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Die Macht der ewigen Liebe

Die Macht der ewigen Liebe

Titel: Die Macht der ewigen Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corrine Jackson
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drehte. Was ich dann sah, ließ mich schlagartig innehalten.
    Seamus kam in die Halle, dicht gefolgt von mehreren Männern. Als er meinem Blick folgte, wich er zurück und hob den Arm, um seinen Männern Einhalt zu gebieten.
    »Das kann nicht sein«, flüsterte ich. »Das kann doch nicht sein!«
    Oben an der Treppe hing ein Gobelin, in dessen Muster ein Familienwappen eingewoben war, das ein Schiff, ein Pferd, ein Wildschwein, Schwerter, Pfeile und Bögen zeigte. Ich ging darauf zu und versuchte, die Wörter darunter zu entziffern.
    »Das ist ein altes O’Dugan-Zitat aus dem 14. Jahrhundert«, sagte Seamus leise und deutete auf die Worte, die ich zu lesenversuchte. »Es lautet: ›Bis zur Stund noch jeder rechtschaffene O’Malley ein Seefahrer war; jedwedes Wetter sagt ihr voraus; eine Sippe voll brüderlicher Zuneigung und Freundschaft.‹«
    O’Malley . Das konnte kein Zufall sein.
    »Wer sind Sie?«, fragte ich.
    Er kam bis auf Reichweite zu mir. »Ich bin Seamus O’Malley, und wir sind miteinander verwandt, Remy O’Malley.«

   Als wären wir uns gerade in höflicher Runde ganz ohne Entführung und Drohungen begegnet, streckte er mir seine Hand entgegen. In den Muir Woods war er mir irgendwie bekannt vorgekommen, jetzt wusste ich, wieso. Seine Gesichtszüge, das schwarze Haar, die blauen Augen – all das hatte vage Ähnlichkeit mit meinem Vater. Eine exakte Kopie war Seamus nicht, eher das Duplikat eines Duplikats eines Duplikats. Anklänge an das Original bestanden, doch hatten sich die Linien zwischen den Generationen verwischt.
    »Was wollen Sie von mir?«
    »Ich will dir nichts Böses.«
    Das war keine Antwort. Ich ignorierte seine ausgestreckte Hand. »Ich glaube Ihnen nicht. Sie haben mich entführt«, hielt ich ihm vor.
    Er fuhr ein wenig zusammen und ließ seine Hand fallen. »Und du hast eine Gabel durch meine Hand gerammt und versucht, mich umzubringen. Da würde ich doch sagen, wir sind quitt, Cousine.«
    »Cousine?«
    »Soweit wir das beurteilen können, ja. Und man müsste davor viele Male ein ›Groß‹ fügen. Kannst mich also ruhig duzen.«
    »Wusstest ihr, dass ich eine O’Malley bin, als ihr angefangen habt, mich in New York aufzuspüren?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein. Schließlich haben die Heiler ganze Arbeit geleistet, ihre Abstammung zu verbergen.«
    »Du sagst, ihr unterscheidet euch von den Morrisseys, aber ihr verfolgt Heilerinnen. Warum? Um ihnen Freundschaftsarmbänder zu schenken?«
    Meine Worte troffen nur so von Sarkasmus, und Seamus schien sich mit Mühe ein Grinsen zu verkneifen.
    »Wir verfolgen keine Heilerinnen. Wir verfolgen Heilerinnen wie dich, bei denen wir davon ausgehen, dass mehr dahintersteckt.«
    Man stelle sich das vor: Beschützer, die wegen meines gemischten Bluts hinter mir her waren.
    »Und mein Vater? Wusstet ihr von ihm?«
    »Nein. Die O’Malleys verstreuten sich irgendwann in alle Winde. Wir wussten nicht, welchem Zweig der Familie du angehörst, bis wir dich in Blackwell Falls ausfindig machten. Du kannst dir unsere Überraschung vorstellen, als uns aufging, dass das Mädchen, nach dem wir suchten, die Tochter eines O’Malley ist!«
    Einer seiner Männer bewegte sich und zog meine Aufmerksamkeit auf sich. Inzwischen hatten sie sich im Halbkreis um mich aufgebaut. Sean sprach in ein Funkgerät, woraus ich schloss, dass auf der anderen Seite der Eingangstür andere warteten. Ich balancierte auf meinen Fußballen. Wenn sich einer von ihnen mir auch nur ansatzweise näherte, würde ich losrennen, egal, was mich draußen erwartete. Ich verfluchte mich, dass ich mich von diesem verflixten Gobelin hatte ablenken lassen. Natürlich hätte ich Seamus überwältigen können, indem ich mir seine Energie zunutze machte. Konnte ichdas noch mal schaffen, wenn fünf Beschützer bereit waren, es mit mir aufzunehmen? Unwahrscheinlich.
    »Und was jetzt?«, fragte ich Seamus. »Du erwartest, dass ich nach deiner Pfeife tanze, weil wir verwandt sind? Nein danke! Mit dieser Taktik hat’s meiner Großvater auch schon versucht, und ich habe ihm gezeigt, was ich von seinen Plänen halte.«
    »Remy, sieh mich an.« Ich tat es, und Seamus sprach mit leiser Stimme voller Aufrichtigkeit. »Ich werde dir nicht wehtun. Das schwöre ich. Wir haben dich hergeholt, weil du hier in Sicherheit bist.«
    Misstrauisch verengte ich die Augen und wartete darauf, dass sich mein Bockmist-Messgerät meldete. Tat es aber nicht. Irgendetwas sagte mir, dass Seamus die Wahrheit sagte.

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