Die Macht der Drei
Flut.
»Gefangen! Elend gefangen und in der Falle eingeschlossen wie Ratten. Beinahe auch schon ersäuft wie Ratten.«
Erik Truwor stieß die Worte hervor, während er die geballte Faust auf die Tischplatte fallen ließ.
Was war geschehen?
Silvester suchte sich die Vorgänge genau ins Gedächtnis zurückzurufen. Als er den Strahler verließ, wollte er ihn abstellen und den Zielpunkt von Düsseldorf fortnehmen. Die Bedienungsvorschrift war einfach. Erst den Energieschalter in die Ruhestellung, dann den Zielschalter. In seiner Erregung und Verwirrung hatte Silvester zwei Fehler begangen. Er hatten den Zielschalter nicht in die Ruhestellung auf ein unendlich entferntes Ziel gerückt, sondern in der verkehrten Richtung auf das nächstmögliche Ziel. Aus Sicherheitsgründen war die kleinste Zielentfernung des großen Strahlers auf hundert Meter bemessen. Denn wenn es möglich gewesen wäre, den Schalter auf den absoluten Nullpunkt zu bringen, dann mußte ja die Energie sich im Strahler selber konzentrieren, mußte den Apparat und nach menschlicher Voraussicht auch den, der ihn bediente, augenblicklich in Atome auflösen. Silvester hatte beim Fortgehen den großen Zielknopf falsch herumgestellt, und er hatte dem ersten Versehen ein zweites hinzugefügt, indem er auch den Energieknopf auf volle Leistung rückte. Der zweite Fehler war eine logische Folge des ersten. Beide Steuerknöpfe waren in der gleichen Richtung auf die Ruhestellung zubringen. Täuschte man sich bei der Richtung des ersten, war es sehr naheliegend, daß auch der zweite falsch geschaltet wurde.
Der Strahler hatte vom Pol aus die Richtung geradlinig auf Düsseldorf. Die Ziellinie schnitt, als mathematische Gerade schräg nach unten gerichtet, in den Erdball ein. Durch die falsche Bedienung hatten zehn Millionen Kilowatt in Form von Wärmeenergie schräg unterhalb des Eisberges, nur hundert Meter von ihm entfernt, im massiven Poleis gearbeitet. Mit der Wirkung natürlich, daß das Eis zu schmelzen begann, daß sich unter dem Eisberg ein immer größer werdender, mit Wasser gefüllter Raum bildete. Bis die schwache Eisdecke den Berg nicht mehr zu tragen vermochte. Bis sie auf der Seite des Berges, auf die der Strahler gerichtet war, krachend und knirschend zu Bruch ging und der Berg sich bald schräg nach unten in den geschmolzenen Pfuhl wälzte.
Der Berg hatte sich nach dem Brechen des Eises um beinahe dreißig Grad geneigt. Dann war er mit der Unterkante auf den Grund dieses so plötzlich entstandenen Sees aufgestoßen und zur Ruhe gekommen. Alle Eingänge des Baues waren dabei tief unter den Wasserspiegel geraten.
Die blassen, abgespannten Züge Silvesters verrieten seelisches Leiden. Das Bewußtsein, daß er durch seine Unvorsichtigkeit das Unglück verursacht hatte, lastete schwer auf ihm. Mit gedämpfter Stimme erläuterte er die Möglichkeiten und Mittel, durch die man sich befreien, vielleicht sogar die alte Lage des Berges wiederherstellen könne.
Atma lauschte aufmerksam seinen Worten, er saß an seiner Seite und hatte Silvesters Rechte zwischen seinen Händen.
Erik Truwor ließ sich schweigend am Tisch nieder. Er verharrte in seinem Schweigen, aber seine Miene verriet, wie es in ihm kochte. Immer tiefer, immer steiler gruben sich die Falten in seine Stirn. Verachtung und Abweisung umspielten seine Lippen.
Silvester glaubte jetzt, die richtige Lösung gefunden zu haben. Man mußte den Berg so weit ausschmelzen, daß er frei schwamm und schwimmend sich in seine alte Lage zurückhob. Der Einfluß Atmas übte seine Wirkung auf Silvester. Er wurde ruhiger und eifriger. Eine leichte Röte überhauchte sein Antlitz, während er mit Bleistift und Papier die jetzige Lage des Berges skizzierte und entwarf, wie man mit der Ausschmelzung Schritt um Schritt vorgehen müsse.
Dröhnend fielen die Worte Erik Truwors in diese Erklärung: »Wie lange dauert das? – Wie viele Tage und Wochen gehen uns dadurch verloren? Ich sitze hier in der Falle, abgeschnitten von der Welt… unfähig, zu erfahren, was draußen vorgeht… unfähig, meine Macht wirken zu lassen, meinen Befehlen die Ausführung zu erzwingen. Eine schöne Macht, die von Weiberdienst und Weiberlaunen abhängig ist… Der Welt Befehle geben… zum Spott der Welt werden wir dabei…«
Silvester erblaßte. Er zuckte zusammen, als ob jedes einzelne Wort ihn körperlich traf.
»Verzeihe mir, Erik! Es war meine Schuld. Aber ich sehe schon den sicheren Weg zur Rettung.«
»Den Weg zur Rettung?
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