Die Macht der ewigen Liebe
kalte Schulter gezeigt.
»Du bist eine Heilerin, und ich bin ein Beschützer. Zwischen unseren Artgenossen gibt es schon seit einem Jahrhundert nichts als Hass. Ich dachte, du würdest davonrennen, sobald du wüsstest, wer ich war, und ich wollte dir Raum geben, damit du dich nicht bedroht fühlst. Ich hatte ja keine Ahnung, dass dir Asher an diesem Morgen begegnet war – und ich schon zu spät war. Ich hatte zu lange gewartet.«
Das wusste ich nicht. Damals dachte ich, du könntest mich nicht ausstehen.
Etwas an Gabriels Kräften hatte mich immer verunsichert, doch ich glaubte, das läge an ihrer Intensität. Ich dachte, die Gefahr ginge von seinem Wunsch aus, seine Familie vor einer naiven Heilerin zu beschützen. Ich hatte mich geirrt.
»Damals hattest du Angst vor mir, aber das ist vorbei. Ich habe lange auf dich gewartet, Remington.« Ich konnte ihn auf der anderen Seite der Tür fast fühlen und hörte sein pochendes Herz, als er sich nach vorn beugte und flüsterte: »Lass mich nicht noch länger warten!«
Ich holte tief Luft, denn inzwischen war mir egal, ob er mich hörte. Ich wollte gefunden werden. Als ich der Tür einen kleinen Schubs gab, öffnete sie sich ganz. Ich trat in den leeren Gang und sah mich nach beiden Seiten um, aber Gabriel war verschwunden. Ich lauschte mit meinen anderen Sinnen.
»Fang mich«, sagte er von weiter weg.
Das Spiel war zu Ende. Ich ging zur Treppe und folgte dem Klang seines Herzens. Eine Minute darauf entdeckte ich ihn im Weingewölbe, wo er an der Wand lehnte, an der er mich vor nicht ganz einer Woche in den Armen gehalten hatte.
»Hab dich!«, sagte ich.
»So lange du mich willst«, erwiderte er lächelnd.
Ich trat in den Raum und kickte die Tür hinter mir zu. Gabriel hatte etwas an sich, besser, Gabriel und ich hatten etwas an uns, das mich in diesem Moment völlig schachmatt setzte. Sobald ich begriffen hatte, dass man vor ihm keine Angst zu haben brauchte, hatte sich unsere Beziehung verändert. Und das so langsam, dass ich es gar nicht mitbekommen hatte. Da ich ihn anfangs nicht mochte, hatte ich mich in seiner Nähe wohl nie zurückgenommen oder zu verstellen versucht. Daher hatte er es immer mit meinem unverfälschten, unvollkommenen, wahren Ich zu tun – und immer nur genau auf diese Person gewartet.
Ich verriegelte die Tür hinter mir, ging auf ihn zu und blieb erst stehen, als sich unsere Zehen berührten. Er rührte sich nicht, und ich entdeckte kurz einen Anflug von Zweifel in seinem Gesicht. So lange hatte er sich um mich bemüht und sich immer nur eine Abfuhr eingehandelt. Diesmal musste er sich sicher sein, dass es mir wirklich ernst mit uns war.
Als ich ihm schließlich eine Hand aufs Herz legte, seufzte er tief, und seine Augen verengten sich.
»Remington, jetzt küss mich doch end…«
Ich schnitt ihm das Wort ab und drückte meine Lippen sanft auf seine. Unser Atem vermischte sich, und er erstarrte für einen Augenblick. Dann schlang er die Arme um mich und wirbelte mich herum, sodass ich nun mit dem Rücken zur Wand stand. Seine Zweifel schienen wie weggewischt. Und damit endete auch alle Hast.
Es war, als hätte Gabriel durch das lange Warten eine Geduld entwickelt, ein Verlangen, aus unserem ersten Kuss etwas Bleibendes und Endloses zu machen. Seine Lippen streiften meine, baten um Einlass, und ich gewährte es ihm. Mit den Händen fasste er meine Haare zusammen und ließ sie durch seine Finger gleiten, prüfte, wie sie sich anfühlten. Er drückte sich an mich, sodass die Wand uns beide oben hielt, wo uns sonst die Schwerkraft nach unten gezogen hätte. Dann tasteten sich seine Finger langsam unter mein Shirt und erforschten meinen Rücken, und mich überrieselte ein wohliger Schauer.
Ich hörte zu denken auf und tat, was ich mir vorgestellt hatte, damit ich nichts bereuen müsste. Meine Hände trafen sich an seinem Hals, strichen über seine Schultern und erkundeten jeden Muskel und seine Haut, folgten der vollkommenen Linie seines Rückens bis zu den Hüften. Ich zog mich näher an ihn heran, liebkoste seine Lippen, verlor mich in seinem Mund. Als wir zum Luftholen wieder auftauchten,begegneten sich unsere Augen, nackt von Gefühlen. Dann lächelte er, und ich musste ausprobieren, wie das schmeckte, und wir tauchten wieder ineinander, um herauszufinden, wie unser zweiter Kuss sein würde.
Während unseres vierten Kusses geschah es dann, dass gegen meine Augenlider ein grünes Feuerwerk explodierte. Keiner von uns beiden hatte
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