Die Macht der ewigen Liebe
verebbte. »Ich weiß nicht. Scheint doch ganz gut zu laufen, oder?«
»Ja?«, hauchte er.
»Ja.«
Er senkte den Kopf, und ich verlor irgendwann die Fähigkeit, seine Küsse zu zählen.
Gabriel und ich bemühten uns aus Rücksicht auf Asher um Zurückhaltung. Wir benahmen uns so wie immer, berührten uns nie und strengten uns an, die Augen voneinander zu lassen. Wir verbargen unsere Ungeduld, miteinander allein zu sein, und übten uns darin, den Atem anzuhalten, wann immer wir es schafften, uns wegzuschleichen. Die grünen Funken entstanden weiterhin, aber Gabriel kümmerten sie nicht. Es hatte Monate gebraucht, um Asher zu verändern, und ich betete, wir würden meinen Vater finden, bevor es mit Gabriel so weit war. Falls Asher bemerkt hatte, dass sich zwischen Gabriel und mir etwas verändert hatte, so ließ er es sich nicht anmerken. Inzwischen hatten wir schon drei Tage auf Neuigkeiten von Seamus gewartet, und wir gingen davon aus, unsere Beziehung bislang erfolgreich geheim gehalten zu haben.
Am vierten Morgen saß ich im Esszimmer und aß Müsli, als ich Gabriel oben brüllen hörte. Eine Minute darauf schoss Lottie durchs Esszimmer und bekam sich vor lauter Gekicher nicht mehr ein. Das allein hätte mich schon stutzig machen müssen, aber dann kam auch noch Gabriel hereingerannt,der aussah, als wäre er noch gar nicht richtig wach. Sein braunes Haar stand ihm vom Kopf ab, und er sah zum Niederknien verschlafen aus. Er entdeckte mich und blieb abrupt stehen.
Mein Herz machte einen Satz, als ich sah, dass er lediglich mit einer Jogginghose bekleidet war. Na ja, mit fast nichts sonst. Mit zusammengekniffenen Augen betrachtete ich seine nackte Brust. Jemand hatte einen schwarzen wasserfesten Marker genommen und quer über sein Herz »EIGENTUM VON REMINGTON« geschrieben. Blumen und Ranken säumten die Worte in kitschigen Schnörkeln. Unter meinem prüfenden Blick lief Gabriel rot an, und ich hob beide Augenbrauen, als sich die Farbe noch vertiefte.
»Guter Schläfer?«, fragte ich. Wenn er nicht völlig weggetreten gewesen wäre, hätte Lottie das niemals hingekriegt.
»Bin erst sehr spät ins Bett gekommen«, erinnerte er mich.
Meine Schuld. Ich hatte darauf beharrt, dass ich nicht schlafen könnte, wenn er mich nicht noch ein letztes Mal küssen würde. Das hatte sich zu einer Menge letzter Male entwickelt, bevor er schließlich in seinem Zimmer verschwand.
»Ich bereue nichts!«, sagte ich grinsend.
Hinter ihm erschienen Lucy und Erin. »Was macht ihr denn für einen Krawall?«, fragte Lucy. Sie ging um Gabriel herum, sah seine Brust und hielt sich schnell die Hand vor den Mund, um nicht laut loszugackern. Erin linste um ihn herum, um zu sehen, was diese Reaktion hervorgerufen hatte, und dann fingen beide haltlos zu kichern an.
Gabriels Blick sagte mir, ich solle ja nicht wagen, mit einzustimmen. Ich bedeutete ihm näher zu kommen. Er verengte zwar die Augen, gehorchte aber. Als er vor mir stand, berührte ich seine Hand und »heilte« seine Haut. Die Schrift verschwand von seiner Brust, und er richtete seinen Blick auf mein Shirt, als ob er gern gesehen hätte, wie sie sich auf meineHaut übertrug. Nun war es an mir, rot zu werden, und seine Lippen verzogen sich endlich zu einem Lächeln.
»Lottie?«, fragte er ruhig.
Ich deutete zur Küche, und er beugte sich zu mir herunter und gab mir einen Kuss, der mir wacklige Knie bescherte. Zum Glück saß ich. »Guten Morgen«, flüsterte er mit rauer Stimme.
Dann war er verschwunden, und sein Schrei »Lottie, ich bringe dich um!« hallte durchs Haus.
Sobald er verschwunden war, sah ich zu Lucy und Erin hinüber, die mich mit großen Augen beobachteten. Ich spähte in mein Shirt hinein, und als ich dort den Beweis für Lotties Streich sah, war es endgültig aus mit mir. Ich lachte so schallend, dass ich weinte, und ich konnte mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal so glücklich gewesen war.
Hätte es Gabriel nicht gegeben, wäre die Warterei endlos gewesen. Doch auch so hätte ich Seamus am liebsten tausendmal am Tag angerufen, um ihn über seine Fortschritte auszufragen. Noch immer war ich mir nicht sicher, ob ich ihm vertrauen konnte, aber welche andere Wahl hatte ich schon? Unsere Möglichkeiten, Ben zu finden, waren ausgeschöpft, aufgegeben hätten wir deshalb nie. Also warteten wir, und ich versuchte, nicht durchzudrehen.
Später an diesem Tag gingen Gabriel und Lottie auf Patrouille, Erin und ich machten uns eine Schüssel
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