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Die Macht der Angst (German Edition)

Die Macht der Angst (German Edition)

Titel: Die Macht der Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon McKenna
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solange er ihn aufrechterhalten konnte.
    Er hatte diesen neuen Bewältigungsmechanismus durch puren Zufall entdeckt. Bruno hatte ihm einen Laptop ins Krankenhaus gebracht, damit Kev, nachdem sie ihn nicht mehr ans Bett fixierten, nicht völlig durchdrehte. Beim Herumspielen war er auf Online-Poker gestoßen. Es hatte einige Überredungskunst erfordert, das Klinikpersonal davon zu überzeugen, dass er nicht ausflippen und sie attackieren würde, wenn sie ihm die Fesseln abnahmen. Er krümmte sich innerlich, wenn er nur daran dachte.
    Online-Poker war das Erste, was ihm geholfen hatte. Es beruhigte seine Nerven und wurde zu dem entscheidenden Faktor, der ihn halbwegs geistig gesund hielt. Kev musste eine dunkle Sonnenbrille tragen, um in den Monitor schauen zu können, trotzdem verstärkte das helle Flimmern seine Kopfschmerzen, aber das war immer noch besser als eine Gummizelle.
    Er hatte tage- und nächtelang gezockt, bis die Ärzte darüber zu debattieren begannen, ihm den Computer wegzunehmen. Nachdem er ihnen klargemacht hatte, dass das keine Option war, hatten sie ihn wesentlich früher entlassen, als es die Krankenhausrichtlinien vorsahen. Die Leute hatten eine Scheißangst vor ihm gehabt.
    Kev konnte es ihnen nicht verübeln. Verdammt, er jagte sich zurzeit selbst Angst ein.
    Sobald er auf seinen Krücken humpelnd das Haus verlassen konnte, hatte er sich auf die Suche nach echtem Poker gemacht. Mit hohen Einsätzen. Gegen erfahrene, ausgebuffte Spieler. Je höher das Niveau, desto besser hatte der Trick für ihn funktioniert. Allerdings zockten diese Typen um gewaltige Summen und hatten ihm eine Weile mächtig in den Arsch getreten. Während Kevs Lernphase war sein Bewältigungsmechanismus ein kostspieliges Unterfangen gewesen.
    Aber heute nicht mehr. Inzwischen gewann er. Fast immer. Um sich deswegen keinen allzu großen Ärger einzuhandeln, frequentierte er einen ganzen Ring verschiedener Clubs.
    Nicht, dass es ihn einen feuchten Dreck interessierte, ob er gewann oder verlor. Das Geld, das er in der Tasche hatte, wenn er heimging, war ein reines Nebenprodukt. Er brauchte das Spiel an sich. Den Strom von Statistiken in seinem Kopf, der die misstönende emotionale Überlastung zum Verstummen brachte. Seine Art zu pokern war für ihn Schmerzmittel, Anxiolytikum und Schlafersatz zugleich. Nach stundenlangen Wahrscheinlichkeitsrechnungen fühlte er sich beinahe ausgeruht.
    Patil war noch immer stinksauer auf ihn. Es stand eine Gerichtsverhandlung an. Aber egal. Der Arzt wollte Geld sehen, um seinen Schock, seine Schmerzen und sein seelisches Leid zu kompensieren, und Kev würde es ihm geben. Natürlich half Geld nicht gegen Schock, Schmerzen oder seelisches Leid. Er musste es wissen, immerhin besaß er jede Menge Kohle, und was hatte sie ihm je geholfen?
    Er hatte sich aufrichtig bei Patil entschuldigt. Bruno hatte den Mann besucht, während er sich von seinen Operationen erholte, und war in Kevs Namen zu Kreuze gekrochen, nachdem man Kev nicht einmal in seine Nähe lassen wollte. Doch Patil hatte sich wenig beeindruckt gezeigt. Vielleicht lag es an seinem zertrümmerten Jochbein und dem ausgerenkten Kiefer. Kev konnte es ihm nachfühlen. Sein Jochbein war ebenfalls zertrümmert, sein Kiefer ausgerenkt gewesen, als Tony ihn gefunden hatte. Er war damals zu stark verletzt gewesen, um sprechen zu können, doch an den Schmerz erinnerte er sich gut.
    So etwas konnte einem Mann schon mal seinen Sinn für Humor austreiben.
    Es war wirklich Pech für Patil gewesen, dass er dem Troll aus Kevs Albträumen so sehr glich.
Nein
. Korrektur. Nicht Albträume.
Erinnerungen
.
    Sie waren weder klar noch besonders hilfreich, trotzdem waren es Erinnerungen. Keine Träume, keine Fantasiekonstrukte, keine Halluzinationen. Da war Kev sich absolut sicher. Wenn sich seinem Sturz von dem Wasserfall, bei dem er halb zermalmt worden war, etwas Positives abgewinnen ließ, dann das. Er hatte nun einen schmalen Steg, der ihn mit seinem früheren Ich verband, und an dem würde er sich festklammern.
    Er ging nicht mehr aus, außer in seinen Pokernächten. Stattdessen verkroch er sich in seiner Wohnung und surfte mit Sonnenbrille und heruntergelassenen Jalousien den ganzen Tag im Internet. Dabei suchte er unter jedem Stein, der sich umdrehen ließ, nach seinen Erinnerungen. Denn nun endlich bestand die klitzekleine Chance, dass er sie tatsächlich finden würde.
    Osterman
. Er hatte einen Namen für das Monster, das ihn in seinen Träumen

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