Die Macht der Disziplin
Gedanken vergessen haben.
Der wichtigste und für die Eltern schwierigste Aspekt der Bestrafung ist die Konsequenz. Idealerweise sollten Eltern ihre Kinder sofort für ein Fehlverhalten bestrafen, aber maßvoll und vielleicht sogar mild. Gerade am Anfang stellt dies für die Eltern eine größere Belastung dar als für die Kinder. Die Versuchung ist groß, ein Fehlverhalten zu übersehen, weil sie müde sind oder weil es das angenehme Beisammensein stört. Eltern können sich einreden, dass sie gütig sein oder dieses eine Mal ein Auge zudrücken wollen. Aber je achtsamer sie am Anfang sind, desto leichter wird es auf lange Sicht. Konsequente Disziplin schafft wohlerzogene Kinder.
Eltern wie Cyndi Paul mag es das Herz brechen, wenn sie Disziplin durchsetzen müssen, aber Kinder reagieren positiv, wenn sie knapp, in ruhigem Ton und konsequent ermahnt werden, so Susan O’Leary 152 , eine Psychologin, die lange mit Eltern und Kindern zusammengearbeitet hat. Wenn Eltern nicht konsequent sind und Fehlverhalten gelegentlich durchgehen lassen, dann reagieren sie zum Ausgleich beim nächsten Mal oft umso strenger. Das erfordert weniger Selbstdisziplin seitens der Eltern: Sie können nett sein, wenn ihnen danach ist, und streng bestrafen, wenn sie sich ärgern oder das Fehlverhaltensich häuft. Aber nehmen Sie einmal die Sicht des Kindes ein: Mal machen Sie eine Bemerkung, und die Erwachsenen lachen. Ein andermal machen Sie eine ähnliche Bemerkung und bekommen eine Ohrfeige oder müssen ins Bett. Winzige und willkürliche Unterschiede in Ihrem Verhalten oder in der Situation entscheiden darüber, ob Sie gar keine oder gleich eine harte Strafe bekommen. Das empfinden Sie nicht nur als ungerecht, sondern Sie lernen auch, dass es nicht darum geht, wie Sie sich verhalten, sondern darum, ob Sie erwischt werden oder nicht und ob Ihre Eltern in der Stimmung sind, Sie zu bestrafen. Sie könnten zum Beispiel lernen, dass Sie im Restaurant auf gute Tischmanieren verzichten können, weil die Erwachsenen sich schämen, Sie in der Öffentlichkeit zu maßregeln.
»Vielen Eltern fällt es schwer, ihre Kinder in der Öffentlichkeit zu disziplinieren, weil sie das Gefühl haben, dass andere über sie urteilen«, meint Carroll. »Sie haben Angst, sie könnten als Rabeneltern dastehen. Aber diese Angst muss man aus seinem Kopf verbannen. Ich habe es auch erlebt, dass mich Leute anstarren, weil ich mit einem ungezogenen Kind ein Restaurant verlasse, aber darüber darf man sich keinen Kopf machen. Man muss das tun, was für sein Kind richtig ist, und das Wichtigste ist die Konsequenz. Sie müssen lernen, was richtiges und was falsches Verhalten ist.«
Als Carroll ihre Disziplin bei den Pauls zur Anwendung brachte, bewirkte sie wahre Wunder. Am Ende ihres einwöchigen Aufenthalts bei der Familie machten die Drillinge ihre Betten und räumten ihre Spielsachen auf, Lauren zog sich stolz ihre Socken an und die Eltern wirkten zufrieden. Diesen Eindruck vermittelte zumindest die Sendung, die ihre übliche Von-Chaos-zum-Glück-Geschichte erzählte. Aber zeigte die Disziplin auch nach dem Abschied von Nanny Deb noch Wirkung? Wir besuchten die Pauls im Jahr 2010, sechs Jahre nachdem die Kameras wieder abgezogen waren. Mrs. Paul erklärte uns, das Experiment sei ein voller Erfolg gewesen. »Wir haben keine Probleme mehr«, sagte sie und berichtete, die einstigen Racker seien inzwischen gute Schülerinnen und sogar Klassensprecherinnen. ZuHause erledigten sie brav ihre Aufgaben und waren ihren Eltern nach wie vor bei der Hausarbeit behilflich.
»Vor dem Besuch von Nanny Deb hätte ich nie gedacht, dass sie mal ihre Aufgaben selbst übernehmen würden«, meinte Mrs. Paul. »Ich dachte, das könnte ich nicht von ihnen verlangen, aber sie hatten einfach nicht die Anleitung und Struktur, um zu wissen, was sie tun sollten. Es ist leicht, ein Kind aufzufordern: ›Geh und räum dein Zimmer auf!‹ Aber das sagt dem Kind gar nichts. Genauso gut können Sie ihm sagen, es soll an die Wand starren. Sie müssen die Disziplin aufbringen, mit ihm ins Kinderzimmer zu gehen und ihm zu zeigen, was es zu tun hat. Sie müssen ihm vormachen, wie es ein Kleidungsstück falten und in das richtige Fach im Schrank legen muss.«
Nachdem Mrs. Paul es ein paar Mal demonstriert hatte, übernahmen die Kinder die Aufgaben selbst, auch wenn sie gelegentlich die Hilfe der Mutter benötigten. Und Mrs. Paul benötigte die Disziplin, nicht rückfällig zu werden und die Aufgabe für
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