Die Macht der Angst (German Edition)
und verpisst euch ein für alle Mal, oder ich erschieße euch. Eure Entscheidung. Ihr habt fünf Sekunden, um einen Entschluss zu fassen. Fünf. Vier. Drei. Zwei –«
»Ich hätte noch einen dritten Vorschlag«, wandte Con ein. »Sie nehmen die Waffe runter und erzählen uns, wo Sie unseren Bruder die letzten achtzehn Jahre versteckt gehalten haben.«
Mit zusammengekniffenen Augen taxierte Tony Cons Gesicht, dann Davys und schließlich Miles’. Ein Ausdruck, der fast wie Angst wirkte, flackerte über sein Bulldoggengesicht. »Was zum Henker …?«, flüsterte er. »Wer seid ihr?«
»Fall nicht darauf rein, Tony«, zischte Bruno. »Das sind die Wichser, die ihn und Edie attackiert haben. Sie waren zu dritt, erinnerst du dich? Und er sagte, dass sie im Kämpfen ausgebildet waren.«
»Jemand hat Kev angegriffen?« Cons Stimme wurde scharf. »Wann? Wieso?«
»Halt deine verfluchte Fresse und kümmere dich um deinen eigenen Scheiß.« Tony riss die Flinte hoch und zielte auf Connor. »Ich weiß, wer ihr seid. Ich warte seit Jahren auf euch. Eamon McCloud hat euch geschickt, nicht wahr?«
Davy und Con verschlug es vor Überraschung die Sprache. Tony fuchtelte mit der Waffe, um sie aus ihrer Trance zu lösen. »Habe ich recht?«, bellte er. »Antwortet, verflucht noch mal!«
Brunos Miene war verwirrt. »Eamon wer? Wer zum Geier ist Eamon?«
Davy fand mit einem heiseren Hüsteln seine Sprache wieder. »Eamon McCloud war unser Vater«, sagte er. »Und auch Kevs Vater.«
Tonys Gesicht verdunkelte sich zu der Farbe einer Aubergine. »Das ist … das ist absoluter Schwachsinn«, stieß er hervor. »Ich weiß über den Mann Bescheid. Ich weiß, was er war, was er getan hat. Ich habe die Geschichten gehört!«
»Dann wissen Sie mehr als wir«, bemerkte Con. »Was für Geschichten?«
»Über McCloud! Darüber, dass er ein Auftragskiller war!«, fuhr der alte Mann auf. »Über seine Trophäensammlung. Augen, Zungen, Hoden! Dass er einem die Kehle durchschnitt, wenn man ihn nur falsch anschaute! Dass er jemandem aus einer Distanz von zweieinhalb Kilometern eine Kugel direkt ins Auge jagen konnte! Seine Morde wurden nie offiziell bestätigt, weil sie in der tiefsten Provinz verübt wurden, trotzdem wusste jeder davon!«
Davy und Con schauten sich an. »Davon wissen wir nichts«, sagte Davy. »Aber es könnte was dran sein. Bis auf die Sache mit den Trophäen. Das war nicht sein Stil. Er sprach nicht über Vietnam. Aber die Erinnerung verfolgte ihn bis zu seinem Tod.«
»Bis zu seinem Tod?« Tony klang, als würde er das als persönliche Beleidigung auffassen. »Was soll das heißen, bis zu seinem Tod? Er ist nicht gestorben! Ich habe mich umgehört, mich informiert, aber mir ist nie zu Ohren gekommen, dass er tot ist! Oder dass er Kinder hat! Davon hat nie jemand ein Wort gesagt!«
»Niemand wusste es«, erklärte Davy. »Unsere Geburten wurden nie in irgendwelchen öffentlichen Registern vermerkt. Genauso wenig wie sein Tod. Wir haben ihn selbst begraben. Kev war damals zwölf.«
Tony guckte Miles einen langen Moment mit schmalen Augen an. »Wer ist dieser Junge? Er ist nicht euer Bruder und auch nicht Kevs. Nicht mit dieser Hakennase.«
Miles zwang sich, das mit seiner typischen Gemütsruhe hinzunehmen. Er hatte gelernt, mit seiner Nase und allem, was dazugehörte, zu leben. »Ich bin nur ein Freund«, sagte er.
Tony nahm die Waffe noch immer nicht runter. »Nennt mir einen vernünftigen Grund, warum ich euch glauben sollte.«
»Ich nenne Ihnen sogar mehr als einen.« Con zog einen Umschlag aus der Tasche und schüttelte die Fotos heraus, die er von seinen Wänden genommen hatte, bevor sie an diesem Nachmittag aufgebrochen waren.
Tony streckte ihm die Hand entgegen. »Lassen Sie mich sehen.«
Die alte Frau drängte sich näher heran. Bruno spähte über die Schultern der beiden. Die Familienähnlichkeit war frappierend. Sie alle trugen das gleiche zornige, misstrauische Stirnrunzeln zur Schau.
»Das hier wurde kurz vor dem Tod unserer Mutter 1975 aufgenommen«, sagte Con und zeigte darauf. »Die beiden Kleinen sind Kev und Sean, sein Zwillingsbruder. Sie waren vier. Ich kann sie auf diesem Foto nicht auseinanderhalten.«
Die alte Dame schlug eine beringte Hand vor den Mund. »Er ist ein
gemellino
? Wie blond und schnuckelig er war«, gurrte sie.
»Che piccino carino
.
«
»Er hat einen Zwillingsbruder?«, fragte Tony dumpf.
»Sie sind sogar eineiig«, antwortete Con. »Auf diesem Foto waren die beiden acht,
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