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Die Macht der Angst (German Edition)

Die Macht der Angst (German Edition)

Titel: Die Macht der Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon McKenna
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der Mann ihm glauben sollte, wollte ihm ums Verrecken nicht einfallen. An das missbilligende Gesicht des Mannes erinnerte er sich hingegen nur zu gut. Eine lange Nase, dünne Lippen, ein verächtlicher Zug um den Mund. Aber nicht an seinen Namen.
    Es machte ihn rasend. Seine vollständige Amnesie war friedvoller gewesen.
    Kev erinnerte sich auch daran, wie Osterman sich an seinem Leid geweidet hatte. Und an einen blonden Mann mit aufgeschwemmtem, rotem Gesicht, der mit von der Partie gewesen war. An eine offene Flamme, die sich seinem Gesicht genähert hatte. Den zischenden Kontakt. Den Schmerz. So viel Schmerz.
    Es gab auch freundlichere Erinnerungen. An einen bärtigen Mann mit zerfurchten, ernsten Zügen. An Jungen. Ein verwittertes Haus im Wald. An einen unbehauenen Holztisch, eine Kerosinlampe. Es wirkte wie eine Szenerie aus einem anderen Jahrhundert. Vielleicht waren es Erinnerungsfetzen an ein früheres Leben. Während der Pionierzeit. Haha. Dieses jetzige Leben war schon rätselhaft genug. Bitte nicht auch noch Verbindungslinien zu früheren Existenzen.
    Konzentrier dich, Holzkopf
. Kev hatte den Faden verloren. Er starrte auf die Karten. Sie schienen zu schweben, sich zu verschieben. Doppelte Bilder, umrahmt von einem hellen Glorienschein. Seine Ohren waren von einem blechernen, misstönenden Klingeln erfüllt. Er konnte die Seifen- und Deodorantgerüche der Männer am Tisch nicht ausblenden. Die Waschmittel, mit denen ihre Klamotten gereinigt worden waren, stachen ihm in die Nase. Zusammen mit den erdigeren Ausdünstungen ihrer Körper, ihrem Schweiß, ihrem Atem. Chilikers’ chronischer Lungeninfekt, der Alkoholdunst, der aus den Poren des Dealers zu seiner Linken strömte. Zigarettenqualm, abblätternde Farbe, Staub. Ein schimmelnder Wasserschaden.
    Der üble Gestank brachte sein Herz zum Pochen wie ein verrottender Zahn.
    Alle warteten darauf, dass er sich aus seiner Gedankenversunkenheit löste und endlich setzte. Chilikers hatte geschoben, Laker ebenso.
    Kev starrte auf die Rückseiten seiner beiden Asse. Er konnte das heute nicht durchstehen. Also würde er einfach draufloszocken wie ein hitzköpfiger Anfänger und zusehen, dass er das Ganze schnell hinter sich brachte. »Siebentausend.«
    Stevens blinzelte. »All-in. Neuntausendfünfhundert.«
    Chilikers’ Blick flackerte zu Stevens. Damit hatte er nicht gerechnet. »All-in, siebzehn fünf«, sagte er, klang jedoch nervös dabei.
    Laker stieg kopfschüttelnd aus.
    Kev zuckte im Geiste mit den Schultern. Scheiß drauf. »Ich calle und gehe All-in.«
    Alle starrten ihn lange Sekunden an. 5, 5 : 1 Pot Odds rechtfertigten statistisch gesehen seinen Einsatz nicht, aber Kev wollte, dass es endlich vorbei war, und das machte ihn unbesonnen. Zornig. Kribbelig. Er gebärdete sich wie ein trotziges Kind.
    »Drei Spieler All-in. Decken Sie auf«, wies der Dealer sie an.
    Kev drehte seine zwei Asse um, dann schaute er nach links. Stevens hatte drei Damen. Chilikers einen Flush.
    »Komm schon, gib mir das Paar«, murmelte Kev.
    Der Dealer legte die Deckkarte weg und drehte einen Herzbuben um.
    Full House. Asse mit Buben. Kev hatte fünfzigtausend Dollar gewonnen. Was für ein Dusel.
    Er schnippte dem Dealer mehrere Fünfzig-Dollar-Chips als Trinkgeld hin, dann marschierte er mit achtundfünfzigtausend und ein paar Zerquetschten aus der Tür. Nicht zu vergessen der Fahrzeugbrief samt den Schlüsseln von Chilikers’ 2007er Volvo, den er ums Verrecken nicht haben wollte, aber egal. Es war mehr als sonst. Meist machte er durchschnittlich zehntausend pro Nacht, aber da spielte er vorsichtiger und bewusster, als er es heute getan hatte.
    Kev humpelte hinaus in die vormorgendliche Stille, wo er Chilikers entdeckte, der mit säuerlicher Miene zu seinem Volvo starrte und eine Zigarette paffte. Das würde seinen entzündeten Lungen definitiv den Rest geben. Kev überquerte die Straße und ging zu ihm. »Hey.«
    Chilikers drehte sich nicht um. »Zwei verfluchte Outs«, sagte er zähneknirschend.
    »Eher sieben. Acht mit Stevens Damen-Vierling«, entgegnete Kev ruhig. »Sie waren der 4 : 1 Favorit. Ich hatte einfach nur Glück.«
    Chilikers murmelte eine Obszönität. »Arschloch«, knurrte er dann. »Sie hatten noch nicht mal die verfluchten Odds für einen Call.«
    »Nein, die hatte ich nicht.« Kev musterte ihn einen langen Moment, dann zog er den Fahrzeugbrief und die Schlüssel aus seiner Tasche und hielt ihm beides hin.
    Der Mann glotzte ihn an. »Sie haben ihn

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