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Die Macht der Disziplin

Die Macht der Disziplin

Titel: Die Macht der Disziplin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roy Baumeister
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nicht mehr wahrnehmen. Eine beliebte QS-Anwendung namens Moodscope 92 wurde von einem Unternehmer entwickelt, der mit seiner Depression kämpfte und seinen Zustand überwachen wollte. Er entwickelte eine Anwendung, mit der er täglich einen einfachen Test durchführen und seine Gemütslage bestimmen kann. Damit ist es ihm jedoch nicht nur möglich, sein Auf und Ab zu beobachten, sondern auch nach Mustern und Ursachen zu suchen. Außerdem richtete er eine Option ein, die es ihm ermöglicht, die Ergebnisse automatisch an Freunde zu mailen. Wenn sich seine Stimmung trübt, erhalten seine Freunde eine Nachricht und können sich mit ihm in Verbindung setzen.
    »Elektronische Instrumente und Daten sind nur Katalysatoren, mit denen wir uns und andere motivieren können«, meint Dyson. »Sie müssen das Modell finden, das für Sie am besten funktioniert. Vielleicht verschicken Sie Ihre Werte an Freunde, weil Sie sich vor Ihnen nicht schämen wollen. Oder weil Sie die Mannschaft nicht enttäuschen wollen. Jeder lässt sich durch etwas anderes motivieren.«
    Wenn Sie mit beiden Händen Geld ausgeben, können Sie sich kontrollieren, indem Sie einen knauserigen Freund informieren, sobald Sie auf Einkaufstour gehen. Wenn Sie sich die Muster Ihres Konsumverhaltens ansehen, können Sie die Ursachen verstehen. Tätigen Sie Spontankäufe, wenn Sie gut gelaunt sind und Ihr Wille schwach ist? Oder sind Sie ein zwanghafter Shopper und kaufen, wenn Sie sich niedergeschlagen und unsicher fühlen?
    Wenn ja, dann leiden Sie unter etwas, das Psychologen als Fehlregulierung bezeichnen: die irrige Annahme, dass ein Einkauf als Stimmungsaufhellerwirkt, obwohl Sie sich in Wirklichkeit danach noch schlechter fühlen.
    Aber auch Geizkrägen können von der Selbstbeobachtung profitieren. Extreme Sparsamkeit stellt zwar nicht das schlimmste Problem dar, aber sie ist weiter verbreitet, als man gemeinhin annimmt. Verhaltensökonomen haben herausgefunden, dass etwa 20 Prozent der Bevölkerung von krankhaftem Geiz 93 betroffen sind – mehr als von Verschwendungssucht. Hirnscans konnten den Schuldigen ausfindig machen: eine hypersensible Inselrinde, die nichts mehr erschreckt als der Gedanke, Geld ausgeben zu müssen.
    Dabei handelt es sich um eine Form der Weitsichtigkeit 94 (dem Gegensatz zur Kurzsichtigkeit), das heißt, wir sehen nur die Zukunft und vergessen darüber die Gegenwart. Wer unter übertriebenem Geiz leidet, kann seine Zeit vergeuden, Freunde vor den Kopf stoßen, seine Familie zerstören und sich selbst rundum unglücklich machen. Untersuchungen zeigen, dass Knicker keineswegs glücklicher sind als Geldverschwender und dass sie oft große Reue empfinden, wenn sie an all die verpassten Gelegenheiten zurückdenken. Wenn Ihnen die Schlussbilanz präsentiert wird und Sie nicht nur Ihr Vermögen, sondern Ihr ganzes Leben betrachten, dann wollen Sie nicht daran erinnert werden, dass es im Himmel keine Taschen gibt. Das Ich lässt sich nicht nur in Euro messen.

KAPITEL 6 
DER WILLE LÄSST SICH TRAINIEREN
    Wenn der Körper leidet,
    blüht der Geist auf.
     
    David Blaine
, in Anlehnung an den Heiligen Symeon Stylites d. Ä., ein Asket des 5. Jahrhunderts, der jahrzehntelang auf einer Säule in der Wüste lebte
    I n diesem Kapitel werden wir versuchen, eine wissenschaftliche Erklärung für das Phänomen David Blaine 95 zu finden. Wenn der Mann nicht gerade im Fernsehen seine berühmten Zaubertricks vorführt, betätigt er sich der Ausdauerkünstler in Stunts, die nichts mit Magie zu tun haben, sondern mit nacktem Willen. Im New Yorker Bryant Park stand er beispielsweise 35 Stunden lang ohne jede Sicherheitsvorrichtung auf einer 25 Meter hohen Säule, die einen Durchmesser von gerade einmal 60 Zentimetern hatte. Auf dem Times Square verbrachte er 63 schlaflose Stunden in einem riesigen Eisblock. Eine Woche lang ließ er sich in einen Sarg einsperren und nahm nichts als Wasser zu sich. Und schließlich hing er 44 Tage lang in einer Glaskiste über der Themse, nahm nur Wasser zu sich und verlor dabei 25 Kilogramm Gewicht, während die Temperaturen in der Kiste zwischen dem Gefrierpunkt und 45 Grad Celsius schwankten.
    »Wenn ich meine Komfortzone verlasse, wachse ich«, sagt Blaine und zitiert den Säulenheiligen Symeon, der behauptete, Leid lasse die Seele erblühen.
    Wir wollen wissen, wie Blaine das schafft. Sein Geheimnis kann Ihnen auch helfen, wenn Sie kein Ausdauerkünstler sind. Warum auch immer er sich diesen Torturen unterzieht, es

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