Die Macht der ewigen Liebe
ist … Die Menschen, die ums Leben kamen. Meine Tochter. Oh Gott, meine Tochter!«
Dorthea fing an zu schluchzen, und mir wurde schwer ums Herz. Ich wünschte mir, die Dinge würden anders stehen und ich hätte sie früher warnen können. Wenn ich eine Möglichkeit gefunden hätte, sie zu überzeugen, wäre Erin vielleicht noch am Leben. Ich ging davon aus, dass Dorthea mir vermutlich die Schuld geben würde – genau wie sich selbst. Sie hatte den falschen Menschen ihr Vertrauen geschenkt, und dadurch beide Kinder verloren.
»Dorthea, sie sind nicht umsonst gestorben«, flehte meinGroßvater. »Wir befinden uns in einem Krieg, und das geht nun mal nicht ohne Opfer ab. So schmerzlich das auch ist!«
Während ich Franc lauschte, erkannte ich, dass die Gefahr, die von einem Menschen ausging, in seiner Leidenschaft lag. Seine Stimme klang so aufrichtig. Und so verrückt das alles auch war, er glaubte an seine Sache. Wer wusste schon, wie sich das auf Dorthea auswirkte?
»Frag Alcais«, fügte Franc dann hinzu. »Er wird es dir erklären, damit du es verstehst. Dein Sohn versteht es.«
Eine Bewegung auf der anderen Wagenseite ließ mich aufmerken, und ich begriff, dass Alcais sich gar nicht davongemacht hatte.
Dorthea gab einen erstickten Ton von sich. »Ich habe gehört, was du über ihn gesagt hast. Du hast meinen Sohn in ein Monster verwandelt, wie du eins bist!«
»Dorthea, bitte …«
»Nein!«, schrie sie. »Kein Wort mehr! Du bist fertig mit den Heilern, Franc. Ich werde allen erzählen, was du getan hast, und wir werden diesen Ort verlassen. Wenn du versuchst, uns zu finden, dann bringe ich dich persönlich um. Und meinem Sohn kannst du ausrichten …« Sie holte tief Luft. »… dem kannst du ausrichten, dass er für mich gestorben ist.«
Sie legte auf, und zwei Dinge geschahen gleichzeitig: Alcais trat aus dem Schatten heraus, und meine Wange explodierte, als Franc mich mit meinem Handy schlug. Ich fiel auf dem Betonboden auf die Knie und hielt eine Hand an die blutende Schnittwunde.
»Remy?«, brüllte Gabriel, und ich konnte die Panik in seiner Stimme hören. »Bitte, verschwinde von da. So hilf ihr doch jemand!« Als ich nicht antwortete, brüllte er weiter, die anderen sollten mich holen.
Früher einmal hätte mich die Angst verschlungen, aber ichhatte mich verändert. Ich würde auch das hier überleben. Ich ließ die Hand fallen und sah zu meinem Großvater hoch. Was immer er in meinem Blick entdeckte, es ließ ihn einen Schritt zurückweichen. Dann machte er angesichts meiner Reaktion ein finsteres Gesicht.
Meine Stimme hallte in der Tiefgarage wider. »Ich bin doch nur eine dumme Göre. Das hast du gedacht, stimmt’s? Einfach zu kontrollieren und noch einfacher reinzulegen.« Voller Abscheu schüttelte ich den Kopf. »Ich wusste, du würdest meinen Vater nicht herbringen. Sag’s ihm, Alcais!«
Mein Großvater beobachtete, wie Alcais näher kam, und riss die Autotür auf. Entsetzen machte sich auf seinem Gesicht breit, als er entdeckte, dass das Wageninnere leer war. Er starrte Alcais an. Unbändige Wut lag in diesem Blick. Und Alcais? Der sah fix und fertig aus, aber ich hatte kein Mitleid mit ihm. Er hatte seine Schwester erschossen und konnte nun nicht mehr nach Hause zurück. Nun, er hatte seine Entscheidungen getroffen.
Ich richtete mich auf, senkte meinen Schutzwall und ließ meine Kräfte spielen. Ich merkte, wie Xavier und Mark hinter mir ein paar Schritte zurückwichen. Ihre Angst war spürbar. Die übrigen sechs Beschützer runzelten die Stirn, als die Welle meiner Energie ihnen Schmerzen bereitete, doch sie waren so dumm, keinen Abstand zu wahren.
»Du verlierst, Franc. Du hast nichts. Du bist nichts. Und dieser Krieg ist vorbei.«
Er spannte die Schultern an. Dann schwang er herum und zog dabei ein Messer aus der Tasche. »Nein, Remy«, hauchte er. »Für dich wird das nie zu Ende gehen. Du magst deinen Vater gerettet haben, aber ich werde ihn und deine Schwester finden. Und wenn es so weit ist, werde ich dich dabei zuschauen lassen, wie ich sie zerstöre. Du entkommst mir nie!«
Noch nie war ich mit solch einer Inbrunst gehasst worden. Selbst da, wo ich stand, schlug sie mir noch heiß entgegen, und ich wusste, er hatte recht. Dies würde nie vorüber sein, weil er nichts hatte, wofür er lebte, außer diesem Rachefeldzug. Er liebte niemanden, und ich vermutete, dass seine gute Seite zusammen mit meiner Großmutter gestorben war.
»Gib auf, Franc«, sagte ich.
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