Die Macht der Disziplin
schwächer wird. Und da es sich um eine mühelose Übung handelt, können Sie auf die Kartoffelchipsverzichten und haben immer noch genug Energie, um die nächste Versuchung abzuwehren.
Eine radikalere Variante der Selbstverpflichtung wäre es, die Party ausfallen zu lassen und sich kalorienärmere Freizeitangebote zu suchen – und schlankere Freunde. Was nicht heißen soll, dass Sie Ihren moppeligen Kumpel nicht mehr sehen dürfen – aber es besteht sehr wohl ein Zusammenhang zwischen Ihrem Gewicht und dem der Menschen in Ihrem Bekanntenkreis. Netzwerkforscher haben festgestellt, dass sich dick und dick genauso gern gesellt wie schlank und schlank. 179 Dabei scheint gesellschaftliche Nähe eine größere Rolle zu spielen als räumliche Nähe: Sie nehmen eher zu, wenn Ihr Freund zunimmt, als wenn Ihr Nachbar zulegt. Es ist nicht einfach, Ursache und Wirkung auseinanderzuhalten, denn vermutlich suchen wir auch Menschen, die ähnliche Gewohnheiten pflegen wie wir. Aber genauso verstärken wir natürlich gegenseitig unsere Normen und Standards. Mitglieder von Weight Watchers 180 nehmen unter anderem deshalb ab, weil sie mehr Zeit mit Menschen verbringen, die dasselbe Ziel verfolgen. Dieses Phänomen haben wir schon bei den Rauchern gesehen, die eher mit dem Rauchen aufhören, wenn Freunde und Verwandte mitziehen.
Der Gruppenzwang könnte eine Erklärung dafür sein, warum Menschen in Europa schlanker sind als in den Vereinigten Staaten: Sie halten sich an andere soziale Normen und essen zum Beispiel nur zu festen Essenszeiten. Wenn europäische Sozialwissenschaftler in die Vereinigten Staaten kommen, um in den Campus-Labors das Essverhalten zu studieren, sind sie regelmäßig verwundert, dass sie ihre Tests zu jeder beliebigen Uhrzeit durchführen können: Amerikanische Studenten essen immer und überall. In Ländern wie Frankreich oder Italien kann es jedoch schwierig werden, ein Restaurant zu finden, das außerhalb der Essenszeiten geöffnet ist. Diese sozialen Normen schaffen Gewohnheiten, die Willenskraft durch automatische mentale Prozesse ersetzen. Sie müssen keine bewusste Entscheidung treffen, ob Sie jetzt einen Imbiss zu sich nehmen oder nicht, sondernSie können sich auf Ihren Umsetzungsplan verlassen: Es ist 16 Uhr, also esse ich nichts.
Mit Selbstkontrolle zur Selbstdisziplin
Wie oft sollten Sie sich auf die Waage stellen, wenn Sie abnehmen wollen? Viele Ernährungsberater empfehlen, sich nicht täglich zu wiegen, da das Gewicht schwankt und Sie an Tagen, an denen Sie aus unerfindlichen Gründen zunehmen, frustriert werden könnten. 181 Wenn Sie Ihre Motivation erhalten wollen, so Experten, dann reiche es, wenn Sie sich einmal pro Woche wiegen. Dieser Rat überraschte Baumeister und andere Selbstregulationsexperten, hatten sie in ihrer Arbeit doch nachgewiesen, dass sorgfältige Kontrolle die Selbstdisziplin auf anderen Gebieten verbesserte. Daher führten sie eine langfristig angelegte Untersuchung unter Menschen durch, die abnehmen beziehungsweise nicht wieder zunehmen wollten. Einige der Teilnehmer wogen sich täglich, andere wöchentlich. Dabei stellte sich heraus, dass die Ernährungsberater irrten.
Wer sich täglich auf die Waage stellte, war bei der Gewichtskontrolle effektiver, verfiel seltener in Fressorgien und zeigte keine Anzeichen von Frustration angesichts der täglichen Konfrontation mit der Waage. Bei allen eigentümlichen Herausforderungen, die das Abspecken mit sich bringt, ist eine klassische Strategie noch immer die erfolgreichste: Je sorgfältiger und häufiger Sie sich kontrollieren, umso besser haben Sie sich im Griff. Wenn es Ihnen zu mühsam ist, jeden Tag Ihr Gewicht zu notieren, gibt es inzwischen Waagen, die das für Sie übernehmen. Einige Modelle senden die Tageswerte an Ihren Computer oder Ihr Smartphone, das Ihnen eine Tabelle erstellt.
Selbst einfache Formen der Kontrolle können sehr effektiv sein. Das erkannten Wissenschaftler, als sie einem sonderbaren Phänomen auf die Spur kamen: Warum nehmen Häftlinge zu? An der unwiderstehlichen Gefängniskost kann es jedenfalls nicht liegen, wenn männlicheHäftlinge bei ihrer Entlassung dicker sind als bei ihrer Einweisung. Der Grund, so Brian Wansink von der Cornell University, ist die Tatsache, dass die Häftlinge keine Gürtel und keine enge Kleidung tragen. In ihren Overalls und weiten Hosen bemerken sie nicht, wenn der Bund zwackt oder sie ihren Gürtel um ein Loch weiter machen müssen. 182
Aber Sie können nicht nur
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