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Die Macht der ewigen Liebe

Die Macht der ewigen Liebe

Titel: Die Macht der ewigen Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corrine Jackson
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nie wieder vorkommen könnte. Deshalb brachten sie, um ein Exempel zu statuieren, auch alle Heilerinnen und Beschützer um, die das Tabu gebrochen hatten. Binnen eines Jahres waren die Phönixe verschwunden, und nach einigen Jahrzehnten lebten sie nur noch in der Erinnerung fort. Ein paar Jahrhunderte vergingen, und die Phönixe wurden zum Mythos. Eine unglaubliche Geschichte, die die Beschützer und Heilerinnen ihren Kindern erzählten.«
    Seamus, der gerade das Tuch von seiner Hand wickelte,hielt inne und sah mich an. »Und nun gibt es dich«, sagte er leise.
    Ich war mir nicht sicher, ob der Ton, in dem er das sagte, unheil- oder hoffnungsvoll klang. Inzwischen hatte er das Tuch entfernt und fummelte an der Verpackung eines Desinfektionstuchs herum. Als er sie zum zweiten Mal fallen ließ, hielt ich es nicht mehr aus.
    »Gib mal her«, sagte ich und rutschte näher zu ihm. Gereizt nahm ich ihm die Packung aus der Hand, riss sie auf und desinfizierte damit den Schnitt an seinem Hals, woraufhin er scharf Luft holte. Dann zog ich einen Gazetupfer aus dem Kasten und tupfte damit das Blut an seiner Hand ab. Nachdem die Gabel die gesamte Hand durchstochen hatte, bot das Ganze keinen schönen Anblick, und ich verzog das Gesicht. In der Luft hing Eisengeruch. Unwillkürlich musste ich an die künstliche Fingerspitze in der Schachtel vom Vorabend denken.
    »Mir wird schlecht. Hier, drück selber drauf.« Ich presste seine freie Hand auf den Tupfer, damit er an Ort und Stelle blieb, dann ging ich auf Abstand und atmete durch die Nase.
    »Als Krankenschwester bist du ja unter aller Kanone!«, bemerkte er.
    »Also bitte! Ich habe mich schon um viel Schlimmeres gekümmert.« Allerdings habe ich noch nie jemandem eine Gabel in die Handfläche gerammt. Ich unterdrückte ein tief empfundenes »Puh!« und griff nach einer weißen Verbandsrolle. »Was hast du mit mir vor?«, fragte ich.
    »Die ersten Phönixe, die geboren wurden, waren O’Malleys. Viele unserer Vorfahren kamen bei dem Versuch ums Leben, sie zu beschützen und zu retten, als das Abschlachten begann. Wir scheiterten, und die Heilerinnen nahmen uns ins Visier, zwangen die wenigen von uns, die übrig gebliebenwaren, in den Untergrund. Seitdem gehen wir allen Gerüchten nach und warten, dass ein neuer Phönix geboren wird. Noch einmal enttäuschen wir euch nicht.«
    Das erklärte, warum ihr Stammbaum in dem Buch nicht weitergeführt worden war. Die Familie war genauso ein Opfer der Gier der Heilerinnen gewesen wie die Phönixe.
    »Und du denkst, ich verstecke mich jetzt hier bei euch?«, fragte ich. »Du hast mich aus dem Kreis meiner Familie und Freunde gerissen!«
    Ein wenig gröber als nötig legte ich ihm einen Verband an. So wie er das Gesicht verzog, schien er es zu spüren. Schon jetzt wirkte sich meine Nähe auf ihn aus.
    »Wie schon gesagt, ich bin das Ganze völlig falsch angegangen. Wir hatten deine Situation ganz anders eingeschätzt. Ich dachte, ich würde ein Kind vorfinden, aber davon kann ja wohl kaum die Rede sein.«
    Die Chance, ein Kind zu sein, hatte ich nie gehabt. Dafür hatten Dean und meine Mutter gesorgt. Ich studierte Seamus’ Gesichtszüge. Die Art, wie er meinem Blick begegnete, ließ in mir den Verdacht aufkeimen, dass er mir etwas verheimlichte. Vielleicht log er nicht direkt, aber er erzählte mir auch nicht die ganze Wahrheit. Und ich hatte gelernt, niemandem zu trauen, der mit seinen Motiven hinterm Berg hielt.
    »Du hast gesagt, ich dürfte gehen, nachdem ich dich angehört habe. Hast du das ernst gemeint?«
    Am liebsten hätte er das verneint. Das merkte ich seiner angespannten Haltung und seiner Miene an. Dennoch nickte er. »Ja. Du machst zwar einen Fehler, aber wir zwingen dich zu nichts.«
    Ich stand auf und trat an das Porträt der blonden Frau. »Überleg doch mal, Seamus: Ich kenne dich nicht. Mein Großvater versucht, mich umzubringen. Die Morrisseyshaben meinen Vater in ihrer Gewalt. Die einzigen Menschen, die mir zur Seite gestanden haben, sind die Blackwells.« Mit angehobenen Augenbrauen warf ich ihm einen Blick zu. »Es mag dir verrückt vorkommen, aber ich halte mich lieber an die Menschen, die mich bereits am Hals hatten, als das Ganze anfing.«
    Seamus erhob sich und gesellte sich zu mir. Mit einem Finger berührte er das Amulett am Hals der Frau. Jetzt sah ich, was es darstellte: einen goldenen Phönix mit rubinroten Augen. Seamus wirkte dabei so zärtlich, als hätte er die Frau gekannt. Ich schnappte nach Luft, als

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