Die Macht der ewigen Liebe
einem Kampf in mir selbst, konnte ich nicht sprechen. Meine Heilerinnenseite bemühte sich verzweifelt, Asher zu heilen. Und meine Beschützerseite wollte ihm die Energie stehlen. Meine beiden Hälften zersplitterten. Geben. Nehmen. Stoßen. Ziehen. Heilerin. Beschützerin. Feuer und Eis prallten aufeinander, und die Schmerzen, die durch mich hindurchjagten, hätten mir beinahe den Rest gegeben. Als ich noch mehr von meiner Beherrschung verlor, schrie Asher auf und knirschte mit den Zähnen.
Ich bin eine Heilerin. Ich heile, wen ich kann, wenn ich kann.
Ich bin eine Beschützerin. Ich beschütze die Menschen, an denen mir liegt.
Plötzlich erkannte ich: Diese beiden Dinge waren ein und dasselbe! Es waren nicht zwei Hälften, die einander bekriegten, sondern zwei sich ergänzende Elemente, die auf dasselbe hinausliefen: auf jemand Starken und Unerschütterlichen, der aus Liebe alles tun würde. Und nicht auf dieses Ungeheuer, das einen geliebten Menschen umbringen würde, um zu leben.
Ich bin ein Phönix, geboren aus der Asche meines verkohlten Körpers.
Auf der Stelle stieß ich Ashers Energie fort und zog sie in mich zurück. Dann schlug ich die Augen auf. »Du kannst aufhören, Asher. Jetzt!«
Aus dem Griff des Monsters befreit, wich er von mir, und ich befand mich allein in einem Sturm. Feuer regnete herab, versengte die Luft. Eis berührte die Feuersbrunst und nahm ihr die Hitze. So lange hatte ich die beiden Seiten in mir bekämpft – und dabei dieses Chaos angerichtet.
Keine Kämpfe mehr.
Ich ergab mich dem Sturm.
Autsch!
Das war das Erste, was mir in den Sinn kam, als ich allmählich wieder das Bewusstsein erlangte. Feuer und Eis hatten sich verflüchtigt und in meinem Bauch einen warmen Energieball zurückgelassen. Die Energie schlängelte sich durch mich hindurch, bewegte sich nach meinem Willen, heilte unverzüglich die Wunden an meinem Bauch und Oberkörper. Danach folgte keine Unterkühlung, und ich wusste instinktiv, dass das auch nie mehr der Fall sein würde. Zum ersten Mal in meinem Leben fürchtete ich mich nicht vor meinen Gaben. Sie konnten mich nicht länger beherrschen. Ich hatte die Energien von Beschützern wie auch von einer Heilerin an mich gerissen. Genau das unterschied mich von Edith und den anderen, die Seamus unter seine Fittiche genommen hatte – diese Frauen mochten mit Beschützern zusammenleben, aber sie waren noch nie einer reinen Heilerin wie Erin begegnet oder hatten ihr die Lebenskraft geraubt. Meine beiden Hälften waren zu etwas Neuem verschmolzen, wobei der ganze Prozess durch die Energie inGang gesetzt worden war, die ich beiden Seiten entwendet hatte.
Ich bin ein Phönix, neu erstanden aus der Asche.
Mit dem Bewusstsein kehrten auch meine Sinneswahrnehmungen zurück. Ich schlug die Augen auf und erkannte Seamus’ Wohnzimmer. Ich lag auf dem Sofa, und Gabriel saß neben mir auf dem Boden, die Stirn an meinen Arm gedrückt, fast so, als würde er beten. Der moderige Geruch eines alten Raums voller Bücher und der angenehme Duft brennenden Holzes stiegen mir in die Nase. Die Wärme dieses Feuers wärmte meine Haut durch meine Jeans hindurch. Gabriel drückte eine Hand auf meinen Bauch, wo ich die flüssige Wärme von Blut spürte, das von einer Verletzung stammte, die es nicht mehr gab.
Gabriel drehte mir sein Gesicht zu, und ich strich ihm das Haar aus der Stirn. Wie seidig es sich anfühlte!
»Hey«, sagte er.
»Hey!«
Er drehte den Kopf und küsste meine Handfläche. »Ist irgendetwas Interessantes passiert, seitdem wir uns das letzte Mal gesehen haben?«
Ich war ihm dankbar dafür, dass er den Augenblick betont locker hielt. »Och nö, eigentlich nicht. Es wollte mich nur mal wieder jemand umbringen. Der übliche Kram.«
Als er sich unvermittelt aufsetzte, war Schluss mit der Frotzelei. Er schlang die Arme um meine Taille und hob mich von der Couch auf seinen Schoß. Er drückte den Kopf an meine Brust, um meinen Herzschlag zu hören, und hielt mich dabei so fest, dass ich kaum noch Luft bekam. Ich spürte, dass er zitterte, und ich umarmte ihn.
»Ich habe dort eine Minute lang geglaubt, ich hätte dich verloren«, murmelte er.
»Das hättest du wohl gern«, gab ich zurück.
»Remy?«
Ich sah auf. Asher umklammerte mit weißen Fingerknöcheln die Rückenlehne des Sofas. Hinter ihm erschienen Seamus und Edith mit Mienen, die zwischen Entsetzen und Unglauben schwankten, aber die ignorierte ich erst einmal. Asher sprang über die Rückenlehne
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