Die Macht der Disziplin
unseren Pilger Eric bedeutet das: Wenn er auf ein Bierchen an einer Dorfkneipe anhält, dann trinkt er eins nach dem anderen und kommt nie in der Himmlischen Stadt an. Ehe er also dem Pub zu nahe kommt und dieser sein Urteil verzerrt, muss er sich wappnen.
Die einfachste Methode besteht darin, allen Kneipen einfach aus dem Weg zu gehen. Wenn er sich einer nähert, könnte er beispielsweise abbiegen und einen Umweg fahren. Aber kann er das wirklich durchhalten? Nehmen wir an, er nimmt einen Umweg um den Pub und erinnert sich, dass er ein Stück weiter in der nächsten Ortschaft an einer Kneipe vorbeikommt, die sich nicht umgehen lässt, weil sie direkt neben der einzigen Brücke über einen Fluss steht. Er fürchtet, der Versuchung nachzugeben, wenn er am nächsten Tag an dieser Kneipe vorbeikommt. Aus Angst, dass sein Traum von einer nüchternen Fahrt zur Himmlischen Stadt dort enden könnte, macht Eric der Pilger einen Handel mit sich selbst: »Wenn ich mich morgen sowieso betrinke, dann ist es doch egal, wenn ich jetzt auf ein Bier haltmache. Carpe diem!« Um dem Bier heute widerstehen zu können, muss er das Zutrauen haben, dass er ihm auch morgen widersteht.
Daher benötigt er klare und unmissverständliche Regeln. Diese Regeln müssen so klar sein, dass Sie es sofort merken, wenn Sie gegen sie verstoßen. Das Versprechen, »in Maßen« zu trinken oder zu rauchen, ist keine solche klare Regel, denn es gibt keinen eindeutigen Punkt, an dem die Mäßigung endet und der Exzess beginnt. Da der Übergang fließend und Ihr Kopf bestens darin geübt ist, Ihre Verfehlungenzu übersehen, bemerken Sie es nicht, wenn Sie zu weit gehen. Daher können Sie sich nicht darauf verlassen, dass Sie sich immer an die Regel halten und maßvoll trinken. Null Toleranz ist dagegen eine klare Regel: kein Tropfen Alkohol und keine Ausnahme. Diese Regel eignet sich nicht zur Lösung aller Probleme mit der Selbstdisziplin, aber in vielen Fällen funktioniert sie sehr gut. Wenn Sie sich auf die eindeutige Regel festlegen, können Sie sich heute sicher sein, dass Sie sich auch morgen daran halten. Und wenn Sie überzeugt sind, dass es sich um eine heilige Regel handelt, dann ist es eine besonders klare Regel. Sie haben mehr Grund zu der Annahme, dass Sie sich auch in Zukunft daran halten werden, weshalb sich Ihre Überzeugung in eine Form der Selbstdisziplin verwandelt: ein sich selbst erfüllendes Gebot. Ich weiß, dass ich es morgen nicht tun werde, also tue ich es heute auch nicht.
Eric Clapton hatte diesen Moment der Klarheit in der Entzugsklinik und er dankte diesem Moment einmal mehr, als er kurz nach dem Tod seines Sohnes an einem Treffen der Anonymen Alkoholiker teilnahm. Er sprach über den dritten der zwölf Schritte – »Wir fassen den Entschluss, unseren Willen und unsere Sorge einer höheren Macht anzuvertrauen« – und berichtete, wie sein Zwang zu trinken in dem Moment verschwand, in dem er sich auf den Boden kniete und Gott um Beistand bat. Von diesem Moment an hatte er keinen Zweifel, dass er trocken bleiben würde – auch an dem Tag, an dem sein Sohn starb.
Nach dem Treffen kam eine Frau auf ihn zu. »Sie haben mir gerade meine letzte Entschuldigung genommen, Alkohol zu trinken«, sagte sie. »Ich hatte immer noch im Hinterkopf diese Entschuldigung, wenn einem meiner Kinder etwas passiert, dann habe ich das Recht, mich zu betrinken. Sie haben mir gezeigt, dass das falsch ist.« In diesem Moment wusste Clapton, dass er eine gute Möglichkeit gefunden hatte, den Tod seines Sohnes zu ehren. Wie auch immer man das Geschenk nennen will, das er dieser Frau machte – soziale Unterstützung, Gottvertrauen, Glaube an eine höhere Macht, klare Regel –, es gab ihr den Willen, sich selbst zu helfen.
KAPITEL 9
WIE SIE IHR KIND STARK MACHEN
Du bist ein Superstar,
egal wer du bist
oder wo du herkommst –
so bist du zur Welt gekommen!
Lady Gaga
auf einem Konzert
Flegel werden nicht geboren.
Sie werden erzogen.
Deborah Carroll
140 alias Nanny Deb
D ank der Wunder des Reality-TV verfügen Eltern der amerikanischen Mittelschicht heute über ein Privileg, das einst nur den Reichen vorbehalten war: Sie können sich ein britisches Kindermädchen leisten. Zwar unterscheiden sich die Geschichten im Detail, doch das Muster bleibt dasselbe, egal ob die Serie
Nanny 911
oder
Die Super Nanny
heißt. Sie beginnt in einer Familie, deren Kinder verrückt spielen – sie weinen, schreien, spucken, ziehen einander an den
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