlende Wachsamkeit kann dich das Leben kosten
. Zu spät. Der Mann beugte sich nach unten, bis sein Gesicht nur Zentimeter über Kevs schwebte. Er bleckte die Zähne. Genoss es. »Du hast ihm die Injektion verpasst?«, fragte er Cheung.
»Natürlich«, antwortete sie. »Er wird eine halbe Stunde außer Gefecht sein. Mach schnell.«
Der Kerl zog sich Latexhandschuhe über, dann brachte er eine Sprühflasche und ein Stück Fensterleder zum Vorschein und fing an, die Außenseiten der Koffer, die Kev aus Cheungs Wagen geholt hatte, abzuwischen. Er nahm Kevs steife, gefühllose Hände und drückte sie überall auf die Oberfläche, besonders auf die Griffe und die Sperrvorrichtungen. Er gab den Zahlencode ein und öffnete einen der Koffer.
Kevs Magen sackte ins Bodenlose. Ein Scharfschützengewehr. Eine Arctic Warfare Super Magnum. Zerlegt und in einen Koffer gepackt. Der Mann nahm ein Schmidt & Bender PM - II -Zielfernrohr heraus und verteilte Kevs Fingerabdrücke darauf. Anschließend presste er Kevs taube Finger auf mehrere .338-Lapua-Magnum-Patronenhülsen. Er legte den inneren Auslösemechanismus frei und verewigte Kevs Abdrücke auch darauf. Dann auf dem Schaft, dem Lauf, dem Zweibein, der Zielvorrichtung, dem Schloss, dem Abzug. Überall.
Die beiden heckten irgendein furchtbares, abgekartetes Spiel aus. Sie drückten seine Hände auf alle möglichen Objekte, aber Kev konnte nicht mehr klar sehen, und seine Finger waren zu gefühllos, um sie mittels Berührung zu identifizieren. Er driftete allmählich davon.
Dann packte ihn der Kerl am Hemdkragen und zerrte ihn hoch. »Ich hab noch ein Hühnchen mit dir zu rupfen, Narbenfresse«, knurrte er. »Dies ist die Rückzahlung für vorgestern Nacht.« Er rammte Kev das Knie zwischen die Beine.
Kreischender Schmerz explodierte in seinen Hoden, dann stürzte er in die Finsternis.
24
»Du bist sicher, dass das die richtige Adresse ist?« Liv betrachtete das unansehnliche, mit Maschendraht eingezäunte Gebäude auf der North East Helmut Street, das der Nieselregen noch abweisender wirken ließ. An einem überquellenden Müllcontainer lehnte eine Matratze. Ein Hund mit knochigem Hinterteil durchstöberte eine Ansammlung von Müllsäcken. »Charles Parrishs Tochter soll hier wohnen?«
Sean zog ein weiteres Mal die Ausdrucke zurate, die Davy ihm mitgegeben hatte. »Zumindest steht das hier.«
»Aber habt ihr nicht behauptet, Parrish sei Milliardär?«
Sean zuckte mit den Schultern. »Apartment 4F.« Er musterte ihren Bauch. »Vierter Stock. Normalerweise würde ich vorschlagen, dass du im Auto wartest, aber nicht in dieser Gegend. Wie wäre es, wenn ich dich zurück zum Hotel bringe?«
»Träum weiter«, fuhr Liv ihn an. »Lass uns reingehen.«
Sean blieb dicht hinter ihr, als sie durch das Tor traten und sich an den Treppenaufstieg machten, und passte sein Tempo ihren langsamen Schritten an. Schon im zweiten Stock atmete sie schwer. Er versuchte, ihren Arm zu nehmen, um sie zu stützen, aber sie wehrte ihn ab und schoss ihm einen ihrer blitzenden Amazonen-Blicke zu. »Markier nicht den Beschützer. Mir geht es
bestens
.«
»Ich markiere nicht den Beschützer«, antwortete er gekränkt. »Ich bin einfach nur ein galanter, aufmerksamer, liebevoller, einfühlsamer Mann.«
Liv schnaubte vielsagend.
»Wäre dir ein grunzender Neandertaler lieber? Jetzt leg mal ’nen Zahn zu, Puppe, und wenn du schon dabei bist, kannst du auch diese Kiste Bier nach oben tragen, aber pronto?«
»Du hast den Beschützer markiert«, sagte sie schnippisch.
»Nein. Denn das würde dann so aussehen.« Er hob sie schwungvoll auf die Arme und drückte sie an sich, während sie kichernd strampelte. »Bei Scarlett und Rhett hat es jedenfalls funktioniert.«
»Scarlett hatte einen Taillenumfang von vierzig Zentimetern!«, empörte sich Liv. »Und Scarlett war auch nicht im siebten Monat schwanger! Lass mich runter, bevor du dir noch einen Bruch hebst!«
»Sofort«, sagte er und stieg weiter die Stufen hoch. »Sobald ich dich in den vierten Stock befördert habe. Hier sind wir auch schon, Madame.« Er stellte sie auf die Füße. »Ich versuche nur, mich nützlich zu machen. Mir meine Belohnung zu verdienen.«
»Belohnung? Ha! Welche Belohnung? Provozier mich bloß nicht!«
Sean zog sie an sich und küsste sie, wobei er die Hände um die feste Wölbung ihres Bauchs legte. »Ich will dir diese Bürde doch nur abnehmen, soweit ich es kann«, besänftigte er sie. »Ich
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