Die Macht der ewigen Liebe
unsere Leute sich unerkannt einfügen konnten. Wir hatten uns intensiv mit dem Grundriss des imposanten Museums beschäftigt, aber es war etwas anderes, jetzt hier zu stehen. Den großen Hof überspannte ein Kuppeldach, eine Konstruktion aus Stahl und Glas, und in seiner Mitte stand ein rundes, cremefarbenes Gebäude. Zwei große geschwungene Treppenaufgänge führten hinauf zum Lesesaal.
»Wir sind alle auf unseren Posten, Remy«, sagte Gabriel. Seamus hatte uns mit winzigen Ohrhörern ausgestattet, mitderen Hilfe wir miteinander kommunizieren konnten. Wenn ich Gabriel schon nicht an meiner Seite haben konnte, dann war das eine große Hilfe. Mit einem Anflug von Humor setzte er hinzu: »Sag mal, wieso hast du diesem Plan überhaupt zugestimmt?«
Ich drehte mich zu Lucy und tat so, als spräche ich mit ihr. »Weil du ihn für brillant gehalten hast!«
»Richtig«, sagte er. »Das muss es gewesen sein.«
Lucy schüttelte den Kopf über unsere nervösen Neckereien, und ich strebte mir ihr auf die rechte Treppe zu.
»Ich wünschte, du müsstest nicht hier sein, Lucy.« Wir hatten überlegt, welche andere Möglichkeit es gäbe, Franc von meiner Naivität zu überzeugen, aber daran kam einfach nichts ran. Denn Franc würde glauben, er könnte sie gegen mich einsetzen.
»Ich weiß«, antwortete sie. Sie klang ein bisschen zittrig, und ich hätte sie am liebsten in den Arm genommen.
Als wir die Treppe hochstiegen, waren wir von vielen Menschen umringt, und es war schwer, in dieser Menge ein einzelnes Gesicht auszumachen. Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Ich ergriff Lucy am Arm und erinnerte mich daran, dass wir nicht allein waren. Für den Fall, dass Franc uns auf dem Weg hinein überrumpeln wollte, folgten uns in sicherem Abstand Sean und ein weiterer Mann. Ich sah mich nicht nach ihnen um, freute mich aber, sie hinter mir zu wissen.
Im Lesesaal selbst wanderte mein Blick automatisch zu der blau, cremefarben und golden bemalten Kuppel. Die Erhabenheit dieses Saales stand in krassem Gegensatz zu dem Grund unseres Hierseins. Die Wände zierten unzählige Bücherregale, wir entdeckten Tische und Stühle für diejenigen, die in Ruhe lesen wollten. Und viele Touristen, die die Pracht fotografierten.
Und dann entdeckte ich ihn. Franc! Er saß an einer Seite eines langen Tischs, in seiner unmittelbaren Nähe entdeckte ich auch Xavier und Mark. Zwei Geier, die nur darauf warteten, einen Kadaver zerfleddern zu können. Sie hatten sich eine Stelle ausgesucht, die weit genug entfernt lag, um nicht belauscht zu werden.
Meinen Vater sah ich nirgends, aber damit hatten wir auch nicht gerechnet. Ich betete einfach nur, dass er noch lebte. Nachdem Lucy und ich einen letzten Blick ausgetauscht hatten, schob ich sie zu einem Tisch ganz vorn im Saal, der sich weit weg von meinem Großvater und seinen Männern befand. Dann berührte ich das Handy in meiner Tasche, drückte auf eine Kurzwahltaste, die unsere Versicherung darstellen würde. In diesem Augenblick entdeckte Franc mich. Ein zufriedenes Lächeln glitt über sein Gesicht, und ich konnte ihm seine Gedanken förmlich von der Miene ablesen: Die arme naive Remy fällt wieder einmal auf meine Tricks herein. Na, die wird sich umschauen.
Er dachte, ich säße in seiner Falle.
Ich wäre übertölpelt.
Und das würde sein Niedergang sein.
Ich straffte die Schultern, dann ging ich auf ihn zu. Mein Großvater beobachtete mich, und als er mein Gesicht musterte, blitzte in seinen Augen etwas Neues auf. Vorsicht vielleicht.
Durch den Ohrhörer warnte mich Gabriel: »Remy, mach kein so grimmiges Gesicht. Du siehst ja aus, als würdest du dem Mann an die Gurgel gehen wollen, sobald du bei ihm bist!«
Genau das sollte Franc eben nicht denken. Ein bisschen Wut wäre okay, ja, und wäre sogar glaubhaft, aber insgesamt musste ich auf ihn einen besiegten Eindruck machen. Ich musste angegriffen und ohne andere Alternativen wirken, sodass mir nicht anderes blieb, als mich auf ihn einzulassen. Ich senkte meinen Blick und ließ die Schultern hängen. Dann verlangsamte ich meinen Schritt, als hätte ich Angst, mich ihm zu nähern. Dass ich bei dieser Konfrontation nicht allein war, machte mich stark. Wir hatten nicht gewusst, wie viele Männer Franc dabeihaben würde. Seine Truppe konnte uns zahlenmäßig leicht übertreffen, denn unsere Truppe bestand nur aus Gabriel, Asher, Lottie, Lucy, Seamus, Sean,Ursula, Brita, Edith und Seamus’ Beschützern. Einige von diesen saßen in der
Weitere Kostenlose Bücher